In der Frage des Frauendiakonats ist auch die Studiengruppe, die noch Papst Franziskus im Zuge der Doppelsynode zur Synodalität eingesetzt hatte, zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Es handelte sich um die fünfte von insgesamt zehn Studienkommissionen – die Papst Leo um zwei weitere ergänzt hat –, die unter dem Generalthema „Einige theologische und kanonistische Fragen zu bestimmten Formen des Dienstes“ vor allem die Rolle der Frau in Leitungsämtern der Kirche vertiefen sollte.
Am Donnerstag hat der Vatikan ein Schreiben von Kardinal Giuseppe Petrocchi an Papst Leo veröffentlicht, der als Präsident der Studiengruppe unterzeichnet und in einer abschließenden Zusammenfassung seines Briefs schreibt, dass es zwei „theologische Orientierungen“ gebe, die bei der Frage des Frauendiakonats zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen: „Die eine Richtung beharrt auf der Behauptung, dass die Diakonweihe ,ad ministerium‘ (für den Dienst, A.d.R.) und nicht ,ad sacerdotium‘ (für das Priestertum, A.d.R.) sei: Dieser Sichtweise“, schreibt der Kardinal, „würde den Weg für die Weihe von Diakoninnen ebnen. Die andere Richtung hingegen beharrt auf der Einheit des Weihesakraments zusammen mit der bräutlichen Bedeutung der drei Stufen, aus denen es besteht, und lehnt die Hypothese des weiblichen Diakonats ab: Sie weist außerdem darauf hin, dass dann, wenn die Zulassung von Frauen zur ersten Stufe der Weihe genehmigt würde, der Ausschluss von den anderen Stufen unerklärlich wäre.“
Expertenmeinungen gehen auseinander
Kardinal Giuseppe Petrocchi war bis Sommer dieses Jahres Erzbischof von Aquila, gehört mehreren vatikanischen Dikasterien an, leitete ab April 2020 die zweite, von Franziskus eingerichtete Studienkommission zum Frauendiakonat – nachdem eine erste Kommission nach drei Jahren Arbeit von 2016 bis 2019 zu demselben Thema zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen war.
Jetzt war Petrocchi Präsident der Studiengruppe Nummer fünf zu den Dienstämtern, die Franziskus im März 2024 zusammen mit neun weiteren Gruppen einberufen hatte. Diese fünfte Gruppe hat jetzt im Laufe ihrer Beratungen über drei Fragen abgestimmt: „Ich bin nicht dafür, dass in der Kirche das Diakonat für Frauen als dritten Grad der Weihe eingeführt wird.“
Petrocchi teilt dem Papst das Ergebnis mit: Vier dafür, fünf dagegen, eine Enthaltung. Die zweite Frage: „Ich bin im Augenblick eher nicht dafür, in der Kirche das Diakonat für Frauen als dritte Stufe der heiligen Weihe einzuführen. Diese Einschätzung basiert auf den bisher gewonnenen historischen und theologischen Erkenntnissen, ohne spätere Entwicklungen in dieser Frage auszuschließen.“ Das Ergebnis: Vier dafür, fünf dagegen, eine Enthaltung. Schließlich die dritte Frage: „Ich befürworte die Einführung des Diakonats für Frauen in der heutigen Kirche als dritte Stufe der Weihe.“ Das Ergebnis: Zwei dafür, sechs dagegen, zwei Enthaltungen. Damit ist die Expertengruppe zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen.
Zu einer Patt-Situation kam es in der Studiengruppe auch bei einer Sitzung im Februar 2025. Laut Petrocchi stand folgender Satz zur Abstimmung: „Das Mann-Sein Christi und folglich auch das Mann-Sein derer, die die Weihe erhalten, ist nicht zufällig, sondern integraler Bestandteil der sakramentalen Identität, die die göttliche Ordnung des durch Christus gewirkten Heils bewahrt. Diese Wirklichkeit zu ändern, wäre nicht bloß eine Anpassung des Dienstamtes, sondern ein Bruch mit der brauthaften Bedeutung des Heils.“ Fünf der Experten waren dafür, fünf dagegen.
Mehr Ämter für Frauen
Dennoch konnte sich die jüngste Studiengruppe – bei neun Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und keiner Enthaltung – weitgehend auf eine Aussage einigen. Petrocchi zufolge habe man mehrheitlich folgender Empfehlung zugestimmt: Es sei „heute angebracht, den Zugang von Frauen zu den für den Dienst an der Gemeinschaft geschaffenen Ämtern zu erweitern. Die beiden Motu proprio ,Spiritus Domini‘ und ,Antiquum ministerium‘ von Papst Franziskus bestätigen zwar die Aussagen des Apostolischen Schreibens ,Ordinatio Sacerdotalis‘ von Johannes Paul II., gehen aber in diese Richtung. Es ist nun Aufgabe der Hirten, zu beurteilen, welche weiteren Ämter für die konkreten Bedürfnisse der Kirche unserer Zeit eingeführt werden können, um so auch eine angemessene kirchliche Anerkennung des Diakonats der Getauften, insbesondere der Frauen, zu gewährleisten. Diese Anerkennung wird ein prophetisches Zeichen sein, insbesondere dort, wo Frauen noch immer unter geschlechtsspezifischer Diskriminierung leiden.“
Das Lehramt muss entscheiden
Petrocchi fasst die Debatte in seiner Gruppe in seinem Brief an Papst Leo zusammen: „Die Fragen im Zusammenhang mit der Diakonatsweihe von Frauen bleiben also offen für weitere theologische und pastorale Untersuchungen, wobei der Grundsatz der ,communio hierarchica‘ gilt, der die endgültige Entscheidung über diese Fragen dem Lehramt der Kirche überlässt, das eine maßgebliche Antwort auf die Fragen in bestimmten Teilen des Volkes Gottes zu geben hat.“
Die Experten haben ihre Arbeit erledigt, so lässt sich dieser Satz verstehen, und jetzt sei es Sache des ordentlichen Lehramts und damit letztlich des Papstes, eine abschließende Klärung herbeizuführen. Dass der Vatikan den Schlussbericht von Kardinal Petrocchi überhaupt veröffentlicht hat, ist ein bemerkenswerter Akt der Transparenz. Die Studiengruppe zu den Dienstämtern und vor allem zum Frauendiakonat hätte ihren Bericht auch direkt, ohne den Weg über die Öffentlichkeit, an den Papst weiterleiten können. So weiß nun jeder, auch jeder der Kardinäle der Weltkirche, die am 7. Januar mit Leo XIV. zu einem Konsistorium zusammenkommen werden, welch letzten Stand die „römischen“ Überlegungen zur Frage des Frauendiakonats erreicht haben.
Zudem macht die Veröffentlichung des Briefs Petrocchis deutlich, dass Papst und Vatikan dieser Frage nicht ausweichen und die Beratungen weiter vorantreiben wollen.
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