Wenige Stunden vor der Debatte des Europäischen Parlaments über den „Matic-Bericht“, der ein Recht auf Abtreibung postuliert und die Gewissensfreiheit von Ärzten in Frage stellt, spitzt sich der Widerstand dagegen zu. Manfred Weber (CSU), der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion, versucht nach Informationen der „Tagespost“, den Matic-Bericht in letzter Minute zu Fall zu bringen.
Zuletzt hatten tausende Bürger in mehreren europäischen Metropolen gegen den Matic-Bericht demonstriert; mehrere Bischofskonferenzen und die EU-Bischofskommission COMECE hatten klar gegen den Text Stellung genommen; im Europaparlament trafen hunderte Protestbriefe und -mails ein. Offenbar nicht ohne Wirkung: Eine Gruppe christdemokratischer Abgeordneter will am heutigen Mittwoch die Absetzung des Matic-Berichts von der Tagesordnung beantragen. Selbst wenn dies keine Mehrheit findet, müssen die Anhänger der Abtreibung und Gegner der Gewissensfreiheit zwei Abstimmungshürden nehmen, bis es am Donnerstagvormittag zu einem Votum des Europäischen Parlaments über den Bericht des kroatischen Sozialisten Predrag Fred Matic kommt.
EVP: Recht auf Leben ist grundlegendes Menschenrecht
Die konservative ECR-Fraktion hat gemeinsam mit den ungarischen Fidesz-Abgeordneten einen alternativen Änderungsantrag eingebracht, der feststellt, „dass die Europäische Union über keine Zuständigkeit für die Ausarbeitung von Strategien in den Bereichen sexuelle Gesundheit und Sexualerziehung, Fortpflanzung und Abtreibung verfügt“. Auch sei – anders als von Matic dargestellt – „das Recht von Angehörigen der Gesundheitsberufe auf Verweigerung aus Gewissensgründen ein grundlegendes und wesentliches Recht“.
Ein zweiter alternativer Entschließungsantrag kommt von der größten Fraktion des Europäischen Parlaments, von der christdemokratischen EVP. Er verweist im scharfen Gegensatz zu Matic auf das „Recht auf Leben“ als „grundlegendes Menschenrecht“ und räumt ein, dass „Abtreibungsgesetze und die Bestimmungen für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auf innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruhen“, also nicht in die Gesetzgebungskompetenz der EU fallen. Es sollten „alle Anstrengungen unternommen werden, um die Zahl der Abtreibungen zu senken“; auch sei Abtreibung „keine Form der Empfängnisverhütung“.
Zwei Fraktionen verteidigen die Gewissensfreiheit
Im Gegensatz zu Matic, der die Gewissensfreiheit von Ärzten bei Abtreibungen ausdrücklich in Frage stellt, heißt es im EVP-Text, jeder Mensch habe das Recht, „nach seinem Gewissen und seinen Überzeugungen zu handeln, und dass daher einzelne Ärzte die Möglichkeit haben sollten, sich aus persönlichen Gründen auf eine Gewissensklausel zu berufen, falls sie ersucht werden, Eingriffe vorzunehmen, die im Widerspruch zu ihren grundlegenden Überzeugungen stehen“.
Nur wenn sowohl der ECR/Fidesz-Antrag als auch der EVP-Antrag am Donnerstagvormittag im Europäischen Parlament keine Mehrheit finden, wird es überhaupt zur Abstimmung des Matic-Berichts kommen. Ab Freitag wird das Abstimmungsverhalten der Fraktionen und ihrer Abgeordneten online einsehbar sein. DT/sba
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