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Auf Augenhöhe am Altar

Was die Frauentexte der letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs erreicht haben – und was nicht.
5. Synodalversammlung
Foto: KNA | Bei der letzten Versammlung in Frankfurt hieß es, Augen zu und Texte durchbringen.

Tosender Applaus, Standing Ovations und Freudentränen kamen zusammen in den Tagen der letzten Vollversammlung des Synodalen Weges, als ein vermeintlicher Meilenstein der Geschlechtergerechtigkeit erlangt worden war. Denn mit einer großen Mehrheit wurden die Handlungstexte des Forums III, konkret der Text „Verkündigung des Evangeliums“ sowie „Frauen in sakramentalen Ämtern“, angenommen. Insgesamt wurden sie mit mindestens 90 Prozent Ja-Stimmen angenommen und auch unter den Bischöfe sprechen Prozentzahlen von 88 und 80 Prozent Ja-Stimmen Bände.

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Bei aller Euphorie der Synodalen ist deutlich geworden: Diese Tage sind alles andere als synodal im Sinne von Papst Franziskus verlaufen: Ein gemeinsames Hören auf den Heiligen Geist und aufeinander blieb weitestgehend aus, die Lehre der Kirche wurde pathologisiert und eine Treue zu ihr als pharisäische Gesetzestreue verunglimpft – so von Schwester Scholastika mit dem modifizierten Bibelzitat: „Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muss die Frauenberufung sterben.“

Hauptsache Zustimmung

Kritische Anfragen von Bischöfe Bertram Meier und Weihbischof Ansgar Puff wurden mit Bissigkeit abgewiesen, obwohl sie inmitten einer Ansammlung funktionaler Argumente theologischen Input ergänzten. Auch die Rechnung, Kirche demokratischer zu gestalten, ging nicht auf, denn mehrfach wurden die Bischöfe dazu aufgefordert, bei einer Ablehnung der Texte mit Enthaltung abzustimmen, um sie nicht scheitern zu lassen. Es stellt sich die Frage, ob der Ausschluss der Enthaltungen in der Gesamtzählung überhaupt rechtmäßig ist. Auch die namentliche Abstimmung wurde vor jeder Endabstimmung beantragt. Zwar zeigte sich Widerstand durch die vorgelegten Listen von einigen Synodalen, die die geheime Abstimmung beantragten, von der Mehrheit aber überstimmt wurden. Besonders entlarvend war die Forderung der Veröffentlichung der Namen.

Jubel bei der Fünften Synodalversammlung
Foto: Julia Steinbrecht (KNA) | Frauen jubeln nach einer Abstimmung bei der Fünften Synodalversammlung am 11. März 2023 in Frankfurt.

Hauptsache durchbringen

Der Zuschauer im Livestream konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nach der Strategie verfahren worden ist: Hauptsache, die Texte kommen durch, egal mit welchen Kompromissen. An solchen mangelte es bei den Frauentexten wirklich nicht: Die ursprünglich angedachte Prüfung des Frauendiakonats sowie aller sakramentalen Ämter ist auf den Diakonat eingeschränkt worden, um in Rom keine vollständige Ablehnung zu riskieren. Diese Herangehensweise stieß nicht bei allen Anwesenden auf Begeisterung: So sprach sich in höchst emotionaler Manier Schwester Katharina Ganz für den Zugang zu allen Ämtern aus, um die Wunde der Diskriminierung zu heilen, von der sie selbst auch betroffen sei. An anderer Stelle sprach sich jemand für „Augenhöhe am Altar“ aus, die erst durch die Öffnung aller Weihestufen für Frauen erlangt werden könne.

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Selbst Kritiker des Handlungstexts wie Bischöfe Rudolf Voderholzer thematisierten die Inkonsequenz, ausschließlich den Frauendiakonat anzustreben, da dies als Diskriminierung aufgefasst werden würde. Ein Weiheamt für Frauen bleibe hinter dem zurück, was man zur angemessenen Würdigung von Frauen in der Kirche unternehmen könne. Voderholzer hielt an den Argumenten von „Ordinatio Sacerdotalis“ fest. Überdies wurde die Frage diskutiert, ob man einen eigenen Diakonat für Frauen errichten oder den bisherigen Diakonat gleichermaßen für Frauen und Männer zugänglich machen solle. Dementsprechend stellte Gregor Podschun den Antrag, die Formulierung „Sakramentaler Diakonat der Frau“ in „Öffnung des sakramentalen Diakonats für Frauen“ umzuändern. Ein eigenes Amt für Frauen sei kein Weg der Geschlechtergerechtigkeit. Auch dieser Antrag wurde mit deutlicher Mehrheit angenommen.

