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„Die Ukraine erlebt ihre Kreuzigung“

Keine Waffenruhe zum orthodoxen Osterfest. Mehr als eine halbe Million Ukrainer wurden laut Kirchenangaben bereits nach Russland deportiert.
Friedhof in Butscha
Foto: IMAGO/MIGUEL GUTIÉRREZ (www.imago-images.de) | Bartholomaios erinnerte in seiner Ansprache daran, dass in der Ukraine Tausende ermordet, Frauen vergewaltigt, Kirchen geschändet, Häuser und Städte niedergebrannt werden. Im Bild: Begräbnis von Gefallenen in Butscha.

Mehr als eine halbe Million Ukrainer seien von den russischen Besatzungstruppen festgenommen und nach Russland deportiert worden. Dies berichtet das Oberhaupt der mit Rom unierten ukrainischen Katholiken des byzantinischen Ritus, Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk. „Sie töten uns weiterhin jeden Tag und betrachten es als ihren Sieg im Krieg“, so der Großerzbischof in einer Videobotschaft. „In diesem Moment erlebt die Ukraine ihre Kreuzigung, ihr Golgatha.“

Moskau lehnt Waffenpause ab

Seine Kirche habe sich in den vergangenen Tagen auf höchster Ebene darum bemüht, einen Waffenstillstand für die Tage des ostkirchlichen Osterfestes zu erreichen, so Schewtschuk: „In Zusammenarbeit mit dem Apostolischen Stuhl in Rom, mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und mit der Unterstützung des Gesamtukrainischen Rates der Kirchen und Religionsgemeinschaften wollten wir alles tun, um das Töten von Ukrainern im Licht von Ostern zu stoppen. Aber Russland hat dies offiziell abgelehnt.“

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Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bestätigt, dass Moskau die von Papst Franziskus, zahlreichen Religionsführern und UN-Generalsekretär Antonio Guterres erbetene Waffenpause ablehnt. Guterres wird am kommenden Dienstag persönlich nach Moskau reisen, um mit Präsident Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow zu verhandeln.

„Mit dämonischer Komplizenschaft“

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios, hatte bereits am Donnerstagabend „den schrecklichen und abscheulichen Krieg gegen das Volk der Ukraine“ kritisiert, „in dem Orthodoxe leider mit dämonischer Komplizenschaft ohne Grund einen Krieg gegen ihre orthodoxen Brüder begonnen haben, ohne Gottesfurcht und ohne Scham“. Das Ehrenoberhaupt der weltweiten Orthodoxie erinnerte in seiner Ansprache daran, dass in der Ukraine Tausende ermordet, Frauen vergewaltigt, Kirchen geschändet, Häuser und Städte niedergebrannt werden. „Millionen wehrlose Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, werden gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen.“

Im Gegensatz dazu äußert der Patriarch von Moskau und ganz Russland, Kyrill, auch in seiner heute veröffentlichten Osterbotschaft kein Wort der Kritik an Putins Krieg gegen die Ukraine. Ohne den Krieg überhaupt zu erwähnen, kritisiert er, dass die Welt „von Konflikten und Widersprüchen zerrissen wird“ und dass sich „Hass, Angst und Feindschaft in den Herzen vieler Menschen festgesetzt haben“. Wörtlich schreibt Kyrill: „Wir dürfen der Versuchung des Feindes der Menschheit nicht nachgeben, der versucht, die gesegnete Einheit unter den orthodoxen Christen zu zerstören.“  DT/sba

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