Der Sieg der SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger ist vor allem ein Sieg der bisherigen saarländischen Wirtschaftsministerin. Natürlich gibt eine absolute Mehrheit den Sozialdemokraten im Bund Rückenwind. Und natürlich ist die krachende Niederlage von Tobias Hans ein Dämpfer für die Bundes-CDU, aber verloren hat diese Wahl nicht Friedrich Merz, sondern der saarländische Ministerpräsident. Kein Charisma, eher Funktionär als Macher – Hans konnte mit keinem Amtsbonus punkten. Anke Rehlinger hingegen wirkt bodenständig, kommunikativ, nah bei den Leuten – das ist Politik im Stil von Annegret Kramp-Karrenbauer. Die Sozialdemokratin ist im Grunde eine AKK2.0. Ihr Sieg markiert keinen Bruch mit der bisherigen saarländischen Politik, schließlich saß Rehlinger bisher als Wirtschaftsministerin mit am Kabinettstisch. Diese Wirtschaftskompetenz zusammen mit dem Persönlichkeitsfaktor war für die Wähler entscheidend.
Bitter für die CDU
Für die Saar-CDU ist dieses Ergebnis deswegen besonders bitter, weil das Saarland ein strukturkonservatives Bundesland ist. Das steht nicht im Widerspruch zu einer sozialdemokratischen Grundstimmung in dem Industrieland. Denn auch die Saar-CDU ist von ihrer Wirtschaftspolitik her eine sozialdemokratische Partei, nur eben mit einem christlich-sozialen Profil in der Gesellschaftspolitik. Bei AKK wurde das noch deutlich. Etwa wenn sie gegen die „Ehe für alle“ ins Feld zog oder sich publikumswirksam in Büttenreden in im Saarland wichtigen Karneval über den Gender-Wahn lustig machte. Fällt aber wie bei Tobias Hans diese Dosis von Sozialkonservativismus gepaart mit Volkstümlichkeit weg, gibt es für die Wähler keinen Grund, bei der Auswahl zwischen zwei sozialdemokratischen Parteien nicht für das Original zu stimmen.
Alte SPD- Schule
Zumal Rehlinger keine linke Identitätspolitikerin ist, sondern für solide SPD-Politik alter Schule steht. Etwas langweilig zwar, aber eben auch berechenbar und verlässlich. Das erklärt die Wanderung vieler älterer Wähler von der CDU zur SPD. Und da zeigt sich dann, warum die CDU das Ergebnis in Saarbrücken doch nicht vorschnell zu den Akten legen sollte: Der Partei fehlt es an den alten christ-sozialen Haudegen, an einem Norbert Blüm oder eben auch einer Annegret Kramp-Karrenbauer. Friedrich Merz zielt mit seinem Profil sicher auf den Kern der CDU-Wählerschaft ab. Aber als Volkspartei müssen die Christdemokraten, wenn sie flächendeckend erfolgreich sein wollen, auch den christlich-sozialen Flügel wieder stärken.
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