Israel hat Donald Trump am Montag gefeiert, und das zu Recht: Es war der US-Präsident, der nach seiner Rede bei der UN-Generalversammlung endlich Führungsstärke gezeigt und eine Alternative zum Krieg im Gazastreifen erzwungen hat. Die Heimkehr der 20 noch lebenden israelischen Geiseln, die Beendigung des Sterbens und der Zerstörungen in Gaza sind eine Frucht dieser Bemühungen. Dafür wurde Trump in der Knesset, auf den Straßen Israels und im Gazastreifen bejubelt. Doch Trumps fataler Hang zu Superlativen und die völlig überzogenen Erwartungen, die seine Rhetorik befeuert, ziehen einen gewaltigen politischen Erfolg ins Lächerliche.
Denn schon wenige Stunden nach Trumps Auftritten in Israel und Ägypten war klar: Noch ist kein „goldenes Zeitalter“, kein „historisches Morgengrauen eines neuen Nahen Ostens“, kein „Zeitalter von Glauben, Hoffnung und Wohlstand“ oder gar „dauerhafte Harmonie“ angebrochen. Im Zusammenspiel mit Katar, Ägypten und der Türkei hat Trump den zweijährigen Krieg gestoppt, die Geiseln nach Hause gebracht und der Diplomatie eine neue Chance eröffnet. Damit hat er bewiesen, dass ohne Washington in Nahost gar nichts läuft, dass die USA eine weltpolitische Schlüsselrolle spielen und dass er als US-Präsident die Interessen Israels wie der arabischen Partner Amerikas im Blick haben kann. Erst als sich Trump aus der bedingungslosen Loyalität zum Kriegskurs der Regierung Netanjahu löste und das Gespräch mit Katar, Ägypten, Jordanien und der Türkei suchte, wurde der Weg zum 20-Punkte-Plan frei. Erreicht wurde damit ein Waffenstillstand, aber noch kein stabiler Frieden. Dafür sind die Machtverhältnisse, Interessen und Ziele in Nahost zu komplex.
Die Hamas will ihre Waffen nicht abgeben
Klar ist auch für die arabischen Nachbarn Israels, dass die Hamas entmachtet und entwaffnet werden muss, und nur die muslimischen Friedenspartner Trumps können das mit viel Hartnäckigkeit erzwingen. Die Berichte über Schießereien, Racheakte und gezielte Hinrichtungen im Gazastreifen belegen, dass die Hamas vielleicht die administrative Kontrolle, nicht aber ihre Waffen abzugeben bereit ist. Es braucht aber beides, damit (wie im Friedensplan vorgesehen) eine unpolitische, technokratische palästinensische Verwaltung unter internationaler Aufsicht den Gazastreifen übernehmen und ordnen kann. Solange die Hamas auch nur die geringste Rolle spielt, wird weder die israelische Gesellschaft noch die arabische Nachbarschaft oder der Kreis möglicher Investoren auf eine friedliche Zukunft in dem Küstenstreifen wetten wollen. Eine „deradikalisierte terrorfreie Zone, die keine Gefahr für seine Nachbarn darstellt“ (so der Friedensplan) ist mit der Hamas nicht zu machen. Hier sind nun Katar, Ägypten und die Türkei gefordert.
Doch selbst wenn die Signatarstaaten des Friedensplans sich bei der Neuordnung des Gazastreifens durchsetzen, ist der nahöstliche Knoten noch nicht gelöst: Was wird aus dem Westjordanland, das von der Palästinensischen Autonomiebehörde schlecht verwaltet und von israelischen Siedlern mehr und mehr zerstückelt wird? Auch diese Frage harrt einer internationalen Antwort, weil die lokalen Akteure keinen Ausweg finden. Ohne eine Befriedung des Gazastreifens und eine Reform des Westjordanlandes ist der Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung, wie sie vom Heiligen Stuhl über die Europäische Union bis zu den USA gefordert wird, undenkbar.
Jordaniens König Abdullah II. meinte gegenüber dem Sender BBC, ohne diesen Prozess sei der Nahe Osten zum Untergang verdammt: „Wenn wir dieses Problem nicht lösen, wenn wir keine Zukunft finden für Israelis und Palästinenser und eine Beziehung zwischen der arabischen, muslimischen Welt und Israel, sind wir dem Untergang geweiht.“ Das Abkommen, das Trump zustande brachte und die ersten umgesetzten Schritte sind, wie Papst Leo XIV. treffend formulierte, ein Hoffnungsfunke. Und jedenfalls eine starke Motivation, das jetzt geöffnete Zeitfenster der Diplomatie zu nutzen.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.