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Organspende: Woelki gegen Widerspruchslösung

Die Widerspruchslösung werde der personalen Freiheit nicht gerecht, meint der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki im Vorfeld der Abstimmung zur Organspende im Bundestag. Er befürchtet, dass die Widerspruchslösung den Menschen letztlich instrumentalisiere.
Debatte um Organspende
Foto: Waltraud Grubitzsch (ZB) | Die Würde des Menschen sei auch im Sterben und sogar über den Tod hinaus unantastbar, mahnt Woelki. Die Freiheit bei dieser Entscheidung dürfe deshalb nicht beschnitten werden.

Im Vorfeld der heute im Bundestag anstehenden Abstimmung zur Organspende hat sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki gegen die sogenannte „Widerspruchslösung“ positioniert. Was für jede Spende gelte, sei in diesem Fall ganz besonders wichtig: „Die Organspende muss freiwillig sein“, erklärte Woelki in einer Stellungnahme in Köln.

Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Menschen

Eine Organentnahme erfordere schwerwiegende Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit der Person, so der Kölner Erzbischof weiter. Damit einher gehe auch ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Menschen. „Die Würde des Menschen ist aber auch im Sterben und sogar über den Tod hinaus unantastbar.“ Die Freiheit bei dieser Entscheidung dürfe deshalb nicht beschnitten werden, mahnt Woelki. „Die Widerspruchslösung wird dieser personalen Freiheit nicht gerecht.“

Darüber hinaus weise die Widerspruchslösung, die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zusammen mit dem SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach eingebracht wurde, den großen Nachteil, dass sie letztlich den Menschen instrumentalisieren könne. „Das gilt erst recht, wenn – wie vorgesehen – nicht mehr die Angehörigen entscheiden, falls der Wille des möglichen Organspenders unbekannt ist.“

"Die Organspende ist ein besonderes Zeichen
der Solidarität von Menschen untereinander,
sogar über den Tod hinaus"
Kardinal Rainer Maria Woelki

Gleichzeitig betont der Kardinal, für die freiwillige Organspende zu sein, „denn sie kann Leben retten“. Die Organspende sei ein „besonderes Zeichen der Solidarität von Menschen untereinander, sogar über den Tod hinaus“. Wer sich für die Organspende entscheide, verdiene deshalb „unser aller Hochachtung“.

Sollte der Gesetzentwurf zur Widerspruchsregelung im Bundestag eine Mehrheit finden, würde dies einen Paradigmenwechsel bedeuten. Damit wäre künftig jeder ein möglicher Organspender, der einer Organentnahme nicht ausdrücklich widersprochen hat. Die bisherige Regelung sieht vor, dass Organe nur dann entnommen werden dürfen, wenn die betroffene Person zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat, indem sie einen Organspendeausweis unterzeichnet.

Auch Werteunion gegen Widerspruchslösung

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Auch die konservative Werteunion hatte sich zuvor bereits gegen die Widerspruchslösung positioniert. Da es sich dabei um den „Übergang von der Organspende zu einer ,Organabgabepflicht’“. Da es sich bei der Bereitschaft zur Organspende um eine tiefgreifende, persönliche Entscheidung handele, müsse sie explizit geäußert werden.

Vor der heute anstehenden Abstimmung erwarten Beobachter eine engagierte Debatte, da die Reform ethisch brisant und der Ausgang bis zuletzt völlig offen ist. Der Fraktionszwang ist aufgehoben. Neben dem Vorschlag von Gesundheitsminister Spahn steht noch ein weiterer Gesetzentwurf zur Abstimmung: Der von einer Gruppe von Parlamentariern um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) eingebrachte Vorschlag hält an der derzeit geltenden Entscheidungsregelung fest, die auf die freiwillige Zustimmung der Bürger setzt. Gleichzeitig will der Entwurf aber die Auseinandersetzung der Bürger mit dem Thema forcieren und ein Register errichten, in dem diese ihre Haltung dokumentieren können.

DT/mlu

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