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Die Abtreibungslobby schlägt zurück

Warum Lebensrechtler nicht daran vorbei kommen werden, eine neue „Zivilisation der Liebe“ zu errichten.
Abtreibungsbefürworter demonstrieren in Sacramento
Foto: IMAGO/Nathaniel Levine (www.imago-images.de) | In dem von den Demokraten dominierten Westküstenstaat Kalifornien stimmten rund 65 Prozent der Wähler für eine Gesetzvorlage namens „Proposition 1“, die die Aufnahme eines „Recht auf Abtreibung“ vorsieht.

Sollte jemand geglaubt haben, mit der Rücknahme des Urteils „Roe v. Wade“ durch den US-Supreme Court im Juni diesen Jahres sei der Kampf um die Ächtung vorgeburtlicher Kindstötungen in den USA entschieden, so wurde er jetzt eines Schlechteren belehrt. In Kalifornien, Michigan und Vermont hat der politische Arm der Abtreibungslobby brutal zurückgeschlagen. Er nutzte den Urnengang bei den Zwischenwahlen um Referenden durchzuführen, die ein „Recht auf Abtreibung“ in den Verfassungen der Bundesstaaten festschreiben.

In Kalifornien gelang dies besonders eindrucksvoll. In dem von den Demokraten dominierten Westküstenstaat stimmten rund 65 Prozent der Wähler für eine Gesetzvorlage namens „Proposition 1“, die die Aufnahme eines „Recht auf Abtreibung“ vorsieht. Nur rund 35 Prozent stimmten dagegen.

Überraschen kann das nicht. Fast 50 Jahre haben Abtreibungslobbyisten, Politiker und Medien die Überzeugung genährt, es könne so etwas wie ein „Recht auf Abtreibung“ geben. Mehr noch: Zugleich haben sie erhebliche Anstrengungen unternommen, um das, was ein solches Recht eigentlich meint – nämlich das Recht, die Tötung eines unschuldigen und wehrlosen Menschen im Mutterleib in Auftrag zu geben – erfolgreich zu maskieren.

Die „Kultur des Lebens“ lässt sich nicht gesetzlich verordnen

Das hat Folgen, die auch ein höchstrichterliches Urteil nicht zu beseitigen vermag. Dies umso weniger als die Entscheidung der Höchstrichter Abtreibungen, anders als von vielen Medien dargestellt, ja gar nicht verbietet, sondern ihre rechtliche Regelung lediglich wieder in die Hände der Parlamente der Bundesstaaten legte.

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Lebensrechtler werden einen langen Atem brauchen. Und so wichtig der Kampf um gerechte Gesetze ist, es wäre völlig falsch, wenn Lebensrechtler sich allein oder auch nur vorrangig auf ihn fokussieren. Denn: Eine „Kultur des Lebens“ lässt sich letztlich nicht per Gesetz verordnen. Sie muss in den Herzen und Hirnen der Menschen wurzeln und gedeihen. Und um das zu ermöglichen, muss auch der Umgang, den die Geborenen miteinander pflegen, ein anderer werden. Wer sich selbst regelmäßig als be- und ausgenutzt erfährt und in seinen Rechten als Bürger, Arbeitnehmer, Familienvater und -mutter eingeschränkt erlebt, wird schwer dafür zu gewinnen sein, die Rechte anderer zu respektieren. Ganz besonders dann nicht, wenn er sich mit dem Rücken zur Wand wähnt.

Der Auftrag Jesu ist zugleich der menschgemäße Weg

Lebensrechtler, die sich um Frauen in Schwangerschaftskonflikten kümmern, wissen zu berichten: Gelingt es, die Probleme zu lösen, die Frauen eine Abtreibung erwägen lassen, lassen sich auch die Leben ursprünglich „ungewollte“ Kinder ganz überwiegend retten.

Bei genauerer Betrachtung geht es um nicht weniger als um das, was Papst Johannes Paul II., eine „neue Zivilisation der Liebe“ nannte. So mühsam und anstrengend das auch sein mag, am Ende ist es das Einzige, das wahre Nachhaltigkeit verspricht. Wer meint, das sei romantisch oder jedenfalls wirklichkeitsfern, muss sich vorhalten lassen, Entscheidendes noch nicht verstanden zu haben. „Liebt einander, wie ich Euch geliebt habe“ (Joh 15,12), ist nicht nur der bleibende Auftrag Jesu. Er markiert, weil der Mensch Geschöpf und Ebenbild Gottes ist, zugleich auch den Weg, der dem Wesen des Menschen gemäß ist.

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Stefan Rehder Jesus Christus Johannes Paul II. Kindstötung Lebensschutz Schwangerschaftsabbruch

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