Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Zum theologischen Erbe Benedikts XVI.

Kasper: Ratzingers Theologie war „bedeutend “

Mit seinem theologischen Erbe habe Benedikt XVI. zwar weder eine Zeitenwende eingeläutet noch Durchbrüche gebracht, so der Kardinal, aber viele Menschen zum Glauben geführt.
Walter Kardinal Kasper spricht sachlich über den Theologen Ratzingers/Benedikt XVI.
Foto: Henning Kaiser (dpa) | Sachlich spricht der Kardinal Kasper als Theologe über die Theologie Ratzingers/Benedikt XVI. Über 60 Jahre hinweg hatten die beiden Theologen immer wieder Kontakt.

Nüchtern, sachlich, persönlich und wertschätzend spricht Kardinal Walter Kasper in einem Podcast mit „Bayern 2“ von dieser Woche über das theologische Erbe des verstorbenen Papstes Benedikt XVI./Kardinal Ratzinger und damit über ein Stück Theologiegeschichte, die der Emeritus stark geprägt hat. Dabei mahnt er auch zur Geduld in Bezug auf eine Heiligsprechung und Ernennung zum Kirchenlehrer. „Offizielle Erhebungen und Ernennungen zum Kirchenlehrer“, so der Kardinal, „setzen normalerweise die Seligsprechung oder Heiligsprechung voraus. Da sollte man noch ein bisschen warten.“ Kasper sieht es nüchtern: Natürlich habe Benedikt mit seiner Theologie und Spiritualität großen Einfluss auf die Menschen der nachkonziliaren Zeit gehabt, aber sich am Kirchenrecht zu orientieren und sich Zeit zu lassen scheine ihm „klug und weise“ zu sein. 

Benedikt XVI. schrieb Kasper vor seinem Tod einen lieben Brief

Die Wege der beiden Theologen Kasper und Ratzinger, die theologisch aus verschiedenen Richtungen kommen, haben sich, so Kasper, „in den vergangenen 60 Jahren“ immer wieder gekreuzt. Trotz unterschiedlicher Denkweisen und Ansichten seien sie sich in den theologischen Auseinanderestzungen immer mit Respekt begegnet. Die Theologen verband eine Freundschaft, die Benedikt XVI. 20 Tage vor seinem Tod mit einem „lieben, anerkennenden Brief“ besiegelte.

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An anderer Stelle hatte Kasper nach dem Tod des Emeritus davon gesprochen, dass „immer eine vertrauensvolle Beziehung“ zwischen beiden geherrscht habe. Er schätze Ratzingers Theologie als „international wirkmächtig“ ein und sprach von Benedikt XVI. als „bedeutenden Theologen“, auf den wir als Deutsche stolz sein könnten.

Benedikt XVI. wollte Theologie verheutigen

Auch in dem Podcast äußert sich Kasper anerkennend über Benedikt XVI., wenn auch sachlich. So habe Benedikt XVI. mit seiner Theologie keine Zeitenwende eingeläutet oder große Durchbrüche geschafft. Aber seine Theologie sei „bedeutend und vom hohen Rang“. Besonders würdigt Kasper, dass Benedikt beruhigend auf Menschen gewirkt und ihnen geholfen habe, „den Glauben nicht zu verlieren, den Glauben zu vertiefen und ihn zu verstehen“.

Dass ihm das nicht immer gelungen sei, habe auch daran gelegen, dass er mit modernen Denkern wir Descartes, Kant und Hegel gefremdelt habe und nie richtig ins neuzeitliche Denken eingedrungen sei. Als jemand, der in der neuzeitlichen Theologie mit Schelling und Hegel etc. beheimatet ist, bedauert Kasper dies, zumal zwischen dem Denken der Kirchenväter und dem neuzeitlichen Denken und Idealismus Zusammenhänge bestünden. Ratzingers Herz habe immer „bei den Kirchenvätern geschlagen“ — und beim Mittelalter.

Kasper: Christus ist, „das A und O jeder Erneuerung“

An den Kirchenvätern habe Benedikt sich immer orientiert, auch beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), an dem er als junger Theologe stark mitwirkte. So wichtig das Konzil sei, sagt Kasper, es seien „viele Fragen offengeblieben“, wie jene nach der Rolle der Frau, denen man sich heute stellen müsse. Aber nicht — und das sei einer der entscheidenden Einwände Benedikts gegen den Synodalen Weg gewesen —, indem man von den Strukturen her denke, „sondern vom Inhalt, vom Glauben her“.

Dem Emeritus zufolge hätte man theologisch und spirituell ansetzen müssen und die Reform nicht auf Strukturveränderung reduzieren dürfen. Kasper selbst hatte unter anderen gesagt, wahrer Reform gehe es nicht darum möglichst zeitgemäß zu sein, Neues auszuprobieren oder gar eine neue Kirche zu erfinden, sondern darum, „möglichst Christus-gemäß zu sein“. Christus sei der Maßstab, „das A und O jeder Erneuerung“.  DT/dsc

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