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Kardinal Kasper: „Aus Ungeist kommende Idee“

Der vom Synodalem Weg geplante Synodale Rat stößt auf dezidierte Kritik. Laut Kardinal Kasper zerstört ein solches Gremium die Struktur, „die Christus für seine Kirche gewollt hat“.  
Einführung des Synodalen Rates würde den "kollektiven Rücktritt der Bischöfe" bedeuten
Foto: Arne Dedert (dpa) | Die Einführung des Synodalen Rates würde den "kollektiven Rücktritt der Bischöfe" bedeuten, so Kardinal Kasper.

Immer wieder hat das Synodalpräsidium die Kritik von sich gewiesen, der Synodale Weg protestantisiere die katholische Kirche. Jetzt sprechen die Fakten: Wie diese Woche durch die Medien ging, gab die Präsidentin des Zentralkommitees der Deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, bekannt, dass ein entsprechendes Papier für die nächste Synodalversammlung im September Formen annehme. Es soll einen Synodalen Rat geben, eine Art auf Dauer angelegten Synodalen Weg als „Beratungs- und Beschlussorgan“ mit dem Ziel der Mitbestimmung der Basis, Parität von Laien und Bischöfe und Entscheidungskompetenzen für das gewählte Gremium. Das Vorhaben stößt allerdings auf dezidierte Kritik. Unter anderem hatte sich Papst Franziskus neulich zu Wort gemeldet: Es gebe in Deutschland schon eine sehr gute evangelische Kirche, es brauche keine zweite

Gremium entscheidet über Zukunft der Kirche

Ein solcher Synodaler Rat entspricht der Struktur der evangelischen Kirche. Das bemängelt auch der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück. In einem solchen Rat würden nicht mehr die Bischöfe ihre Diözese leiten, sondern ein ständiger und paritätisch besetzter Rat, der zudem „die Definitionshoheit über die künftigen Wege der katholischen Kirche in Deutschland" hat.  So hat es die Synodalversammlung vorgesehen. Im Handlungstext heißt es, das Gremium werde „Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen und Haushaltsangelegenheiten der Kirche treffen, die nicht auf diözesaner Ebene entschieden werden“.

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Das bedeutet, dass der Synodale Rat faktisch die Deutsche Bischofskonferenz ersetzt und die Macht über die Verwaltung des Geldes bekommt. Er entscheidet über die Art der zu unterstützenden Projekte und auch über deren Inhalt. Zu erwarten ist, dass die Themen des Synodalen Weges zu Gleichstellung, Sexualität, Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und so weiter ihre Fortsetzung finden im Synodalen Rat, der seinerseits nichts anderes ist als die dauerhafte Fortsetzung des Synodalen Weges. Die Beschlüsse des Rates sollen mindestens dieselbe rechtliche Wirkung haben wie die der Synodalversalversammlung. So der Plan.

Das kommt kollektivem Rücktritt der Bischöfe gleich

Kardinal Walther Kasper nannte dies eine „aus ganz anderem Geist oder Ungeist kommende Idee“, die die „Freiheit des Geistes, der weht, wo und wann er will“, abwürge und die Struktur zerstöre, „die Christus für seine Kirche gewollt hat“. Wenn statt des sakramental ordinierten Priesters ein Gremium die Kirche leitet, käme das, so Kasper, einem „kollektiven Rücktritt der Bischöfe“ gleich. Der Theologe Tück verwies in dem Zusammenhang auf das Zweite Vatikanische Konzil, das die Untrennbarkeit von Weihe- und Hirtengewalt gelehrt hat.

Damit stellt sich die Frage nach der Legitimation eines Synodalen Rates. Laut Handlungstext des Synodalen Wegs beschließt die Synodalversammlung die Einrichtung eines Synodalen Rates „vor dem Hintergrund von can. 127 und can. 129 CIC“, also des Codex Iuris Canonici, das Gesetzbuch des kanonischen Rechts der römisch-katholischen Kirche ist. 

Tradition der Kirche kennt keine synodale Kirchenregierung

Diese Bezugnahme ist insofern falsch, als „die in can. 127 genannten Räte diejenigen sind, die der CIC selbst vorsieht, also diözesane und pfarrliche Pastoralräte oder Räte der Ordensgemeinschaften, nicht aber diejenigen, die ein rechtlich inexistentes Gremium sich ausdenkt“, erläuterte der Kirchenrechtler Stefan Mückl auf Anfrage dieser Zeitung. Can. 129 reserviere die Leitungsvollmacht den geweihten Amtsträgern und lasse bei deren Ausübung die „Mitwirkung“ von Laien zu, ohne sie zu fordern. „Genau dieses Verhältnis wird in dem genannten Text umgekehrt.“

Auch Kardinal Kasper erkennt keine Legitimation für einen Synodalen Rat. Die Tradition der Kirche kenne „keine synodale Kirchenregierung“, sagte er. „Ein synodaler, oberster Rat, wie er jetzt in Aussicht genommen wird, hat in der gesamten Verfassungsgeschichte keinen Anhalt.“ Synoden ließen sich nicht auf Dauer stellen. Ähnlich äußerte sich der Wiener Kardinal Christoph Schönborn, der sagte, dass es keinen Parlamentarismus in Sachen Lehre und Disziplin der Kirche gibt. 

Keine Lösung gegen Versteppung des Glaubens

Davon abgesehen stellt sich die Frage, ob ein Synodaler Rat einen Beitrag in der Kirchenkrise leisten kann — und welchen. Für den Wiener Dogmatiker Tück, der wie viele andere den Glaubensschwund als Ursache sieht, ist klar, dass ein solcher Rat gegen die „andauernde Versteppung des Glaubens“ keine Lösung sein kann. Das zeige ein Blick auf die evangelische Kirche, die trotz entsprechender Reformen mit Erosionsprozessen konfrontiert sei. 

In der evangelischen Kirche ist eine Rat-ähnliche, demokratische Struktur bereits Realität. Die Krise der evangelischen Kirche ist aber nicht geringer als die der katholischen. In den letzten Jahrzehnten hat sie sogar zwei Millionen mehr Gläubige verloren als die katholische Kirche. 

ZdK gewinnt ein Einfluss in der katholischen Kirche

Der Rat würden zumindest eines bringen: Das ZdK würde deutlich an Einfluss in der katholischen Kirche in Deutschland gewinnen, sie gewissermaßen regieren. Denn der Synodale Rat soll nach Vorbild des Synodalen Wegs organisiert und entsprechend paritätisch von je einem Vorsitzenden aus ZdK und DBK geleitet werden. Zusammensetzen soll sich der Rat jeweils zu gleichen Teilen aus Diözesanbischöfen und ZdK-Mitgliedern sowie zusätzlichen von DBK und ZdK bestimmten — nicht (wie üblich beim ZdK) demokratisch (vom Kirchenvolk) gewählten — Delegierten.

Ob das ZdK allerdings als Leitungsgremium theologisch legitimiert ist, ist fraglich. Zdk-Präsidentin Stetter-Karp hält trotz aller Kritik und offenen Fragen eisern an der Einrichtung eines solchen Synodalen Rates fest. Das sei ein entscheidender und wichtiger Schritt, gab sie am Sonntag an die Presse. „Wir sehen seit Beginn des Synodalen Weges, wie erfolgreich synodale Beratungen sind. Wir sehen, dass es gut ist, gemeinsam zu entscheiden,“ sagte sie. 

 

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