Am Freitag stimmt der Bundestag über drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht ab. Auch die umstrittene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf steht trotz zahlreicher Proteste und Vorbehalte aus Politik und Gesellschaft weiterhin auf der Kandidatenliste. Darüber zeigte sich auch Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) besorgt. In einem Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur (KNA) sagte sie am Donnerstag: „Dass eine Kandidatin für das Amt der Bundesverfassungsrichterin öffentlich erklärt, es gebe ,gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt', beunruhigt mich sehr." Sie würde diese Kandidatin aufgrund dieser Aussage nicht wählen können.
Stetter-Karp kündigte an, sie werde der Entscheidung „große Aufmerksamkeit widmen, gibt sie doch ein Zeichen für die Zukunft in unserem Land“. Menschliches Leben sei „Leben von Anfang an!“, betonte sie. „Es ist inakzeptabel, ihm in seinen neun Monaten im Mutterleib keine Menschenwürde zuzusprechen.“
Große Vorbehalte aus Kirche und Gesellschaft
Seit Tagen gibt es bereits Proteste gegen die von der SPD vorgeschlagene Kandidatin Brosius-Gersdorf. Die Bischöfe Stefan Oster aus Passau und Rudolf Voderholzer aus Regensburg hatten am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme erklärt: „Wer die Ansicht vertritt, dass der Embryo oder der Fötus im Mutterleib noch keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe als der Mensch nach der Geburt, vollzieht einen radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung."
Zudem haben 100.000 Bürger eine Petition gegen die Wahl von Brosius-Gersdorf unterzeichnet. Lebensrechtsinitiativen haben Demonstrationen für Freitag angekündigt. Selbst die Union steht nicht geschlossen hinter der SPD-Kandidatin. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erklärte dagegen in der Bundestagsdebatte am Mittwoch, es mit seinem Gewissen vereinbaren zu können, eine Kandidatin zu wählen, die die Würde des Menschen in Frage stellt — und damit Menschenwürde von Menschenrechten trennt.
Brosius-Gersdorf ist kein unbeschriebenes Blatt in der Abtreibungsdebatte. Sie war bereits stellvertretende Koordinatorin in einer von der vorherigen Bundesregierung eingerichteten Kommission, die eine mögliche Liberalisierung der Abtreibungsregelung prüfen sollte. DT/dsc
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