Die Vereinten Nationen beschäftigen sich zunehmend mit der Rolle der künstlichen Intelligenz (KI) für die Umsetzung der „globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung“ (SDGs). In Strategiepapieren ist von „ethischer Governance“ die Rede, von globalen Leitplanken und von Chancen, die KI für den Schutz der Menschenrechte zu nutzen.
Das Center for Family and Human Rights (C-Fam) veröffentlichte jüngst eine Stellungnahme zum Papier „Partnerschaft für geschlechtergerechte KI“ von UN Women, einer 2010 durch die UN-Generalversammlung gegründeten Sonderorganisation innerhalb des UN-Systems. Darin warnt C-Fam vor einer ideologischen Nutzung der Technologie: „Viele Teile des UN-Systems haben sich von ihrem ursprünglichen Mandat entfernt, indem sie ihr Verständnis von Menschenrechten und ‚Ethik‘ erweitert haben, um SRHR (‚sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte‘) in ihre Programme aufzunehmen. SRHR ist jedoch in keinem ausgehandelten Vertrag oder Resolution als UN-Begriff anerkannt.“
Einseitige Sichtweise auf kontroverse Themen?
Trotzdem setze die UNO KI aktiv ein, um Abtreibung und Gender-Ideologie auch dort zu fördern, wo die öffentliche Meinung überwiegend konservativ sei. Laut C-Fam entwickeln UN-Organisationen Apps und Plattformen mit KI-Bots, die Fragen zur Sexualaufklärung beantworten und den Informationsraum „mit einer einseitigen Sichtweise auf diese kontroversen Themen überschwemmen“. Der Begriff der SRHR ist ein von UN-Organisationen genutzter Sammelbegriff für Abtreibung, umfassende Sexualaufklärung und Gender-Ideologie, der jedoch völkerrechtlich nicht anerkannt ist.
In diesem Zusammenhang schenkt die UNESCO auch der Frage nach der „Voreingenommenheit großer Sprachmodelle“ besondere Aufmerksamkeit. Eine 2024 veröffentlichte Studie untersuchte Systeme wie GPT-2, GPT-3.5 oder Llama 2 und stellte deutliche „geschlechtsspezifische Verzerrungen“ fest: Männer würden in KI-generierten Geschichten häufiger als Ärzte, Lehrer oder Abenteurer dargestellt, Frauen dagegen überproportional in häuslichen Rollen. Die Studie spricht außerdem von „homophoben Inhalten“ und „rassistischen Stereotypen“. UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay warnte: „Selbst kleine Verzerrungen können Ungleichheiten erheblich verstärken.“
Die UNESCO und andere UN-Organisationen verweisen zudem auf „strukturelle Defizite“: Nur 20 Prozent der Beschäftigten in technischen KI-Funktionen und lediglich sechs Prozent der professionellen Entwickler sind Frauen. Auch bei Publikationen und Professuren überwiegen Männer deutlich. Ohne „diverse Teams“, so die Analyse, entstehe Technik, die die Bedürfnisse weiter Teile der Bevölkerung nicht widerspiegele – und damit potenziell Grundrechte gefährden könne.
Auch von technischer Seite gibt es Mahnungen
UNESCO-Vizechefin Gabriela Ramos betonte 2023, KI könne die Welt ähnlich umwälzen wie einst die Erfindung des Buchdrucks. Umso wichtiger sei es, die Technologie nicht allein kommerziellen oder geopolitischen Interessen zu überlassen. Gefordert seien internationale Regeln, die die Menschenrechte schützen und Missbrauch verhindern. Bereits 2021 verabschiedeten die UNESCO-Mitgliedsstaaten einstimmig die „Empfehlung zur Ethik der künstlichen Intelligenz“ – den ersten globalen Orientierungsrahmen dieser Art. Er fordert Transparenz, Rechenschaftspflicht, den Schutz der Menschenwürde und ausdrücklich die menschliche Kontrolle über KI-Systeme. Strittig bleibt jedoch laut Kritikern wie C-Fam, wenn Abtreibung, Genderfragen oder Sexualerziehung unter dem Label „Menschenrechte“ mitgeführt werden.
Auch von technischer Seite gibt es Mahnungen. Das Fachportal „Femtech World“ zitierte im Frühjahr 2024 Experten, die zwar das Potenzial von KI im Bereich der reproduktiven Gesundheit anerkennen, aber zugleich auf das Risiko „fehlerhafter“ Bewertungen hinweisen. „KI-Tools sind nur so gut wie ihre Eingaben“, betonte Regina Davis Moss, Präsidentin der Organisation „In Our Own Voice“.
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