Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Debatte um Neuregelung von Abtreibungen

Bischöfe lehnen Paradigmenwechsel beim § 218 StGB „entschieden ab“

Das Ungeborene Kind dürfe „nicht einfach ignoriert werden“, sagt der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing. In dem Vorhaben sieht er die Menschenwürde infrage gestellt.
Ultraschallbild eines Babys in der 9. bis 12. Schwangerschaftswoche
Foto: IMAGO (www.imago-images.de) | Sein Lebensrecht ist mit einer §218-Liberalisierung in Gefahr - darauf weist die DBK in einer neuen Stellungnahme hin.

Im Vorfeld der für Montag anberaumten Öffentlichen Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags hat sich Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Limburgs Bischof Georg Bätzing, erneut in der Debatte um die von SPD, Grünen und Linken propagierte Neuregelung des § 218 StGB zu Wort gemeldet. In einer heute von der DBK verbreiteten Pressemitteilung erklärte Bätzing, die katholische Kirche lehne die angestrebte Gesetzesänderung „entschieden ab“.

Der Gesetzentwurf sei „erst nach dem Bruch der Regierungskoalition in den Deutschen Bundestag eingebracht“ worden und stelle „einen Versuch dar, in dieser ebenso hoch emotionalen wie komplexen Thematik noch in den letzten Tagen vor den Neuwahlen in Eile grundlegende Änderungen herbeizuführen“. Allein dies sei „Anlass genug, dieses Gesetzgebungsvorhaben klar abzulehnen“.

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Mehr noch als das Vorgehen müsse „aber die inhaltliche Ausgestaltung des Gesetzentwurfs auf schwerwiegende Kritik stoßen“. Der vorgelegte Gesetzentwurf betone zwar „zu Recht die grundrechtliche Stellung der Frau“. Dennoch dürfe das ungeborene Kind „nicht einfach ignoriert werden“. Es sei von einem Schwangerschaftskonflikt der Mutter „existenziell betroffen“. „Gesellschaft und Staat“ müssten „auch ihm gegenüber ihre Schutzpflicht wahrnehmen, auf die das Kind lebensentscheidend angewiesen“ sei. „Humanität und Gemeinwohlorientierung einer Gesellschaft und ihres Staatswesens“ bemesse sich „nicht zuletzt daran, mit welcher Sorgfalt sie mit denjenigen vulnerablen Personen umgeht, die in besonderer, ja lebensentscheidender Weise auf Schutz und Unterstützung angewiesen sind“. An der „Sorgfalt gegenüber dem Individuum, seiner Menschenwürde und seinen Grundrechten“ entschieden sich auch „die Liberalität und die Modernität eines Rechtsstaates“.

Entwurf stellt Lebensrecht und Menschwürde des Kindes infrage

Zu den Grundrechten des Kindes verhalte sich der Gesetzentwurf nicht explizit. „Stattdessen werden das vollgültige Lebensrecht des Kindes von Anfang an und die ihm zukommende Menschenwürde infrage gestellt.“ Letztlich basiere der Gesetzentwurf „auf der Annahme eines abgestuften Lebensrechts, das seine volle Wirkung erst in der späteren Phase der Schwangerschaft entfaltet“. Damit aber werde „die besondere Schutzbedürftigkeit des Kindes in der frühen Schwangerschaft zum Argument gegen seine Schutzwürdigkeit verkehrt“. Das Bundesverfassungsgericht habe jedoch „in ständiger Rechtsprechung betont, dass spätestens mit der Nidation von einem menschlichen Leben auszugehen ist, dem der verfassungsrechtlich gebotene Schutz unabhängig vom Entwicklungsstadium zu gewähren ist (vgl. BVerfGE 88, 203, 254)“.

Die deutschen Bischöfe sähen „deshalb eine eklatante Gefahr, dass bei Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs ein abgestuftes Konzept der Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens in die Gesetzgebung Eingang fände. Das aber wäre ein hoch problematischer verfassungsrechtlicher Paradigmenwechsel, der nicht ohne Auswirkungen auch auf andere Rechtsbereiche bliebe. Die mit unserem Grundgesetz verbundene und damit auch die Gesetzgebung und die Rechtsprechung bestimmende Ethik des menschlichen Lebens würde dadurch in höchst bedenklicher Weise umgestürzt.“

Narrativ der Kriminalisierung verzerrt die Wirklichkeit

Zudem nehme der „Entwurf den Schutz des ungeborenen Kindes gegenüber der geltenden Regelung deutlich zurück. Die Verortung im Strafrecht wird nahezu vollständig aufgegeben. Die Beratung als Element des Schutzkonzepts wird zwar beibehalten, darf sich aber nicht mehr daran orientieren, zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu ermutigen. Die dreitägige Wartefrist zwischen Beratung und Vornahme der Abtreibung entfällt. Der Verstoß gegen verfahrensrechtliche Verpflichtungen stellt für Ärzte nur noch eine Ordnungswidrigkeit dar.“

Bereits die geltende gesetzliche Regelung setze „auf die Letztentscheidung der Frau“ und basiere „auf dem Prinzip ‚Hilfe statt Strafe‘“. Sie beinhalte daher „keine Kriminalisierung des individuellen, beratenen Schwangerschaftsabbruchs“. Die Rede einer „erforderlichen Entkriminalisierung der Abtreibung“ stelle „ein die Wirklichkeit verzerrendes Narrativ“ dar. Die deutschen Bischöfe hielten es „für richtig und sinnvoll, dass die rechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs im Strafgesetzbuch verortet“ sei. Dies sei „ein Beitrag dazu, das Bewusstsein vom verfassungsrechtlichen Rang des Schutzanspruchs wachzuhalten, den das ungeborene Kind hat“, so Bätzing in seiner Stellungnahme. (DT/reh)

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