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Standpauke auf katholisch

Ein Jurist nimmt den Synodalen Weg nonchalant und mit rheinländischem Witz auseinander.
Wer gibt den Katholiken eine Stimme, die sich von den Synodalen nicht vertreten fühlen
Foto: Harald Oppitz (KNA) | Wer gibt den Katholiken eine Stimme, die sich von den Synodalen nicht vertreten fühlen und nie gefragt wurden, ob sie für Synodalversammlungen deutschen Stils sind?

Wenn man meint, Juristen würden sich durch einen trockenen Schreibstil und ellenlange Schachtelsätze auszeichnen — auf den Rheinländer Thommy M. Schott trifft dies nicht zu. Der bringt in seinem Buch „Einspruch, Exzellenzen! Tacheles zum Synodalen Weg“ zwar „hard facts“ zum Synodalen Weg - immer wieder mit lockerer Zunge, vor allem aber scharf, direkt und bisweilen ziemlich lausbübisch. Schott seziert den Synodalen Weg bis auf die Knochen, untermauert seine Thesen mit zahlreichen Fakten und stellt immer wieder geschichtliche Bezüge her, was das Buch besonders interessant macht. Vor allem aber hält er seiner Meinung nicht hinterm Berg. Allein der Anfang ist ein typischer Schott, wie man am Ende der Lektüre versucht ist zu sagen; er beginnt sein Buch fast programmatisch mit einem Gebet: „Vater, schütze uns vor diesen Langweilern, die uns weismachen wollen, dass wir vom Affen abstammen, dass es keine Heiligen gibt, Maria keine Jungfrau war und die Hochzeit von Kana Jesu eigene war.“

Blick in katholische Soziallehre wäre wünschenswert

Der Autor fackelt nicht lange: Die Synodale Veranstaltung bestehe aus „ein paar handverlesenen Katholiken“, die „auf Basis einer gesteuerten Studie eine Kausalität von Zölibat und Machtstrukturen für sexuellen Missbrauch“ konstruieren. Sie würden eine neue Sexualmoral implementieren — laut Schott „eher eine Lustordnung“ —, die Hierarchie zersetzen und eine Demokratie „genau in dem Augenblick der Geschichte“ einführen, da sie ausgedient hat, womit sich die katholische Kirche zudem dem Protestantismus nähere - eine Kritik, die Schott zwar mit dem Papst teilt, der gesagt hat, es brauche keine zweite protestantische Kirche. Mit seinem Verhältnis zur Demokratie allerdings hinterlässt er einige Fragen, die vielleicht einmal im Licht der katholischen Soziallehre zu klären wären.

Etwas zynisch spricht Schott von der neuen „Nähe des Milliardenunternehmens DBK zum Protestantismus“ — dass die Milliarden aus jedes Katholiken Portemonnaie fließen, lässt er nicht unkommentiert — und ordnet dieses Faktum historisch in die gemeinsame „Kreuzabnahme“ von Marx und Bedford-Strohm im Jahr 2016 ein. Kurz darauf erklärt er, dass die deutschen Reformideen nicht neu sind, sondern Ende des 19. Jahrhunderts bereits entstanden seien, als ein gewisser „Dr. Alto“ die Lehre Jesu gern korrigiert haben wollte. Auch die deutschen Sexualreformideen seien bereits aus dem letzten Jahrhundert. Sie seien 1951 in einem amerikanischen Labor entstanden; bei Carl Djerassi und der Antibaby-Pille

Nonchalant statt diplomatisch

Mit diesen Ausflügen in die Geschichte zoomt der Autor sich quasi aus der Nahansicht in die Vogelperspektive, um größere Zusammenhänge aufzuzeigen. Je näher er an den Synodalen Weg wieder heranzoomt, desto nonchalanter drückt er sich aus — um nicht zu sagen: Er kotzt sich aus, aber nicht unmanierlich. Nur manchmal.

Besonders die geplante Sexualmoral prangert er an und kritisiert unter anderem, dass das Zölibat als Sündenbock herhalten muss. Man belade den Priester mit den Sünden der Welt und jage ihn anschließend vom Hof, so Schott, der — wie immer — mit seiner Meinung gleich rausplatzt: „Das Ganze erinnert mich an die Inquisition.“ Großes Bilderkino, auf das Sachliches folgt.

Parteikalkül der synodalen Spitzengruppe

Statt Berufung und Gnade solle jetzt die „Quote den göttlichen Plan durchkreuzen“, empört sich Schott und erklärt auf mehreren Seiten zum einen, was das Priesteramt bedeutet, zum anderen, dass und warum es den auf dem Synodalen Weg ständig postulierten Priestermangel gar nicht gibt. Auch weist er die Behauptung der Reformer zurück, das Zölibat sei dem Jahr 1239 entsprungen – woraufhin er sich dann zur Konsolidierung seiner These ausführlich in die Kirchengeschichte vertieft. 

