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Kardinal Koch: „Gott muss in die Mitte unseres Lebens“

Symposium zum 75. Geburtstag des Kurienkardinals an der Vinzenz Pallotti University Vallendar – Koch äußert sich besorgt über Spaltung der Anglikaner.
Kurt Kardinal Koch
Foto: IMAGO/Cemal Yurttaş (www.imago-images.de) | Für die Einheit der Christen oft unterwegs, hier bei Partriarch Bartholomäus in Istanbul: Kurienkardinal Kurt Koch.

Anlässlich eines Symposiums zu seinem 75. Geburtstag an der Vinzenz Pallotti University in Vallendar hat Kurt Kardinal Koch am gestrigen Sonntag einen eindringlichen Appell für eine Neubesinnung auf die Gottesfrage in Kirche und Gesellschaft formuliert. Unter dem Leitthema „Gott in die Mitte“ betonte der Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, dass die religiöse Dimension konstitutiv zum Menschsein gehöre.
„Der Mensch ist unheilbar religiös“, erklärte Koch vor den versammelten Theologen und Bischöfen. In der heutigen Gesellschaft herrsche jedoch „eine gewisse Schwerhörigkeit oder gar Taubheit Gott gegenüber“, viele Menschen hätten sogar vergessen, dass sie Gott vergessen hätten.

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Der Kardinal entwickelte seine Gedanken in vier Themenkreisen: Gott als zentrales Thema des Glaubens, die Kirche als Lebensort Gottes, Gott als exklusives Thema christlicher Theologie und die Gottesfrage als ökumenische Aufgabe. Besonders eindringlich warnte Koch vor einer Kirche, die zu sehr von sich selbst spreche: „Die Kirche lebt nur dann evangeliumsgemäß, wenn sie möglichst wenig von sich, dafür möglichst intensiv von Gott spricht.“

Mit Verweis auf die Kirchenmitgliedschaftsstudie von 2023, wonach nur 32 Prozent der katholischen Kirchenmitglieder in Deutschland den Glauben an den in Jesus Christus offenbarten Gott bejahen, forderte Koch eine neue Evangelisierung: „Diese bedenkliche Ausdünnung des Glaubensbekenntnisses ruft nach einer neuen Evangelisierung, in deren Mitte die Frage nach Gott stehen muss.“

Sorge um katholisch-anglikanischen Dialog

Am Rande des Symposiums äußerte sich Koch kritisch zur Ernennung von Sarah Mullally zur neuen Erzbischöfin von Canterbury und damit zum geistlichen Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Die Ernennung könne sich negativ auf den katholisch-anglikanischen Dialog auswirken. Die Positionen der Bischöfin in sexualethischen Fragen hätten zu einer Abspaltung des konservativen Bündnisses Global Anglican Future Conference (Gafcon) von der englischen Mutterkirche geführt.

Daraus ergebe sich für die katholische Kirche die entscheidende Frage: „Mit wem werden wir künftig den Dialog führen, wenn die anglikanische Weltgemeinschaft so sehr gespalten ist?“ Die Spaltung der Anglikaner geht auf einen Beschluss der Generalsynode der Church of England von 2023 zurück, ein umfassendes seelsorgliches Angebot für LGBTQI+-Personen zu entwickeln, was vor allem in Afrika auf erbitterten Widerstand stieß.

Ökumenische Perspektive

Besondere Bedeutung maß der Kardinal der ökumenischen Dimension bei. Unter Berufung auf Papst Benedikt XVI. und Martin Luther betonte er: „Unser erster ökumenischer Dienst in dieser Zeit muss es sein, gemeinsam die Gegenwart des lebendigen Gottes zu bezeugen.“ Das bevorstehende 1700-Jahr-Jubiläum des Konzils von Nizäa im Jahr 2025 biete eine besondere Gelegenheit, das christliche Bekenntnis zu Jesus Christus ökumenisch zu erneuern.

Koch dankte Professor George Augustin SAC für die Initiative zu dieser Veranstaltung sowie der dazu in Buchform veröffentlichten Festschrift „Gott in die Mitte“ und zeigte sich erfreut, dass unter den Autoren und Referenten zahlreiche Bischöfe vertreten waren, was seine Theologie als „Dienst an und für die Kirche“ bestätige. Sein, passend zum Veranstaltungsort, beinahe pallottinischer Schlussappell galt der Berufung aller Christen: „Als Christen sind wir berufen und verpflichtet, Schüler Gottes immer mehr zu werden und zu sein.“

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