Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump will die Gesetzeshoheit in der Abtreibungsfrage bei den einzelnen US-Bundesstaaten belassen. Dies erklärte der frühere Präsident am Montag in einem auf der von ihm mitbegründeten Plattform „Truth Social“ veröffentlichten Video.
Trump erinnerte an das umstrittene Grundsatzurteil „Roe v. Wade“, das der Oberste Gerichtshof der USA 2022 gekippt hatte. Seitdem könnten die Bundesstaaten im Gesetzgebungsverfahren oder mit Referenden die Rechtslage zum Thema Abtreibung bestimmen. „Was auch immer sie entscheiden, muss dann das in dem jeweiligen Staat geltende Recht sein“, so der 77-Jährige.
Auf ein nationales Abtreibungsverbot, das viele Lebensschützer in den USA fordern, ging Trump in seinem Video nicht explizit ein. Noch im Februar hatte die „New York Times“ berichtet, der ehemalige Präsident erwäge, mit der Forderung nach einem landesweiten Abtreibungsverbot nach der 16. Schwangerschaftswoche in den Wahlkampf zu ziehen.
An den Bundesstaaten, „das Richtige“ zu tun
Trump betonte, letztendlich gehe es „ausschließlich um den Willen des Volkes“. Wörtlich erklärte er: „Ihr müsst eurem Herzen folgen, oder – in vielen Fällen – eurer Religion oder eurem Glauben.“ Nun liege es an den Bundesstaaten, „das Richtige zu tun“. Unter Berufung auf den früheren republikanischen US-Präsidenten Ronald Reagan betonte er auch, er sei entschieden dafür, dass es Ausnahmen gebe, und zwar im Fall von Missbrauch, Inzest sowie wenn das Leben der Mutter in Gefahr sei.
Die Abtreibungsfrage wird bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen im November eines der entscheidenden innenpolitischen Themen darstellen. Trump, der aufgrund seiner Ernennung mehrerer konservativer Richter am Obersten Gerichtshof für sich beansprucht, maßgeblich zum Kurswechsel in der Abtreibungsgesetzgebung beigetragen zu haben, ist einerseits auch diesmal auf die Unterstützung von wertkonservativen Wählern angewiesen. Gleichzeitig müsste er aber auch innerhalb der weiblichen Wählerschaft gut abschneiden, um sich gegen seinen Konkurrenten Joe Biden durchzusetzen. Eine allzu strikte Abtreibungspolitik hat den Republikanern bei einigen Abstimmungen in den vergangenen Monaten auch Niederlagen eingebracht.
Führende Vertreter der amerikanischen Lebensrechtsbewegung äußerten sich tendenziell eher kritisch zu Trumps jüngster Positionierung. Die Präsidentin der Lobbyorganisation „Susan B. Anthony Pro-Life America“, Marjorie Dannenfelser, zeigte sich „schwer enttäuscht“. Wenn Trump sage, das Thema liege wieder bei den Bundesstaaten, „überlässt er die landesweite Debatte den Demokraten, die unermüdlich darauf hinarbeiten, Gesetze zu verabschieden, die Abtreibungen in allen neun Monaten einer Schwangerschaft erlauben“. Ungeborene Kinder und ihre Mütter hätten jedoch Schutzmaßnahmen und Fürsprache auf Bundesebene verdient, um gegen die „Brutalität der Abtreibungsindustrie“ anzukommen.
Lebensrechtler äußern sich tendenziell kritisch
Laut Brian Burch, dem Präsidenten der Organisation „Catholic Vote“, die Trump im Wahlkampf unterstützt, reiche es nicht aus, die Abtreibungspolitik den einzelnen Bundesstaaten zu überlassen. Gleichzeitig erklärte er sich zuversichtlich, dass in einer potenziellen zweite Trump-Regierung Lebensschützer vertreten sein würden, die dann auch Maßnahmen wie den Schutz der Gewissensfreiheit oder eine Beschränkung von mit Steuergeldern finanzierten Abtreibungen durchsetzen könnten.
Der amtierende US-Präsident Joe Biden warf Trump in einer Reaktion auf dessen Video vor, in der Abtreibungsfrage herumzulavieren. „Er hat Angst, dass die Wähler ihn 2024 abstrafen, da er dafür verantwortlich ist, dass ,Roe v. Wade‘ gekippt wurde“, hieß es in einem Statement von Bidens Wahlkampfteam, aus dem mehrere US-Medien zitieren. Amerika sei auf dem Prinzip von persönlicher Freiheit errichtet worden. „Es gibt nichts Unamerikanischeres, als uns unsere persönlichen Freiheiten wegzunehmen. Doch das ist es, was Donald Trump getan hat.“ Gleichzeitig kündigte Bidens Team in dem Statement abermals an, die unter dem Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ geltende Gesetzgebung wiederherstellen zu wollen. DT/mlu
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