Schott geißelt das Parteikalkül der synodalen Spitzengruppe, ärgert sich darüber, dass 230 deutsche Katholiken für 23 Millionen Deutsche und 1,4 Milliarden Katholiken weltweit zu sprechen meinen, fragt sich, was auf dem Synodalen Weg synodal sein solle, wenn Texte durchgewunken und alle Studien bis auf die hypothetische MHG-Studie ignoriert würden. Die Leygraf-Studie habe bereits 2012 festgestellt, dass „eine Kopplung der Debatte um sexuellen Missbrauch durch Geistliche und des Zölibats“ jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehre. Schott, der den Teil über den Missbrauch gründlich und gut bearbeitet, resümiert: „Die Kirche hat ein kleines Pädophilen-Problem und ein größeres Homosexuellen-Problem.“ Warum es überhaupt immer um Triebbefriedigung und Emanzipation gehe, nie um Ehe und Familie, fragt er sich.

Theologische Ungenauigkeiten

Es gibt gefühlt kein Thema, das der Schreiber nicht kommentiert. Bei manchen Themen, wie den „Austrittszahlen“ — die Synodalen hätten nie überlegt, dass die Rekordaustrittszahlen mit dem Unverständnis der Gläubigen mit diesem Reformweg in Verbindung stehen könnten — sieht man ihn sich regelrecht an den Kopf fassen, wenn er schreibt: „Sankt Absurdus, bitte hol den Bischof zurück in die Realität.“

Kommentare wechseln sich mit Fakten, geschichtlichen Bezügen, Zitaten und Bibelversen sowie einer Art Plaudern aus dem Nähkästchen ab. Man darf den Text nur nicht durch die Theologen-Brille lesen — hier und da schreibt der Autor theologisch etwas undifferenziert oder verkehrt, so etwa bei der Diskussion um den Zölibat, bei der Dreifaltigkeit oder der kirchlichen Hierarchie. Für eine eventuelle zweite Auflage sollte man die theologischen Passagen noch einmal lektorieren und die neueren Entwicklungen einarbeiten, auch wenn es sich hier nicht um Universitätsliteratur handelt, sondern eher um einen informativen Abendschmöker. …

Synodaler Weg wird zur "Reality für alle"

So erzählt Schott nach faktenreichen Passagen, wie manche aus dem Synodalen Weg sogar „Reality für alle“ machen würden: Bei einer Priesterweihe in Freiburg hätten Damen von Maria 2.0 aus Protest auf Klapptischen mit Baguette und Chianti ihr eigenes Abendmahl gefeiert. Für diese „grotesken Szenarien“ sei er aber dankbar, weil ihm dann „wieder schlagartig bewusst wird, was katholisch ist und was nicht“.

Manche Synodale knüpft sich Schott einzeln vor und katalogisiert sie nach Charaktertypen: Sturmtruppen, Halstuchtheologinnen, Arbeiter, Souffleure und Hinterbänkler; das sind die, die ein Schattendasein fristen: Dazu gehören die Minderheitenbischöfe, „die stets für ihre Herde da sind und einfach nur katholisch sein wollen“. Die würdigt er mit jeweils eigenen Zeilen, wobei er beispielsweise Kardinal Woelki den Verfolgten nennt, Bischof Oster einen Menschenfischer und Bischof Hanke den Konsequenten.

Synodale wurden "alibihaft von der DBK nachbenannt"

Nicht unerwähnt lassen kann er zudem, dass einzelne Synodale „nur alibihaft von der DBK nachbenannt“ worden seien, „weil die Bischofsminderheit … auf deren Nominierung drängte, damit wenigstens irgendjemand wahrhaft Katholisches aus dem Laientum anwesend sei“. Schott widerspricht den Synodalen Papieren in allen Punkten – mit Ausnahme der Wiederheirat von Geschiedenen. Während der Mörder die Kommunion nach Buße weiterhin empfangen darf, wird der Geschiedene-Wiederverheiratete exkommuniziert, legt er dem Leser seine Gedanken dar, um sich dann aber wieder an den Synodalen Weg heranzuzoomen und in die Offensive zu gehen.

Am Ende widmet der Autor einige Kapitel dem Lebensschutz sowie dem Gegenteil davon — vor allem, um der Frage nachzugehen, die der Synodale Weg aufwirft „Darf der Mensch alles, was er kann?“. Hier am Pranger: die Spitze der Laienkatholiken unter Irme Stetter-Karp, denn von hier aus werde der „Dolch geführt (...) gegen unsere Ungeborenen“. Schott macht dem Titel seines Buches alle Ehre.

Einblick in bedeutende Phase der Kirchengeschichte

"Einspruch, Exzellenzen!" ist direkt, undiplomatisch, voller lesenswerter Passagen, bestätigend für die Minderheit des Synodalen Weges, ein wohltuender, notwendiger Kontrapunkt zu diesem Reformprozess und einfach katholisch, wovor der Autor gleich auf dem Umschlag warnt: „Achtung, nur für Katholiken“.

Fast möchte man sagen: Und für all diejenigen, die sich mit dem Synodalen Weg noch wenig beschäftigt haben. Denn es gewährt - ungeachtet der erwähnten theologischen Ungereimtheiten - einen ungeschminkten und breiten Einblick in eine bedeutende Phase der Kirchengeschichte.

Thommy M. Schott: Einspruch, Exzellenzen! Tacheles zum Synodalen Weg, fe-medienverlag, Kißlegg, 2022, 235 Seiten, broschiert, ISBN 978-3863573645, EUR 12,80

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