Nach den Landtagswahlen in Thüringen spricht der katholische Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr von einer großen Herausforderung für Politiker und Wähler. Das Wahlergebnis zeige eine deutliche Polarisierung der thüringischen Gesellschaft. Wie unter den gegebenen Umständen eine neue Landesregierung gebildet werden könne, sei offen, so Neymeyr in einer Mitteilung.
"Jetzt ist nicht die Stunde für
persönliche oder parteiliche Machtspiele"
Erfurts katholischer Bischof Ulrich Neymeyr
Die politisch Verantwortlich ruft der Erfurter Bischof dazu auf, die Interessen Thüringens in den Mittelpunkt zu stellen. „Jetzt ist nicht die Stunde für persönliche oder parteiliche Machtspiele.“ Gleichzeitig appelliert er auch an die Wähler: Komplizierte Verhältnisse in einer Demokratie wie jetzt in Thüringen würden von Populisten gerne genutzt, um gegen das „System“ zu polemisieren. „Dagegen müssen aufrechte Demokratinnen und Demokraten aufstehen und unsere Werte verteidigen: am Stammtisch, im Freundeskreis, am Arbeitsplatz und wo auch immer populistische Phrasen gedrechselt werden.“
Als Mittel, um tragfähige Lösungen für die anstehenden Probleme zu finden, empfieht Bischof Neymeyr ein „waches Interesse für die politische Alltagsarbeit“. Zuem sei es eine Selbstverständlichkeit, den politischen Gegner zu achten, selbst wenn man anderer Meinung sei. „Das hilft auch, der offensichtlichen Spaltung der Gesellschaft entgegenzuarbeiten.“
Landesbischof Kramer vom Wahlausgang nicht überrascht
Der Landesbischof der evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Friedrich Kramer, erklärte, er sei nicht überrascht vom Wahlausgang. Gleichzeitig warnte er davor, das starke Abschneiden der AfD als reine Protesthaltung oder politische Unreife abzutun. „Es handelt sich hier um manifeste politische Grundüberzeugungen. Wohin solche Überzeugungen in einem Klima von gewaltsamer Sprache und Hass führen können, haben uns die Ereignisse in Halle gezeigt.“
Die Regierungsbildung, so Landesbischof Kramer weiter, werde nicht einfach und stelle die Parteien womöglich vor neue demokratische Konstellationen und Herausforderungen. Man werde den Kompromiss noch stärker als wichtige Form der politischen Arbeit schätzen dürfen „anstatt ihn als Niederlage zu verstehen“.
Linke mit 31 Prozent erstmals stärkste Kraft
Bei der Thüringer Landtagswahl am Sonntag ist die Linke mit 31 Prozent erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland geworden. Die AfD ist auf 23,4 Prozent gekommen und hat damit über zehn Prozentpunkte zugelegt. Die CDU hat rund 11 Prozentpunkte verloren und 21,8 Prozent erreicht. Die SPD ist auf 8,2 Prozent gekommen, die Grünen auf 5,2 Prozent, die FDP auf fünf Prozent. Insgesamt hat die Landtagswahl Linkspartei und AfD gestärkt.
DT/mlu