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Die Amtskirche steht im Abseits

Römische Geduld mit deutschen Sonderwegen endet. Derweil wäre die Stimme der Kirche in Deutschland dringend nötig. Diese ist aber nur mit sich selbst beschäftigt.
Zerbrochen
Foto: (16255411) | Am Ende des Synodalen Weges ist vieles zerbrochen und liegt in Scherben.

In Rom ist man offenbar nicht mehr gewillt, den Deutschen auf ihrem Synodalen Weg alles durchgehen zu lassen. Schon der Brief der Kardinäle Pietro Parolin, Luis Ladaria und Marc Ouellet an die fünf deutschen Bischöfe, die ihre Schwierigkeiten mit dem Synodalen Ausschuss hatten, war klar und deutlich. Mit dem Liturgiepräfekten Arthur Roche hat sich nach Abschluss des Synodalen Wegs ein vierter Kurienkardinal eingeschaltet und mit seinem Ende März bekannt gewordenen Brief an Bischöfe Georg Bätzing klargestellt, dass weltkirchliche Regelungen zu Predigt und Taufe durch Laien auch in Deutschland weiterhin gültig und damit verpflichtend bleiben. Und bei den Stimmungsträgern des Synodalen Wegs ist man nicht mehr gewillt, sich von „Rom“ noch irgendetwas sagen zu lassen.

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Anders katholisch

Bischof Bätzing hat der vom Papst angenommene Rücktritt des Osnabrücker Bischöfe Franz-Josef Bode wegen skandalöser Missachtung der Missbrauchsopfer und Nichtbefolgen der elementarsten Regeln im Umgang mit schuldig gewordenen Klerikern kalt erwischt. Bode war stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenzen, aber auch Vizepräsident des Synodalen Wegs. Da nimmt man den Mund nicht mehr allzu voll.

Aber für Bätzing erklärte das Netzwerk „Maria 2.0“ zu dem Brief des vatikanischen Liturgiepräfekten, dass es für die allermeisten Katholikinnen und Katholiken ein Zurück zum „Wie es war“ nicht mehr geben wird. Vielleicht komme man nun zu dem Ergebnis, „dass die katholische Kirche in Deutschland ihren eigenen Weg gehen muss.“ Man wolle zwar keine neue Kirche gründen, aber, wie die Gruppe gegenüber „katholisch.de“ verlauten ließ, eben anders katholisch, das heißt nicht mehr römisch sein: „Dazu gehört, dass wir uns nicht mehr den Vorgaben aus Rom unterwerfen wollen, sondern eine Theologie fordern, die allen Menschen gerecht wird: Gleiche Würde, gleiche Rechte.“ Auf dieser Basis solle die katholische Kirche in Deutschland selbstbewusst Reformen umsetzen und aufhören, „Rom zu fragen, ob man Fragen stellen darf“.

Keine Überraschung 

Der Synodale Weg endete also genau so, wie man erwarten musste. Auf den Synodalversammlungen zogen die Strategen und die Mehrheit der Delegierten mit allen bewährten Mitteln einer parteitagsähnlichen Beschlussfassung und manchen Drohungen in die Richtung der Bischöfe Minderheit die Agenda durch, die sich die Protagonisten des Synodalen Wegs von Anfang an zurecht gelegt hatten. Nur der abgelehnte Grundtext zur neuen Sexualmoral auf der vierten Synodalversammlung war ein Betriebsunfall, den man glattpolierte, indem man die dazu gehörenden Handlungstexte am Ende dann doch durchgewunken hat.

Rom zeigt nun einige rote Linien auf, die der Synodale Weg nicht überschreiten kann und die die Bischöfe, wenn sie treu zum Papst und zur Weltkirche stehen, nicht überschreiten dürfen. Und die Mehrheit der deutschen Synodalen reagiert mit Trotz – oder verabschiedet sich enttäuscht in die innere Emigration. In einigen Diözesen – wie Limburg, Essen oder Osnabrück – verstößt man jetzt offen gegen die weltkirchliche Praxis.

Der vorhergesagte Flickenteppich der deutschen Bistumskarte zeichnet sich schon ab. Und wenn Papst und Vatikan dann die Konsequenzen ziehen, stehen die „Römer“ wieder als Buhmann da – und nicht die deutschen Mehrheits-Bischöfe, die das alles kommen sahen. Es wird eine Generation von Amtsträgern brauchen, bis die Kirche in Deutschland wieder eine kräftige Riege von Bischöfe hat, mit denen man glaubhaft – untereinander geeint und eins mit der Weltkirche – in die Gesellschaft hineinwirken kann.

In Eigenrotation

Denn das ist das eigentliche Drama, das sich zurzeit im Lande Luthers vollzieht: Die Amtskirche beschäftigt sich nur mit sich selbst, während der christliche Humus, auf dem das Grundgesetz und die bürgerliche Ordnung Deutschlands noch einigermaßen ruhen, dringend katholische Querstützen bräuchte. Ein rot-gelb-grüne Regierung will den Schutz des ungeborenen Lebens endgültig beseitigen, das traditionelle Familienmodell auflösen, alles gendern und dem assistierten Suizid den gesetzlichen Boden bereiten, wovon auch die Kirche betroffen sein wird, da sie Träger vieler Krankenhäuser und Einrichtungen für alte Menschen ist.

Statt mit diesen Trägern die Stimme zu erheben, wie ein humaner Umgang mit dem Ende des Lebens aussehen kann, tun die Bischöfe alles, damit es unter ihrem Personal genauso zugeht wie in jeder anderen staatlichen Firma. Das unterscheidend Christliche ist von der deutschen Amtskirche, die sich so inbrünstig auf den Synodalen Weg begeben hat, nicht mehr zu hören. Deutschland ist ein freies Land und die katholische Stimme der Hirten und engagierten Laien würde gehört – und vielleicht auch erwartet. Doch die haben sich synodal ins Abseits verabschiedet.

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