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Tauber und zu Guttenberg rütteln an der Brandmauer

Die Lage der Union im Osten ist bescheiden. Nun mahnen die beiden ehemaligen Unions-Generalsekretäre, den Umgang mit der AfD zu überdenken.
Peter Tauber auf dem CDU-Parteitag 2015
Foto: imago stock&people (imago stock&people) | Schwierige Navigation durch historische Zeiten? 2015, als dieses Bild Taubers (damals Generalsekretär) auf dem CDU-Parteitag entstand, wurden einige der Entscheidungen getroffen, die auch jetzt noch Nachwirkungen haben.

Bröckelt die „Brandmauer“ in der Union? Zumindest mehren sich die Stimmen aus der Parteiprominenz, die das Verhältnis zur AfD überdenken wollen. Zu diesen gehören nun auch die ehemaligen Generalsekretäre Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Peter Tauber (CDU).

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Gegenüber dem „Stern“ sagte Tauber, die „derzeitige Stigmatisierung“ helfe der AfD nur. Man dürfe nicht jedes Thema „in Abhängigkeit von der AfD debattieren“. Stattdessen möge seine Partei „über eine neue Politik der roten Linien nachdenken, die es dann aber auch erlaubt, Beschlüsse zu fassen, denen die AfD zustimmt“. Er halte einen anderen Umgang für „staatspolitisch notwendig“. In Ostdeutschland fühlten sich „die Leute zunehmend an die Blockbildung zu DDR-Zeiten erinnert“, so Tauber.

Ebenfalls gegenüber dem „Stern“ sagte zu Guttenberg, eine „Entzauberung“ gelinge „nicht durch Boykott“. Als „Plan B“ angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland – 2026 wird in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern gewählt – empfiehlt der ehemalige Verteidigungsminister, sich auch über Minderheitsregierungen Gedanken zu machen.

Gilt „keine Zusammenarbeit, keine Duldung, gar nichts“ noch?

Schon seit Längerem vertritt der ehemalige Vorsitzende der CDU-Grundwertekommission, Andreas Rödder, genau diese Meinung. Nachdem er sich 2023 für CDU-geführte Minderheitsregierungen ausgesprochen und dafür aus seiner Partei heftig kritisiert worden war, trat er von seiner Position als Vorsitzender der Grundwertekommission zurück. Nun legt auch er im „Stern“ nach: Je höher man die Brandmauer gezogen habe, desto stärker sei die AfD geworden. Es brauche also eine „konditionierte Gesprächsbereitschaft diesseits der ‚Brandmauer‘“. Es sei einen Versuch wert, so der Historiker, das Gespräch zu suchen, wenn „die AfD rote Linien einhält und sich klar von rechtsextremen Positionen und Figuren abgrenzt“.

Insbesondere Taubers Wortmeldung überrascht Beobachter, galt Tauber als langjähriger Generalsekretär unter der Kanzlerin Angela Merkel doch eher als loyaler Vollstrecker denn als unbequemer Vordenker. Die Parteilinie jedenfalls lautet derzeit nach wie vor „keine Zusammenarbeit, keine Duldung, gar nichts“ – diese Parole hatte Merz ausgerufen, nachdem er Ende Januar zunächst eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD im Bundestag gewagt hatte, in der entscheidenden Abstimmung aber verloren hatte und in diesem Zusammenhang heftig kritisiert worden war.

Für Sven Schulze wird es schwierig

Für die CDU ist die klare Ablehnung der Zusammenarbeit politisch immer schwerer durchzuhalten, da gerade im Osten die Mehrheitsverhältnisse häufig eine Zusammenarbeit entweder mit der Linkspartei oder der AfD erfordern. So benötigt beispielsweise in Thüringen die „Brombeer-Koalition“ aus CDU, SPD und BSW mindestens eine Stimme der Linkspartei, um Gesetze zu beschließen. Die Zusammenarbeit mit der AfD wurde im Koalitionsvertrag ausgeschlossen. Die CDU hat in der Vergangenheit sowohl hinsichtlich der AfD als auch zur Linken Unvereinbarkeitsbeschlüsse gefasst.

Die Frage des Umgangs mit der AfD will CDU-Parteichef Friedrich Merz nun am kommenden Wochenende auf einer Fraktionsklausur besprechen; dies gab der Kanzler bereits in einem Interview mit dem MDR anlässlich des Tags der Deutschen Einheit im MDR bekannt. Dabei sein soll auch Sven Schulze, der als CDU-Spitzenkandidat in die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gehen soll und gerne Langzeit-Ministerpräsident Rainer Haseloff beerben würde. Schulze sieht sich in der unangenehmen Lage gegenüber, dass die AfD in der letzten INSA-Umfrage bei 40 Prozent steht, während die CDU bei 26 Prozent herumdümpelt. Der derzeitige Haseloff-Koalitionspartner SPD steht bei sechs Prozent, die FDP, die ebenfalls noch an der Regierung beteiligt ist, liegt bei drei Prozent. Eine Mehrheitskoalition ohne AfD und Linke (11 Prozent) scheint also unerreichbar. (DT/jra)

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