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Gregor Gysi kritisiert Milliardärs-Spenden für Notre-Dame

Die Zerstörung der Pariser Kathedrale Notre-Dame gehe ihnen ans Herz, aber die Armut nicht, äußert sich der langjährige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag zu den Großspenden von Milliardären zum Wiederaufbau. Für Großspenden wüsste Gysi sinnvollere Verwendungzwecke.
Gregor Gysi
Foto: Georg Hochmuth (APA) | Gregor Gysi sieht seine Partei in einer existenziellen Krise.

Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, hat sich kritisch zum hohen Spendenaufkommen von Milliardären für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale Notre-Dame geäußert. Einerseits sei es völlig richtig gewesen, dass Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gleich erklärt habe, dass das berühmte Gotteshaus wieder aufgebaut werde. „Aber ich weiß nicht, ob es so schlau ist, wenn die Milliardäre jetzt so viel spenden für den Wiederaufbau. Das geht ihnen ans Herz, aber die Armut nicht.“ So äußerte sich Gysi im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“.

"Wieso spenden sie nicht, um den Hunger zu bekämpfen"

Zwar sei es „furchtbar“, dass mit Notre-Dame eine „wunderschöne, beeindruckende Kirche“ in Flammen gestanden habe. Auf der Welt gebe es aber „so viele Probleme“, bei denen die Milliardäre nichts unternehmen würden. „Wieso spenden sie nicht, um den Hunger zu bekämpfen oder für die Seenotrettung im Mittelmeer“, fragte der Linken-Politiker. In diesem Verhalten erkenne er einen Widerspruch. Grundsätzlich habe er nichts gegen Spenden für Notre-Dame, betonte der 71-Jährige, „aber die dicken Spender, die Milliardäre sollten sich überlegen, wie das ankommt, wofür sie mehr spenden sollten“.

Im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ äußerte sich der Atheist Gysi auch über den Glauben. Er sei wahrscheinlich zu rational aufgewachsen, um an Gott zu glauben. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, den einen, der letztlich für die ganze Schöpfung zuständig ist.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass diejenigen, die nicht glauben, mit einer Schwierigkeit konfrontiert seien: „Wie ist das erste Leben auf der Erde entstanden? Aus etwas Anorganischem kann an sich nichts Organisches entstehen.“

Gysi: Ich fürchte eine gottlose Gesellschaft

Wichtig sei grundsätzlich jedoch, dass er nicht an Gott glaube, so Gysi, „aber ich möchte auch keine gottlose Gesellschaft. Ich fürchte sie sogar“. Denn es müsse in einer Gesellschaft eine allgemein verbindliche Moral geben, „als der Maßstab im Kopf“. Wenn es keine Religionen gäbe, wenn es die Bergpredigt nicht gäbe, und auch keine breite Kultur und Tradition, „hätten wir keine allgemein verbindliche Moral“.

DT/mlu

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Maximilian Lutz Deutscher Bundestag Emmanuel Macron Gregor Gysi Wiederaufbau

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