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Schadensersatz für radikale Feministin nach Kirchenschändung

Statt Strafe für Kirchenschändung: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte spricht radikaler Feministin Schadenersatz zu - Eloïse Bouton hatte die Abtreibung Jesu Christi vor einem Altar simuliert, während sie nackt urinierte.
FRANCE-FEMEN-COURT-TRIAL
Foto: FRANCOIS GUILLOT (AFP) | Von der Schock-Aktivistin zum Opfer? Eloïse Bouton bei ihrer Ankunft zum Gericht im Jahr 2014.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (ECHR) mit Sitz in Straßburg hat am 13. Oktober das Urteil eines französischen Gerichts vom Dezember 2014 aufgehoben, welches die radikale Feministin Eloïse Bouton mit einer Geld- und Gefängnisstrafe belegt hatte, die in Paris eine römisch-katholische Messe unterbrochen und Jesus oben ohne auf dem Altar „abgetrieben“ hatte. Bouton verstand ihre Aktion als Protest gegen katholische Abtreibungskritik.

„Grégor Puppinck, (...) kritisierte das Urteil und stellte fest,
dass der Europäische Gerichtshof zunehmend Angriffe auf christliche Kirchen in Europa verteidige,
während er Angriffe auf den Islam vollkommen anders behandle“

Das damalige Mitglied der radikalen „Femen“-Gruppe war barbusig und am ganzen Körper mit Slogans der „Pro-Choice“-Abtreibungsbefürworter bemalt, als sie im Dezember 2013 Weihnachtslieder in der berühmten Pariser Madeleine-Kirche unterbrach und eine Abtreibung von Jesus imitierte. Sie trug dabei eine Dornenkrone zur Verhöhnung von Jesus Christus sowie einen blauen Schleier, um die Jungfrau Maria zu verspotten. Zwei Stücke Ochsenleber sollten dabei Jesus als abgetriebenes Baby symbolisieren, während sie vor dem Altar stand und vorgab, diese „Abtreibung“ durchzuführen, um anschließend vor den entsetzten Kirchenbesuchern auf den Boden zu urinieren.

Die ukrainische Gruppe „Femen“, der Bouton damals angehörte, feierte ihre Tat später in den sozialen Medien und schrieb: „Weihnachten ist abgesagt!“ und dass „die heilige Mutter Eloïse gerade den Embryo Jesu auf dem Altar der Madeleine abgetrieben“ habe. Bouton wurde ein Jahr später von einem französischen Gericht wegen rechtswidriger „sexueller Zurschaustellung“ für schuldig befunden und zu einem Monat Gefängnis auf Bewährung sowie zur Zahlung von 2 000 Euro an die Kirche verurteilt.

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Abtreibung als Frauenrecht

Die Kirche La Madeleine dominiert einen außergewöhnlichen Ort: sie dominiert den Vorort Saint-Honoré mit seinen großen Boulevards und gab diesem Viertel von Paris seinen Namen. Als königliche Stiftung war sie eines der Elemente des Projekts zur Erweiterung der Hauptstadt nach Westen in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ihre Geschichte ist wechselhaft: sie war Pfarrei, dann Gedenktempel für die Helden und Opfer der Revolution, des Imperiums und der Restauration. Ihre Ästhetik ist zweischneidig: wegen ihrer Kolonnaden ähnelt sie sogar der Nationalversammlung oder der Börse, ist sie doch im gleichen neoklassischen Stil gebaut wie das Pantheon.

Gegen das Urteil französischer Gerichte im Fall Bouton richtete sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jetzt mit der Begründung, dass die Französische Republik durch die Bestrafung von Bouton für ihre Zurschaustellung gegen Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen habe, der die Meinungsfreiheit schützt („Fall Bouton gegen Frankreich“, Aktenzeichen 22636/19). „Das alleinige Ziel der Beschwerdeführerin (Eloïse Bouton), hatte darin bestanden, einen Beitrag zur öffentlichen Debatte über die Rechte der Frau zu leisten“, so der Gerichtshof in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme.

