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Evangelisierung Thailands: Mission als Königsdisziplin

Ausbreitung des Glaubens in Fernost. Eine Pariser Ausstellung erzählt die von der französischen Krone geförderte Evangelisierung Thailands.
Gesandte Siams
Foto: Abbaye de Chaalis | Die Gesandten der siamesischen Krone am Hof des Sonnenkönigs Ludwig XIV.

Seit 360 Jahren schicken wir Freiwillige nach Thailand“, freuen sich die jungen Helferinnen am Eingang der „Missions Étrangères de Paris“ mit einem Augenzwinkern. Tatsächlich entsendet das Pariser Missionswerk jährlich etwa 150 junge Menschen in den Fernen Osten, um die christlichen Gemeinschaften vor Ort durch ihren Dienst in Gemeinden und Schulen zu unterstützen. Die kürzlich eröffnete Ausstellung „Das Evangelium im Land des Lächelns“ führt zurück an die Wurzeln der Pariser Missionsgesellschaft: Im Jahr 1662 erreichte der Apostolische Vikar für Cochinchina, Pierre Lambert de la Motte, in Begleitung von zwei Missionspriestern Ayutthaya, die Hauptstadt des Königreichs Siam, wie Thailand bis 1939 hieß. Zwei Jahre später folgte ihm François Pallu, Apostolischer Vikar für Tonkin, mit weiteren sechs Missionaren. Die beiden gelten als die Gründer der „Missions Étrangères de Paris“.

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Ferne Mission

Empfangen wird der Besucher der Ausstellung von einem der ältesten Stücke aus den Missionsarchiven, einer Abschrift des Lebens Jesu in siamesischer Sprache und Schrift, das auf 1683/84 datiert ist. Verfasst wurde die Schrift von Louis Laneau, dem Nachfolger Lamberts. In Wort und Sprache des Siamesischen mächtig, hat er verschiedene weitere Glaubensschriften und Gebetbücher auf Siamesisch verfasst oder übersetzt.

Die Ernennung von Apostolischen Vikaren für die fernöstlichen Missionsgebiete markiert den Willen Papst Alexanders VII. (1655–1667) und die Anfang des Jahrhunderts gegründete Kongregation für die Verbreitung des Glaubens, um die Mission nicht den weltlichen Kolonialherren zu überlassen, sondern um sie zur „Chefsache“ zu erklären. Die französischen Missionare brachen mit dem klaren Mandat auf, den Einheimischen nicht Frankreich, Spanien oder Portugal zu bringen, sondern den Glauben.

Erklärtes Ziel war es, so schnell wie möglich einheimische Priester zu weihen und so den Glauben in die Hände der Siamesen selbst legen zu können und so eine direkte Rückbindung an Rom zu haben. Nur langsam akzeptierten die bereits im Land befindlichen Dominikaner, Franziskaner und Jesuiten die Autorität der Apostolischen Vikare. Zur Ausstellung gehören gut 100 Objekte. Die Stücke stammen größtenteils aus den Archiven und der Bibliothek der Gemeinschaft sowie zum Teil aus Privatsammlungen.

Einmalige Exponate

Zu betrachten sind sie in den Räumen der „Missions Étrangères“, die sich seit Gründung der Gesellschaft in der Rue du Bac befinden, nur wenige Meter von der Kapelle der Wundertätigen Medaille entfernt. Manuskripte, gedruckte Reiseerzählungen, Gemälde, Landkarten, Münzen und Kunstobjekte zeugen von der engen Verquickung von Mission und Politik während der frühen Neuzeit.

Ein großer Teil der Ausstellung ist den politischen Zusammenhängen gewidmet, in denen die Missionare agierten. Frankreich als älteste Tochter der Kirche, hatte auch politisch die Rolle, die Verbreitung des christlichen Glaubens zu unterstützen, so das Narrativ, welches hier und da durchscheint. Die Epoche des Sonnenkönigs ist geprägt durch gegenseitige Besuche von Gesandtschaften. König Phra Naraï ist beeindruckt von der Kultur und Wohltätigkeit der apostolischen Vikare und ihrer Gesandten und sieht in Frankreich einen möglichen Beschützer seines Reiches gegenüber anderen europäischen Mächten.

Zu bewundern ist das Reisetagebuch des Siamesischen Botschafters Kosa Pan, der 1680 zu Ludwig XIX. geschickt worden war. Das Manuskript, welches von seinem Besitzer in Paris vergessen worden war, ist das einzige Zeugnis der Existenz der siamesischen Delegation, da die Archive des Königreichs Siam bei der Plünderung der Stadt Ayutthaya durch die Birmanesen 1767 vollständig zerstört worden sind. Das Dokument wurde im Rahmen der Ausstellung vom Siam-Spezialisten Louis Gabaude übersetzt und mit einem Kommentar versehen.

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Religionsfreiheit in Siam

1688 beendete ein Staatsstreich die Herrschaft König Phra Naraïs. Bis dahin hatte weitgehende Religionsfreiheit in Siam geherrscht. Einer der Begleiter Bischof Lamberts schreibt dazu in seinem Reisebericht: „Dort sind die Kirchen offen, man feiert den Gottesdienst und predigt öffentlich, ohne Einschränkung.“ Nach Jahrzehnten der Verfolgung und Ausweisung von Missionaren nimmt die Evangelisierung des Landes Ende des 18. Jahrhunderts wieder an Fahrt auf.

Bereits die ersten Apostolischen Vikare im Königreich Siam legten neben der Verkündigung des Evangeliums besonderen Wert auf Bildung und Caritas. Schon Ende des 17. Jahrhunderts schufen sie die erste Schule, aus der auch die ersten einheimischen Seminaristen hervorgingen. Im 19. Jahrhundert gründeten französische Missionare Jungen- und Mädchenschulen im ganzen Land. 1887 gründete Pater Emile Colombet das Collège de l'Assomption in Bangkok, welches bis heute als eine der renommiertesten Schulen des Landes gilt. Die Missionsschwestern von Saint-Paul de Chartres führen noch heute 13 Schulen und eine Krankenschwesternschule. 1669 ruft Bischof Lambert ein erstes katholisches Krankenhaus in Ayutthaya ins Leben. Das Ende des 19. Jahrhunderts gegründete Krankenhaus Saint Louis wurde mittlerweile durch ein Palliativzentrum und eine Armenklinik erweitert. Fotos aus dem 19. und 20. Jahrhundert führen dem Besucher das segensreiche Wirken der Missionspriester und -schwestern in Schulen und Krankenhäusern vor Augen.

Erster Bischof

1944 wurde der erste Thailänder, Jacques Jeang Kuedsawang, zum Bischof geweiht, heute sind alle 11 Bischofssitze des Lands mit Einheimischen besetzt. Nach dem Besuch Papst Johannes Pauls II. im Jahr 1984 reiste auch Papst Franziskus 2019 in das „Land des Lächelns“. Das von thailändischen Ordensschwestern für diesen Anlass gefertigte Messgewand des Papstes ist ebenfalls Teil der Ausstellung. Heute leben 411 000 getaufte Katholiken in einer Gesamtbevölkerung von 67 Millionen. Ihre Zahl wächst stetig. Die sozial-caritativen Einrichtungen der Katholischen Kirche in Thailand – Schulen, Universitäten, Krankenhäuser – strahlen weit über die Zahl der Getauften hinaus.

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