In Feiertagslaune – obwohl gar kein Feiertag ist – brechen wir zur „Hostaria Da Cesare“ auf. Es ist unser letztes Treffen in diesem Jahr und der römische Kollege erinnert an alte Zeiten. Und da ist man bei „Da Cesare“ goldrichtig, einem der ganz alten Lokale im Stadtteil Prati, das schon Mussolinis Marsch auf Rom erlebt hat. Das war 1922. Um die 70 Jahre später traf sich in der Hostaria regelmäßig die Redaktion des polit-katholischen Monatsmagazins „30 Giorni“, das unter dem Titel „30 Tage in Kirche und Welt“ sogar einige Jahre auf Deutsch zu haben war. Seither kennen wir uns, der Kollege und ich. Im „Da Cesare“ tragen die Kellner noch Weste und Fliege, der Weißwein kommt im Flaschenkühler mit Wasser und Eis und wir stoßen an auf jene Zeit, als der Pole Karol Wojtyla Papst und Kardinal Joseph Ratzinger eine gern gelesene Stimme in „30 Giorni“ war. Dazu gibt es Focaccia, frittierte Stockfischhäppchen und handgeschnittenen Schinken aus der Toskana.
Wir kommen gerade von einer Buchvorstellung, die so manche alte Bekanntschaft von damals in der „Sala San Pio X“ an der Via della Conciliazione zusammengeführt hat. Pater Federico Lombardi SJ, die legendäre Seele der Vatikanmedien von einst und später noch von 2006 bis 2016 Pressesprecher der Päpste, stellte zusammen mit Lorenzo Fazzini vom Vatikanverlag den zweiten Band der Predigten vor, die Benedikt XVI. zwischen 2005 und 2017 im privaten Kreis gehalten hat.
Papstpredigten in der Privatkapelle
Erzbischof Georg Gänswein war aus dem nördlichen Vilnius angereist, um auf die Fragen einer Redakteurin des „Osservatore Romano“ Auskunft darüber zu geben, wie es war, wenn der deutsche Papst in der Privatkappelle gepredigt hat. Dann, so meinte Gänswein, sei es das Leben selbst gewesen, das Ratzinger bewegt habe, nicht eine theologische Arbeit oder ein kirchliches Problem.
Der römische Kollege hat ziemlich eng verfolgt, wie es überhaupt zu den beiden Predigtbänden kommen konnte, die beide in diesem Jahr auf Italienisch erschienen sind. Die vier Frauen von der Gemeinschaft der „Memores Domini“, die mit dem Papst lebten, hätten die Homilien diskret aufgezeichnet und dann abgeschrieben. Später dann, nach dem Tod des Emeritus, habe Gänswein als Privatsekretär die Manuskripte an Pater Lombardi übergeben, in dessen Eigenschaft als Präsident der vatikanischen „Fondazione Joseph Ratzinger-Benedetto XVI“. Der verstorbene Papst habe die Manuskripte und dann die redigierten Texte nie gesehen, sodass sie nicht in den „Gesammelten Schriften“ erschienen seien, sondern als eigene Veröffentlichung des Vatikanverlags und der „Fondazione“.
Wenn man beim „Da Cesare“ essen geht, muss man unbedingt das Fleisch probieren. Wir begnügen uns mit einer „Tagliata“ vom Rind mit wilder Rauke und gratinierten Kartöffelchen. Im kommenden Jahr, so hat uns Lombardi versichert, sollen die Predigten Benedikts auch auf Deutsch zu haben sein: Joseph Ratzinger, Papst Benedikt ganz privat, der große Theologe, der auch dann zum Prediger und Verkünder des Evangeliums wurde, wenn nur vier oder fünf Personen anwesend waren – bis ihm 2017 die Stimme versagte. Daraus wurden bis dahin in zwölf Jahren weit über 700 Seiten. Übrigens fehlt bei den „Gesammelten Schriften“ Ratzingers noch alles, was er als Emeritus geschrieben hat. Es wird als Supplementband zu der auf 16 Bände angelegten Schriftenreihe erscheinen und – wie jetzt in der „Sala Pio X“ zu erfahren war – auch ein ganz schön „dicker Klotz“. Darauf ein Amaro aus der Toskana! Einem Restaurant wie „Da Cesare“ Punkte geben zu wollen, wäre einfach anmaßend. Darum lassen wir das diesmal sein und wünschen uns frohe Weihnachten, wieder ist ein Jahr geschafft – aber was für eins!
Die „Hostaria Da Cesare“ liegt neben der Piazza Cavour in der Via Crescenzio, Hausnummer 13.
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