Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Zunehmende Unterdrückung

Indiens Christen suchen Hilfe

Der Staat spielt die wachsende Gewalt militanter Hindu-Fanatiker gegen Kirchen und Gläubige herunter. Ein Papstbesuch ist nicht in Sicht.
Indiens Premier Narendra Modi
Foto: IMAGO/ANI (www.imago-images.de) | Indiens Premier Narendra Modi von der hindu-nationalistischen Regierungspartei BJP gehört zu den Scharfmachern gegen religiöse Minderheiten.

Indiens Regierung beschuldigt die Christen des Landes, ein falsches Bild zu zeichnen und falsche Anschuldigungen über Angriffe auf 
Kirchen und Gläubige zu erheben. Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Zahlen über rund 500 Gewalttaten gegen Christen in Indien seien falsch, sagte Generalstaatsanwalt Tushar Mehta. Die Botschaft, Christen seien in Indien in Gefahr, sei nicht korrekt.

598 gewaltsame Übergriffe gegen Christen

Die Organisation "United Christian Forum" hat im Vorjahr 598 gewaltsame Übergriffe gegen Christen in 21 der 28 Bundesstaaten dokumentiert. Im ersten Quartal dieses Jahres sind 187 "glaubensbasierte" Gewalttaten registriert worden: Einschüchterungen, sexuelle Gewalt, brutale Übergriffe und Vandalismus in Kirchen. Kirchenführer sagen, die Polizei weigere sich oft, Angriffe auf Christen zu registrieren. Laut der asiatischen Agentur "Ucanews" hat Indiens Präsidentin Droupadi Murmu den Kirchen Unterstützung im Kampf gegen Gewalt und Hass zugesagt. Eine Delegation von Bischöfen und Laien unter Führung des katholischen Erzbischofs von Delhi, Anil Joseph Couto, informierte die Präsidentin über die Gewalt gegen Christen, vor allem in den Bundesstaaten Uttar Pradesh und Chattisgarh. Laut "Ucanews" sagte die Präsidentin, sie habe Berichte darüber gelesen, denke jedoch, "dass diese gewalttätigen Angriffe nur von einer Handvoll Menschen verübt wurden". Auch sei "das säkulare Gefüge der Nation immer noch lebendig". Murmu lobte den Dienst der Christen im Gesundheits- und Bildungswesen.

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Premier Narendra Modi von der hindu-nationalistischen Regierungspartei BJP, der zu den Scharfmachern gegen religiöse Minderheiten zählt, besuchte zu Ostern erstmals eine Katholische Kirche, die Herz-Jesu-Kathedrale in Delhi. Dort entzündete er eine Kerze vor der Statue des Auferstandenen. Auf Twitter schrieb Modi, er hoffe, Ostern werde "den Geist der Harmonie in unserer Gesellschaft stärken". In Mumbay gingen tausende Christen gegen die wachsende Gewalt auf die Straße. In etlichen Bundesstaaten gibt es Gesetze, die die Konversion von Hindus zu anderen Religionen unter Strafe stellen. Diese Anti-Konversions-Gesetze führen zu Verleumdungen und Gewalt gegen Kirchen und Gläubige. Die christliche Plattform "Samast Christi Samaj" spricht von "Wellen von Hassreden und gezielter Gewalt gegen religiöse Führer, Entweihung von Gebetsstätten, Unterbrechungen von Gottesdiensten und Beschränkungen für religiöse Versammlungen sowie falschen Anschuldigungen von erzwungenen und betrügerischen Konversionen". Der Vorwurf der Konversion werde zum Vorwand für Angriffe auf friedliche Christengemeinden.

Die Flammen des ethnoreligiösen Nationalismus greifen um sich

Hilfswerke in Europa sehen sich seit Jahren mit Berichten indischer Partner konfrontiert, in denen von Gewalt extremistischer Hindus gegen christliche Einrichtungen die Rede ist. Während die Christen in Westbengalen weithin unbehelligt ihren Glauben leben, gibt es in Uttar Pradesh seit langem Übergriffe, Zerstörungen und restriktive Gesetze. "Kirche in Not" schrieb in einem Bericht über Religionsfreiheit, dass "die Flammen des ethnoreligiösen Nationalismus" um sich greifen, "wo sie vom Sauerstoff demokratischer Kontroversen und der Mobilisierung der Bevölkerung genährt werden". Indien sei das virulenteste Beispiel für den "Aufstieg eines religiösen Nationalismus der Mehrheit".

Ab 2014 gewann die nationalistische BJP mit der populistischen Identifikation Indiens mit dem Hinduismus die Wahlen. Sie untergräbt nun als Regierungspartei die Religionsfreiheit der mit 1,4 Milliarden Einwohnern größten Demokratie der Welt. 2,3 Prozent der Einwohner sind Christen. Ihnen hatte Papst Franziskus 2016 sein Kommen zugesichert. Das scheiterte damals, weil die Regierung Franziskus nicht einladen wollte. Nach seinem Besuch im Vatikan am 30. Oktober 2021 meinte Modi aber, er habe den Papst eingeladen. Franziskus selbst kündigte zuletzt lediglich an, nach seiner Ungarn-Reise Ende April auch Marseille und die Mongolei besuchen zu wollen. Von Indien war keine Rede.

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