Józef Tischner (1931-2000) hat den Imageverlust der Kirche früh vorausgesehen und sich gegen Fehlentwicklungen deutlich positioniert. Zu steril, aber auch zu Macht-orientiert und autoritär bevormundend wirke die Kirche auf viele moderne Polen, die sich von dieser Institution weit mehr erwarten als die argumentationsfreie Einforderung von Gehorsam und Traditionsbewusstsein.
Promotion über Edmund Husserl
Tischner hat nach seiner Priesterweihe bei dem Phänomenologen und Edith Stein-Freund Roman Ingarden in Krakau über Edmund Husserl promoviert, sich dann aber auch intensiv mit Hegel, Kant und Emmanuel Levinas auseinandergesetzt. Er erkannte, dass die Würde des Menschen in der Kirche eine größere Rolle spielen sollte als zuvor. So hinterfragte er in seinem Aufsatz „Der Untergang des thomistischen Christentums“ (1970) den philosophischen Vorrang des Thomismus, der den Blick auf die Offenbarung verstelle.
Von da an beteiligte sich Tischner als alle Debatten der Kirche Polens. Im Hinblick auf „Solidarnosc“ – Solidarität verstand er ethisch - sah Tischner den Wert des Menschen tiefer als seine Arbeit. Die individuelle Existenz der Person müsse bei der Betrachtung des Menschen im Mittelpunkt stehen. Für diese Existenz habe Christus den Kreuzestod erlitten.
Er stand Johannes Paul II. nahe
Tischer stand Papst Johannes Paul II. so nahe, dass dieser Tischner 1978 einen Philosophen-Kongress in Castel Gandolfo organisieren ließ. Später nach der Wende 1989 verfasste Tischner die „Philosophie des Dramas“ (1990), in der er sich mit den Voraussetzungen des Bösen beschäftigte. „Das Böse tritt uns als eine Spukerscheinung entgegen, die erschreckt oder verführt, grundsätzlich aber nur durch die Anwesenheit Anderer neben mir heraufbeschworen wird. Der Spuk ist ,der Dritte‘ unter uns, der aber zu uns sprechen kann“, heißt es da. Je größer das Böse sei, desto gnadenbedürftiger sei der Mensch. DT/ari
Das Interesse an Tischner ist immer noch groß. Noch immer werden, Interviews, Aufsätze und Artikel von ihm übersetzt, so dass er bis heute in die polnische Gesellschaft hineinwirkt. Lesen Sie einen ausführlichen Beitrag in der kommenden Ausgabe der Tagespost.