Theologische Argumente bleiben ungehört

In der Debatte um den Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums“ setzte sich die Funktionalität der im Arbeitspapier eingebrachten Argumente fort, wohingegen theologische Argumente kaum Beachtung fanden. Ein besonders fadenscheiniges Argument bezüglich Laienhomilie: Es werde über etwas diskutiert, das längst praktiziert und von den Gemeindemitgliedern auch erwartet werde. Bischöfe wurden dazu ermutigt, Beschlüsse im Ungehorsam gegenüber Rom umzusetzen.
Bei der Aussprache dieses Handlungstexts wurde einmal mehr deutlich, dass viele Synodale am Ende ihrer Geduld waren. Die Kompromissbereitschaft war auch hier an ihre Grenzen gelangt, als viele Änderungsanträge zur Abschwächung der Formulierungen durchgesetzt wurden.

Nach eigenen Maßstäben gescheitert

Im Vorfeld hatten viele Theologen den Umgang mit dem Kirchenrecht kritisiert, weil Ausnahme-Kanones als Beleg für Regelfälle herangezogen werden. In der Aussprache wünschten sich viele nun, dass Frauen nicht nur im Notfall die Sakramente spenden oder predigen, sondern dies regulär vornehmen dürfen. Diese Wortmeldungen zeigen auf, dass man willens ist, das kirchenrechtliche Fundament zu verlassen, denn ausgehend von diesem ist das Maximum des Möglichen erreicht. Bemerkenswert inkonsequent, wie wenig die Klerikalisierung von Laien thematisiert worden ist, obwohl dem Klerikalismus der Kampf angesagt worden war. Papst Franziskus ließ in der Zwischenzeit durchblicken, was er von einer solchen Einstellung hält: In der italienischen Zeitung „Il Fatto Quotidiano“ kritisierte er „klerikalisierte Laien“ mit harschen Worten. „Sie sind eine Pest in der Kirche. Der Laie muss Laie bleiben“. Franziskus hat zugleich einen anderen Weg zur Stärkung von Laien aufgezeigt, indem er zum Beispiel das Amt des Katechisten wiederbelebt und weitere Dienste für alle Getauften geöffnet hat.

Frauenpredigt
Foto: KNA | Frauenpredigt

Ist mit der Verabschiedung der Frauentexte wirklich mehr Geschlechtergerechtigkeit erlangt worden? Die äußeren Umstände sprechen eine andere Sprache. Fast wäre es gar nicht zum Tagesordnungspunkt des Handlungstextes „Frauen in sakramentalen Ämtern“ gekommen: Erst nach dem entrüsteten Aufschrei einiger Frauen hat die fünfte Vollversammlung den Text noch behandelt. Ursprünglich lautete der Vorschlag, den aus zeitlichen Gründen nicht behandelten Text in den Synodalen Ausschuss zu verschieben. Ein weiterer Handlungstext des Frauenforums wurde regelrecht durchgejagt und wies kaum Redebeiträge auf: der Handlungstext „Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen“.

Grundanliegen gescheitert

Eigentlich gehört dieser Text zum ursprünglichen Anliegen des Synodalen Weges, Missbrauch in der katholischen Kirche zu bekämpfen. Deshalb erwartete man mehr Austausch. Stattdessen hatte der Zuschauer im Livestream das Gefühl, dass dieses Thema die Synodalen recht wenig interessierte. Immerhin ist er zu 100 Prozent angenommen worden. Das Konzept von Geschlechtergerechtigkeit nach dem Selbstverständnis des Synodalen Weges ist ein recht einseitiges Gleichheitskonzept nach dem Motto: Eine Frau ist in der Kirche erst dann gleichberechtigt, wenn sie dieselben Möglichkeiten in Leitung und Macht innehat. Dafür müsse ihr auch jedes sakramentale Amt offenstehen. Dies ist anhand des stark modifizierten Handlungstextes „Frauen in sakramentalen Ämtern“ zumindest vom Grundanliegen her gescheitert, denn das Augenmerk wurde schließlich auf den Diakonat gelegt. Selbst wenn der Diakonat für Frauen geöffnet werden würde, bliebe die Diskriminierung, da Frauen nur zur niedrigsten Weihestufe zugelassen würden.

Kommt nicht ans Ziel 

Auch der Handlungstext „Verkündigung des Evangeliums“ kommt nicht zum angestrebten Ziel, da die Übertragung priesterlicher Aufgaben auf die Laien nie den Vollwert des Sakraments mit sich bringen kann. Weihbischof Puff warnte in der Aussprache vor „Sakramenten light“, weil Laien zum Beispiel bei der Taufe die ausdeutenden Riten nicht vornehmen könnten. Die konsequente Umsetzung von Geschlechtergerechtigkeit nach dem Gleichheitsprinzip fand nicht statt. Insgesamt stellt sich die Frage auch vor dem Hintergrund der vier im Vorfeld der letzten Vollversammlung ausgetretenen Frauen. Sie sind nicht ausgestiegen, weil sie den Dialog verweigern, sondern weil sie eine gescheiterte Synodalität erlebten, in der ein gegenseitiges Zuhören nicht möglich war – persönliche Angriffe, rote Karten und ähnliches folgten auf ihre kritischen Wortbeiträge. Es scheint, dass Frauen in der Kirche nur dann förderungswürdig sind, wenn sie die „richtige“ Position vertreten.

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