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„Recht“ auf Abtreibung: Demokraten scheitern im Senat

Wie erwartet scheitern die Demokraten dabei, „Roe vs. Wade“ in ein bundesweites Gesetz umzuwandeln. Dass das Urteil kippt, wird indes immer wahrscheinlicher.
Demokraten verlieren Abstimmung im Senat
Foto: IMAGO/Rod Lamkey (www.imago-images.de) | Der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, hier zu sehen mit der Senatorin Patty Murray, gab sich kämpferisch: „Wählt mehr abtreibungsbefürwortende Demokraten, wenn ihr die Freiheit der Frau und das ...

Die US-Demokraten haben am Mittwoch im Senat bei ihrem Versuch, per Gesetz ein bundesweites „Recht“ auf Abtreibung festzuschreiben, die erwartete Niederlage erlitten. Nur 49 der 100 Senatoren stimmten für den sogenannten „Women’s Health Protection Act“, der das umstrittene Grundsatzurteil „Roe vs. Wade“ aus dem Jahr 1973 gesetzlich verankert hätte, 51 stimmten dagegen. Um den Gesetzesentwurf zu verabschieden wäre eine Mehrheit von 60 Stimmen notwendig gewesen.

Keine geschlossene Unterstützung bei den Demokraten

Die 50 republikanischen Senatoren stimmten geschlossen gegen das Gesetz, von den Demokraten votierte nur der Senator aus West Virginia, Joe Manchin, dagegen. Der 74-Jährige ist bekannt dafür, der Parteilinie der Demokraten in einigen strittigen Themen nicht zu folgen und bei Abstimmungen im Senat nicht immer mit den Parteikollegen zu stimmen. Manchin begründete sein Veto damit, dass das Gesetzesvorhaben „zu umfassend“ angelegt sei und darüber hinausgehe, lediglich „Roe vs. Wade“ in ein bundesweites Gesetz umzuwandeln.

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Tatsächlich sieht der „Women’s Health Protection Act“ vor, eine ganze Reihe von Restriktionen zu verbieten, die den Zugang zu Abtreibungen in einigen Bundesstaaten seit 1973 zumindest einschränken. Der Gesetzesentwurf, in dem Abtreibung als ein „Menschenrecht“ betrachtet wird, hätte Ärzte und auch Krankenhäuser in religiöser Trägerschaft dazu verpflichtet, Abtreibungen gegen ihren Willen vorzunehmen.

Der amtierende US-Präsident Joe Biden, der Abtreibungen eigener Aussage nach als Privatmann ablehnt, als Politiker jedoch ein „Recht“ auf Abtreibung unterstützt, gab den Republikanern in einer Stellungnahme die Verantwortung, den US-Bürgerinnen ihr Recht zu verwehren, „die äußerst persönliche Entscheidung über ihren Körper, ihre Familie und ihr Leben zu treffen“. Zudem betonte Biden, dass der Oberste Gerichtshof „fundamentale Rechte“ aufs Spiel setze. Damit bezog sich der US-Präsident auf den in der vergangenen Woche an die Medien durchgestochenen Entwurf einer Urteilsschrift, mit der das Gericht „Roe vs. Wade“ kippen würde, sollte das Urteil tatsächlich so erlassen werden. Jüngsten Berichten des US-Portals „Politico“ zufolge gibt es derzeit keinen anderen Entwurf für eine Urteilsschrift. Zwar datiert das zuletzt veröffentlichte Dokument bereits auf den 10. Februar. Jedoch soll keiner der fünf Richter, die sich der in dem Text skizzierten Meinung angeschlossen haben, seitdem von seiner Position abgerückt sein.

Biden gibt sich kämpferisch

Jenes Dokument war der Grund, weshalb die Demokraten im Senat die Abstimmung über den „Women’s Health Protection Act“ überhaupt erst auf die Tagesordnung setzten. Dass die Partei des Präsidenten die erforderliche Mehrheit von 60 Stimmen deutlich verfehlen würde, stand von Anfang an fest. Vielmehr ging es den Demokraten darum, die Republikaner als die Partei darzustellen, die sich gegen ein „Recht“ auf Abtreibung stellt, um dann damit bei zukünftigen Wahlen zu mobilisieren.

So gab sich auch Biden trotz der Niederlage im Senat kämpferisch und rief dazu auf, bei den im November anstehenden Zwischenwahlen „Pro-Choice“-Politiker zu wählen, „um das Recht auf Entscheidungsfreiheit zu schützen“. Die Vizepräsidentin Kamala Harris, die bei der Abstimmung in Senat anwesend war, erklärte dies ebenfalls zur „Priorität für alle, denen diese Sache wichtig ist“. Ähnlich äußerte sich auch der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer: „Wählt mehr abtreibungsbefürwortende Demokraten, wenn ihr die Freiheit der Frau und das Recht auf Entscheidungsfreiheit schützen wollt.“  

Die US-Bischöfe äußerten sich dagegen erfreut über das Ergebnis der Abstimmung. Der Vorsitzende des Lebensschutzkomitees der US-Bischöfe, Erzbischof William Lori, erklärte in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem New Yorker Kardinal Timothy Dolan, dem Vorsitzenden des Komitees für Religionsfreiheit, man sei „erleichtert“, dass das Gesetz gescheitert sei. „Mehr als 60 Millionen ungeborener Kinder haben ihr Leben bereits durch Abtreibung verloren, und unzählige Frauen leiden unter dem körperlichen und emotionalen Trauma einer Abtreibung. Dieser radikale Gesetzesentwurf würde diese tragische Bilanz noch um weitere Millionen erweitern.“

US-Bischöfe rufen zum Gebet auf

Angesichts der gewaltsamen Demonstrationen von radikalen Abtreibungsbefürwortern, die in den letzten Tagen für Schlagzeilen sorgten, riefen die US-Bischöfe für Freitag zum Gebet auf. „Für unser Land, für die Integrität unseres Gerichtssystems und dafür, dass alle Regierungszweige sich verpflichten, nach dem Gemeinwohl zu streben und die Würde und Rechte des Menschen von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod zu schützen.“ Zudem bete man dafür, dass der Oberste Gerichtshof „Roe vs. Wade“ aufhebe, und „für einen Wandel im Herzen und im Geist derjenigen, die sich für Abtreibung einsetzen“.

Lesen Sie weitere Hintergründe zur Abtreibungsdebatte in den USA in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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