Die vom Koalitionsausschuss im Rahmen des sogenannten dritten Entlastungspakets vorgesehene Kindergelderhöhung gerät zunehmend in die Kritik. Sylvia Pantel, Geschäftsführerin der Stiftung für Familienwerte und langjährige Familienpolitikerin der Union, hält die geplante Kindergelderhöhung von 18 Euro pro Kind zwar für eine Anerkennung, allerdings für in der Höhe nicht ausreichend. Wie sie der „Tagespost“ sagte, sei es zudem nicht hinnehmbar, dass das Entlastungspaket die höheren Kosten insbesondere großer Familien ignoriere. Die derzeit geplante Erhöhung betrifft nur die ersten zwei Kinder, während für weitere Kinder keine Anpassungen vorgesehen sind. Für Pantel ist diese Schlechterstellung eine Diskriminierung, sie fragt sich: „Welch ein Eindruck muss bei den betroffenen Familien entstehen, wenn sie erfahren, dass sie von dieser Regierung vorsätzlich benachteiligt oder vergessen worden sind“? Eine klare Nachbesserung sei vonnöten.
Inflationsausgleich fraglich
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Bundes kinderreicher Familien, Elisabeth Müller. In einem Interview mit der Tageszeitung „Welt“ sagte sie, es sei „absolut unverständlich“, dass die geplante Erhöhung des Kindergeldes um 18 Euro nur für das erste und zweite Kind gelten solle, nicht aber für weitere Kinder. Gerade kinderreiche Familien seien durch die dramatisch steigenden Lebenshaltungskosten besonders hart getroffen. Die Preisexplosion bei Lebensmittel- und Energiekosten höre ja „nicht plötzlich beim dritten Kind auf.“ Dadurch sei neuerdings auch in Mittelschicht-Familien eine große Zukunftsangst zu spüren, so Müller: „Es geht ans Eingemachte. Die betroffenen Eltern fragen sich, wie sie ihre Rechnungen noch bezahlen sollen. Alles wird teurer, nur das Gehalt bleibt das Gleiche.“
Auch der Familienbund der Katholiken hat in einer Stellungnahme gefordert, dass mindestens die aktuelle Inflationsrate ausgeglichen werden müsse. Dies allerdings setze eine Erhöhung um 20 Euro pro Monat und Kind auf 240 Euro für das erste und zweite Kind, beziehungsweise auf 245 Euro (drittes Kind) und 270 Euro (ab dem 4. Kind) voraus.
Ministerium: „wichtig ist das Signal“
Nach der bisherigen Staffelung des Kindergeldes bekommen kinderreiche Familien, also Familien mit drei oder mehr Kindern, für zusätzliche Kinder mehr Geld als Ein- oder Zwei-Kind-Familien. So liegt der Satz für das dritte Kind derzeit bei 225 Euro monatlich, für das vierte und alle weiteren Kinder beträgt er je 250 Euro. Grund ist, dass bei größeren Familien insgesamt auch ein größerer Anteil des verfügbaren Haushaltseinkommens für die Kinder ausgegeben wird. Die Staffelung soll so der Vermeidung von Armutsrisiken sowie dem Nachteilsausgleich dienen. Ab 2023 wäre die Staffelung - sollte das Entlastungspaket in seiner derzeitigen Form beschlossen werden - nun auf den Kopf gestellt: Für das dritte Kind würde weniger Kindergeld gezahlt als für die beiden ersten.
Aus dem Familienministerium hieß es auf Anfrage der „Welt“, wichtig sei das Signal, dass die Bundesregierung Familien mit niedrigem Einkommen und Kinder in dieser schwierigen Situation nicht alleine lasse. Und Familienministerin Lisa Paus äußerte gegenüber der „Rheinischen Post“, die Erhöhung um 18 Euro sei im Gegensatz zu den acht Euro Erhöhung, die Finanzminister Lindner zuvor ins Spiel gebracht habe, ein echter Inflationsausgleich. DT/jra
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