Mehr als drei Wochen nachdem der Oberste Gerichtshof das umstrittene Grundsatzurteil „Roe vs. Wade“ kippte und es den Bundesstaaten erlaubte, eigene Abtreibungsgesetze zu erlassen, versuchen die US-Demokraten, mit weitegehend symbolischen Maßnahmen ein vermeintliches „Recht“ auf Abtreibung sicherzustellen.
Für Abtreibung Reisen in andere Bundesstaaten ermöglichen
Im Repräsentantenhaus verabschiedeten die Demokraten vergangenen Freitag den sogenannten „Ensuring Access to Abortion Act“. Damit will die Präsidentenpartei, die in der unteren Parlamentskammer über eine Mehrheit verfügt, Frauen vor Strafverfolgung schützen, wenn sie in einen anderen Bundesstaat reisen, um dort eine Abtreibung vorzunehmen. Hintergrund ist, dass einige konservative Staaten, in denen Abtreibungen seit dem neuen Grundsatzurteil weitgehend oder komplett verboten sind, Gesetze planen, die solche Reisen verbieten würden. Zudem soll der Gesetzentwurf der Demokraten sicherstellen, dass chemische Abtreibungspräparate, die von der US-Gesundheitsbehörde FDA zugelassen wurden, ohne Einschränkungen über Staatsgrenzen hinweg verschickt werden können.
Die Abstimmung über den Gesetzentwurf fiel weitestgehend entlang der Parteigrenzen aus. Nur drei Republikaner stimmten mit den Demokraten für das Gesetz, darunter Adam Kinzinger, Abgeordneter aus Illinois, dem auch mögliche Aspirationen auf eine Präsidentschaftskandidatur 2024 nachgesagt werden. Führende US-Lebensschützer kritisierten allerdings, die im „Ensuring Access to Abortion Act“ enthaltenen Maßnahmen würden Frauen eher gefährden als schützen, da diese leichter Abtreibungspräparate einnehmen könnten, ohne ärztlich untersucht worden zu sein.
Alle Republikaner stimmen dagegen
Zudem verabschiedeten die Demokraten im Repräsentantenhaus bereits zum dritten Mal den sogenannten „Women’s Health Protection Act“. Dieser sieht vor, die unter „Roe vs. Wade“ gültige Rechtslage in einem bundesweiten Gesetz zu verankern und Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Mutterleibs landesweit zu erlauben. Bislang scheiterte das Gesetz stets im Senat. Kritiker führen immer wieder an, dass der „Women’s Health Protection Act“ weit über das unter „Roe“ erlaubte hinausgehe. So könnten beispielsweise auch Ärzte, die Abtreibung aus Glaubens- oder Gewissensgründen ablehnen, gezwungen werden, Abtreibungen durchzuführen. Darüber hinaus würde das Gesetz einige weitere Einschränkungen abschaffen. Die Demokraten stimmten fast geschlossen für das Gesetz, alle Republikaner stimmten dagegen.
Beide Gesetzentwürfe haben angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Senat keine Aussicht auf Erfolg. Die Demokraten stellen 50 der 100 Senatoren und verfügen damit zwar über eine knappe Mehrheit, da Vizepräsidentin Kamala Harris im Falle eines Patts die entscheidende Stimme abgeben kann. Jedoch wären 60 Stimmen nötig, um die Debatte über einen Gesetzentwurf zu beenden, ehe dieser zur finalen Abstimmung freigegeben werden kann. Davon sind die Demokraten derzeit weit entfernt.
Die Kongresswahlen im November können jedoch neue Mehrheitsverhältnisse hervorbringen. Beide Seiten, Demokraten wie Republikaner, erwarten sich von dem neuen Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs einen Mobilisierungsschub für die eigene Wählerschaft. DT/mlu
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