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FBI stellt Traditionalisten unter Extremismusverdacht

Man sehe bei gewaltbereiten Extremisten Interesse an traditionellen katholischen Gemeinden, heißt es in einem geleakten FBI-Memo. Nach Kritik zieht die Behörde das Dokument zurück.
FBI: Man sehe bei gewaltbereiten Extremisten Interesse an traditionellen katholischen Gemeinden
Foto: Marijan Murat (dpa) | FBI-Untersuchungen zufolge bestehe eine wachsende Überschneidung zwischen rechtsextremen weißen Nationalisten und "radikal-traditionalistischen" Katholiken.

Die amerikanische Bundespolizei FBI sieht von traditionalistischen Katholiken offenbar eine extremistische Gefahr ausgehen. Wie aus einem geleakten Memo der Außenstelle des FBI in Richmond im Bundesstaat Virginia hervorgeht, sieht die Behörde bei „rassistisch oder ethnisch motivierten gewaltbereiten Extremisten“ (RMVEs) ein Interesse an „radikal-traditionalistisch katholischer Ideologie“. Nun wolle man die „Gefahr“ mildern, indem man in solchen Gemeinden Informations-Quellen entwickele, heißt es in dem Memo.

Auf eine Anfrage der „Catholic News Agency“ (CNA) gab das FBI in einer Stellungnahme bekannt, dass man das Dokument zurückziehen werde. Der Bericht entspreche nicht ihren „strengen Standards“.

Festhalten an „weißen rassistischen Ideologien“

„Radikal-traditionalistische Katholiken“ (RTCs) seien nach dem FBI-Dokument „typisch charakterisiert“ in der Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils und durch „häufiges Festhalten an antisemitischen, einwanderungsfeindlichen, LGBTQ-feindlichen und weißen rassistischen Ideologien“. Man unterscheide aber zwischen „traditionellen Katholiken“, die nur die traditionelle lateinische Messe und die Lehren vor dem Zweiten Vatikanum bevorzugten, aber nicht „extremere ideologische Überzeugungen und gewalttätige Rhetorik“ vertreten würden.

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Die Gefahren-Einschätzung des FBI sei „mit hoher Sicherheit“ durch Untersuchungen etabliert worden. Man vermute außerdem, dass das Interesse solcher „Extremisten“ an RTC-Gemeinden sich in Vorbereitung auf die im nächsten Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen in den nächsten zwölf bis 24 Monaten vergrößere. Das interne Memo ist auf den 23. Januar datiert und wurde vergangene Woche vom ehemaligen FBI-Agent Kyle Seraphin auf der Plattform „UncoverDC“ zusammen mit Fotografien des Dokuments publiziert.

„Zunahme der Feindseligkeit“ gegenüber Abtreibungs-Befürwortern

Wie es in dem Memo heißt, hätten FBI-Untersuchungen „eine wachsende Überschneidung zwischen der rechtsextremen weißen nationalistischen Bewegung und RTCs festgestellt“. Die „anhaltende Konvergenz der rechtsextremen weißen nationalistischen Bewegung und RTCs“ sei weiterhin „durch die Zunahme der Feindseligkeit gegenüber Befürwortern des Abtreibungsrechts auf Social-Media-Websiten“ vor und nach der Entscheidung des US-Verfassungsgerichts „Dobbs v. Jackson Women's Health Organization“ demonstriert worden. Das Gericht hatte darin im vergangenen Juni das umstrittene Grundsatzurteil in der Abtreibungsfrage "Roe v. Wade" als „von Beginn an völlig verfehlt“ bezeichnet und gekippt.

Angehängt an das Dokument befindet sich eine Liste mit neun katholischen „Hassgruppen“, identifiziert durch das „Southern Poverty Law Center“ (SPLC). In einer Fußnote wurde außerdem die Priesterbruderschaft St. Pius X. und ihre „Ableger“, unter anderem die Priesterbruderschaft St. Petrus, erwähnt.

„Verstöße gegen die verfassungsrechtlich geschützte freie Religionsausübung“

Der katholische Bischof von Richmond, Barry Knestout, kritisierte das Dokument am Montag in einem Statement und sprach von einem Verstoß gegen die Religionsfreiheit. „Ich war alarmiert, als ich Ende letzter Woche die Berichte über den Inhalt des internen Memos las, das vom Richmond Field Office des Federal Bureau of Investigation erstellt wurde.“  Er sei überrascht gewesen „von der Erwähnung der Priesterbruderschaft St. Petrus (FSSP)“, die „seit vielen Jahren mit Hingabe den Pfarreien innerhalb unserer katholischen Gemeinschaft und den Gläubigen unserer Diözese“ dienen würden, „die diese Form der katholischen Messe“ schätzen.

Knestout kritisierte: „Das durchgesickerte Dokument sollte für alle Glaubensgemeinschaften sowie für alle Amerikaner beunruhigend und beleidigend sein. Ich bin dem Generalstaatsanwalt von Virginia und 19 Generalstaatsanwälten dankbar, die die Regierung aufgefordert haben, alle Materialien im Zusammenhang mit der Erstellung dieses Memos öffentlich bereitzustellen. Wenn es Beweise für Extremismus gibt, sollte er ausgemerzt werden, aber nicht auf Kosten der Religionsfreiheit.“

Weiterhin fordere er „alle nationalen Vertreter des Commonwealth of Virginia im Repräsentantenhaus und im Senat auf, ihre Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, diese Bedrohung der Religionsfreiheit öffentlich zu verurteilen und dafür zu sorgen, dass solche Verstöße gegen die verfassungsrechtlich geschützte freie Religionsausübung nicht nochmal vorkommen. Rassismus, religiöse Bigotterie, Gewalt und Diskriminierung haben keinen Platz in unserer Kirche oder Lehre.“ DT/jmo

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