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EGMR erkennt Interessenskonflikte von Richtern

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat seinen internen Ethikkodex modifiziert Der Jurist Grégor Puppinck mutmaßt über die Gründe.
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Foto: Rainer Jensen (dpa) | Der Jurist Grégor Puppinck teilt in Valeurs Actuelles mit, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) seinen internen Ethikkodex und seine Richtlinien über Interessenskonflikte seiner Richter ...

In einem Gastbeitrag für die französische Zeitschrift „Valeurs Actuelles“ erinnert der Jurist und Leiter des ECLJ (European Center for Law and Justice), Grégor Puppinck, an einen Bericht seines Europäischen Zentrums für Recht und Gerechtigkeit über „Die NGOs und die Richter am EGMR“, der im Februar 2020 publiziert wurde und weltweit Wellen schlug. Die Untersuchung deckte auf, dass „mindestens 22 der letzten 100 Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ehemalige Mitarbeiter von sieben Stiftungen und NGOs sind und sehr häufig in Fällen geurteilt haben, die von ihren eigenen Organisationen unterstützt wurden“, was „in flagranter Weise mit Interessenskonflikten“ in Verbindung gestanden habe.

EGRM reagiert nicht öffentlich auf den Bericht

Unter diesen Organisationen, so präzisiert Puppinck, „unterscheidet sich die Open Society von George Soros durch die Tatsache, dass zwölf ihrer Mitarbeiter Richter in Straßburg wurden, und dass sie die sechs weiteren in Frage stehenden NGOs mitunter weitgehend finanziert“. Die „massive Präsenz“ von Richtern, die aus demselben Netzwerk stammten, zeuge vom „Einfluss großer privater Stiftungen und NGOs auf das europäische System zum Schutz der Menschenrechte und stellt dessen Unparteilichkeit in Frage“.

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Der EGMR, so Puppinck weiter, habe indes nicht öffentlich auf den Report des ECLJ reagiert – „im Gegensatz zu zahlreichen politischen Verantwortlichen und mehreren Ministern – vor allem bulgarischen und russischen -, die sich über die Lage öffentlich Sorgen machten. Sogar das Ministerkomitee, das heißt, die höchste Instanz des Europarates, dem 47 Botschafter angehören und dem der Europäische Gerichtshof untersteht, war gezwungen, öffentlich die Richtigkeit des Reports einzuräumen, und deutete darauf hin, ‚ bis Ende 2024 - im Lichte der bisherigen Erfahrung – die Effizienz des derzeitigen Systems zur Auswahl und Wahl der Richter des Gerichtshofes neu zu bewerten‘ (8. April 2021). Kurz danach scheiterte die Open Society zum ersten Mal bei der Wahl eines ihrer Kandidaten zum Richter in Straßburg“. Der durch den Bericht des ECLJ „errichtete Damm war zu stark“, meint Puppinck.

Die Revision ist tiefgreifend

Am 2. September 2021 nun habe der EGMR eine Neufassung seiner „Résolution sur l’éthique judiciare“ herausgegeben, die am 21. Juni 2021 angenommen worden war. Es handle sich dabei um einen internen Text, der das Reglement des Gerichtshofes sowie die berufsethischen Verpflichtungen der Richter präzisiere. Der frühere Text stamme von 2008, bemerkt Puppinck: „Wenn man ihn mit dem neuen Text vergleicht, zeigt sich, dass die Revision tiefgreifend ist und teilweise den Infragestellungen des Gerichtshofs durch den Report des ECLJ entspricht“. Der neue Text, so führt Puppinck weiter aus, „bekräftigt die Verpflichtung zu Integrität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter.

 Als Reaktion auf den Bericht des ECLJ verpflichtet die Resolution die Richter derzeit, unabhängig von jeglicher Institution zu sein, einschließlich jeglicher ‚Organisation‘ und ‚jeglicher privaten Einrichtung‘, womit sie Bezug nimmt auf NGOs und andere Stiftungen wie die Open Society“. Der Text des EGMR erkläre außerdem, dass die Richter „frei von jedem unberechtigtem – internen oder externen - Einfluss sein müssen“. In Bezug auf die Unparteilichkeit fügt der neue Text das ausdrückliche Verbot hinzu, „an irgendeinem Fall teilzuhaben, der ein persönliches Interesse für sie darstellen könnte“, womit, wie Puppinck erwähnt, „die Prävention vor Interessenskonflikten bestärkt“ werde. Darüber hinaus müssten die Richter „jegliche Aktivität, jeglichen Kommentar und jeglichen Zusammenschluss unterlassen, die als schädlich für das Vertrauen interpretiert werden können, das die Öffentlichkeit im Hinblick auf ihre Unparteilichkeit haben muss“.  DT/ks

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