Wenn das vermeintlich gute Ziel jegliche Mittel rechtfertigt

Bei der Untersuchung hätten sich die französischen Gerichte jedoch fälschlicherweise darauf beschränkt, die Tatsache zu untersuchen, dass die Täterin ihre Brüste an einem Ort der Anbetung entblößt habe ohne Rücksicht auf die dieser Tat zugrunde liegende Botschaft oder die damit in Zusammenhang stehenden Erklärungen von Femen-Aktivistinnen über die Bedeutung ihrer Oben-ohne-Proteste. „Unter diesen Umständen stellt der Gerichtshof fest, dass die von den innerstaatlichen Gerichten angeführten Gründe nicht erfüllt waren und damit die gegen die Beschwerdeführerin verhängte Strafe in Anbetracht ihrer Art und der Schwere nicht im Verhältnis zu den von ihr verfolgten legitimen Zielen stand.“

Der Gerichtshof kam ferner zu dem Schluss, dass die französischen Gerichte nicht in angemessener Weise ein Gleichgewicht gefunden hätten zwischen den „auf dem Spiel stehenden Interessen und dem Eingriff in die Meinungsfreiheit der Antragstellerin“. Die in Frankreich verhängte Bewährungsstrafe gegen Bouton sei „in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig“ und somit eine Verletzung von Artikel 10 der Konvention gewesen. Die zuständige fünfte Kammer des Gerichtshofs, bestehend aus den Richtern Síofra O´Leary (Präsidentin), Stephanie Mourou-Vikström, Lado Chanturia, Ivana Jelic, Arnfinn Bardsen, Matthias Guyomar und Kateřina Šimáčková forderte Frankreich auf, Bouton 2 000 Euro für erlittene immaterielle Schäden sowie 7 800 Euro für Rechtskosten und weitere Auslagen zu zahlen.

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Fadenscheinige Urteilsbegründung

Grégor Puppinck, Direktor des ebenfalls in Straßburg beheimateten Europäischen Zentrums für Recht und Justiz (ECLJ), einem Ableger des „American Center for Law & Justice“, kritisierte das Urteil und stellte fest, dass der Europäische Gerichtshof zunehmend Angriffe auf christliche Kirchen in Europa verteidige, während er Angriffe auf den Islam vollkommen anders behandle. In der makabren Inszenierung Eloïse Boutons sah der Gerichtshof die Aktion einer mutigen feministischen Aktivistin zu Unrecht verurteilt, während ihr „einziges Ziel“ nach dieser Entscheidung sehr nobel sei: „zur öffentlichen Debatte über die Rechte der Frau beizutragen, genauer gesagt über das Recht auf Abtreibung“.

Für Puppinck urteilte der Gerichtshof damit fadenscheinig, dass der Schutz der „Gewissens- und Religionsfreiheit“ die Verurteilung nicht rechtfertigen könne, und es werfe somit den französischen Gerichten vor, sie hätten „nicht geprüft, ob das Vorgehen grundlos beleidigend gegen religiöse Überzeugungen war oder ob es zu Respektlosigkeit oder Hass gegenüber der katholischen Kirche aufrief.“

Die Erwähnung Mohammeds Beziehung zu einer Neunjährigen wurde verurteilt

Es werde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Gewohnheit, Angriffe in Kirchen und gegen die Kirche zu verteidigen, so Puppinck. Bereits 2018 hatte es entschieden, dass die blasphemische Provokation der feministischen Punkgruppe „Pussy Riots“ im Chor der orthodoxen Kathedrale in Moskau eine geschützte Ausdrucksform sei. Der ehemalige bulgarische Anwalt der „Pussy Riots“, Jonko Miladinow Grosew, ist seit 2015 Richter am Straßburger Gerichtshof, der auch Litauen verurteilte, weil ein dortiges Gericht blasphemische Werbung mit Christus und der Jungfrau Maria bestraft hatte.

Die Haltung der Richter in Straßburg ist tatsächlich eine völlig andere, wenn es um den Islam geht. 2018 bestätigten sie die strafrechtliche Verurteilung eines österreichischen Dozenten, dem vorgeworfen wurde, Mohammeds sexuelle Beziehung mit der neunjährigen Aisha mit Pädophilie gleichgesetzt zu haben. Der Gerichtshof urteilte, der Dozent habe nicht versucht, die Öffentlichkeit objektiv zu informieren, sondern „zu demonstrieren, dass Mohammed der Anbetung nicht würdig ist“.

Ein sogenannter Geist der Toleranz als Rechtsgut

Zur Untermauerung dieser Überzeugung vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass „die Rede von Pädophilie“ eine „Verallgemeinerung ohne jede sachliche Grundlage“ wäre, die unter Muslimen „berechtigte Empörung hervorrufen könnte“. Nach Ansicht des Gerichts stellten die Äußerungen des Österreichers „einen böswilligen Verstoß gegen den Geist der Toleranz dar, der der demokratischen Gesellschaft zugrunde liegt“, und sie seien geeignet, „Vorurteile zu schüren“ und „den Religionsfrieden zu gefährden“.

Eloïse Bouton hatte „Femen“ bereits 2014 verlassen und gründete später „Madame Rap“, ein Medium, das sich nach eigenen Angaben „Frauen und geschlechtsspezifischen Minderheiten im Rap“ widmet.

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