Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Nach erneutem Terroranschlag in Syrien

EU-Parlament fordert Schutz für religiöse Minderheiten in Syrien

Christen, Drusen und Alawiten stehen in Syrien zunehmend unter Druck. In einer neuen Resolution fordert das Europäische Parlament einen menschenrechtsbasierten Übergangsprozess und interreligiösen Dialog.
EU-Parlament_Entschließung
Foto: IMAGO/Roses Nicolas/ABACA (www.imago-images.de) | In einer Resolution verurteilt das Europäische Parlament den Anschlag aufs Schärfste.

Am Donnerstag hat das Europäische Parlament in einer dringlichen Entschließung den Schutz religiöser Minderheiten in Syrien gefordert. Auslöser war der schwere Terroranschlag auf die griechisch-orthodoxe Mar-Elias-Kirche in Damaskus, bei dem am 22. Juni mindestens 25 Menschen getötet und mehr als 60 verletzt wurden. Die islamistische Terrorgruppe „Saraya Ansar al-Sunna“ bekannte sich zu diesem bisher tödlichsten Angriff auf Christen in Syrien seit Jahren.

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In der Entschließung verurteilt das Europäische Parlament den Anschlag aufs Schärfste. Es fordert die syrischen Übergangsbehörden zu unabhängigen Ermittlungen auf, und verlangt die strafrechtliche Verfolgung der Täter sowie aller, die zur Eskalation der Gewalt beigetragen haben. Die historische Kirche soll schnellstmöglich wiederaufgebaut werden; es müssen verstärkte Sicherheitsvorkehrungen für Gotteshäuser im ganzen Land umgesetzt werden.

Eskalation religiös motivierter Gewaltin Syrien

Doch der Terroranschlag war kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten hat Syrien eine Eskalation religiös motivierter Gewalt erlebt: Im März wurden mehr als 1.200 überwiegend alawitische Zivilisten getötet, viele Frauen wurden verschleppt und versklavt. Im April verloren mehr als zehn Drusen bei sektiererischen Auseinandersetzungen ihr Leben. Zudem wurde bekannt, dass Mitglieder der extremistischen Gruppe „Hay’at Tahrir al-Sham“ (HTS) in staatliche Übergangsstrukturen integriert wurden – trotz ihrer Verstrickung in schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen.

Das Europäische Parlament zeigt sich tief besorgt über diese Entwicklungen und stellt fest, dass die syrische Übergangsregierung offenbar nicht in der Lage ist, die religiöse Vielfalt des Landes zu schützen. Daher fordern die EU-Abgeordneten einen umfassenden, menschenrechtsbasierten Übergangsprozess, der faire Wahlen, eine inklusive Verfassung sowie die Bekämpfung der Straflosigkeit umfasst. Darüber hinaus soll ein EU-Aufbaufonds geschaffen werden, um interreligiösen Dialog, Versöhnung und zivilgesellschaftliches Engagement zu fördern.

Systematische Diskriminierung von Christen

Insbesondere die christlichen Gemeinschaften leiden neben Bedrohungen, Schikanen und Einschüchterungen unter systematischer Diskriminierung: Kirchen wurden geschändet, Friedhöfe entweiht, Pfarrer unter Druck gesetzt. Berichten zufolge wird vielen von ihnen der Zugang zu Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst verwehrt, sie werden von wichtigen Positionen im privaten Sektor ausgeschlossen, und stoßen häufig auf Hindernisse bei der Verlängerung von Gewerbescheinen oder der Inanspruchnahme staatlicher Dienstleistungen. In mehreren Städten forderten Extremisten sogar offen die Zahlung der historischen „Dschizya-“ oder Kopfsteuer für Nichtmuslime. Auch wirtschaftliche Marginalisierung sei weit verbreitet, was Familien religiöser Minderheiten in eine äußerst prekäre Lage bringe, und die Abwanderung und den Niedergang einer der ältesten Religionsgemeinschaften Syriens weiter vorantreibe, heißt es in der Resolution.

Organisationen wie ADF International begrüßten die entschiedene Haltung des Parlaments. „Diese Entschließung ist ein wichtiger Schritt, um internationale Impulse für den Schutz von Christen und anderen religiösen Minderheiten in Syrien zu setzen“, erklärte Kelsey Zorzi, Direktorin für globale Religionsfreiheit bei ADF International. Auch Adina Portaru, Senior Counsel der Organisation in Brüssel, forderte konkrete Maßnahmen: „Wir appellieren an die Europäische Kommission, endlich einen Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit außerhalb der EU zu ernennen.“

Die Entschließung wurde fraktionsübergreifend eingebracht und nach Artikel 136 Absatz 4 sowie Artikel 150 der Geschäftsordnung angenommen – also unter Bezug auf systematische Menschenrechtsverletzungen. Sie endet mit einem klaren Appell an die syrischen Übergangsbehörden, die Europäische Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die EU-Mitgliedstaaten, ihrer Verantwortung für den Schutz von Glaubensfreiheit endlich gerecht zu werden.

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