Wo sich Gesetzgebung und Rechtsprechung einseitig auf die vermeintliche Diskriminierung von Lesben und Schwulen fixieren, geraten die Rechte der Kinder aus dem Blick. Das hat am Donnerstag neuerlich ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte(EGMR) in Straßburg bewiesen. Da wurde in Polen nach langem juristischen Hickhack einer Frau das Sorgerecht für ihr Kind entzogen, nachdem sie nicht mehr mit ihrem Mann, dem Vater ihrer vier Kinder, sondern in lesbischer Lebensgemeinschaft mit einer anderen Frau lebt.
Kindswohl spielt keine Rolle
Nun sind Sorgerechtsstreitigkeiten immer unschön und kompliziert, und meist leiden die Kinder ganz unabhängig von dem, was die Richter am Ende entscheiden. Im vorliegenden Fall, der die polnische Justiz mehrere Jahre lang beschäftigte, war das nicht anders. Skandalös am Urteil der EGMR (des Gerichts des Europarates, nicht der EU) ist, dass das Kindeswohl in seinen Erwägungen überhaupt keine Rolle spielt. An keiner Stelle der Urteilsbegründung geht das internationale Richtergremium darauf ein, was wohl für die Kinder gut, richtig und angemessen wäre.
Fokus auf Diskriminierung
Stattdessen fokussieren die Richter darauf, dass die Mutter aufgrund ihrer (neuen) sexuellen Orientierung diskriminiert worden und deshalb im Recht sei. Die polnischen Richter hätten nach Auffassung des EGMR also ungeachtet der lesbischen Lebensgemeinschaft der Mutter urteilen müssen. So, als hätte diese keinerlei Einfluss auf das Kindeswohl, also auf die Psyche und Entwicklung der Kinder. Ist das alles tatsächlich irrelevant?
Nur noch Sache?
Oder sind Kinder nicht Personen, sondern nur eine Sache: Dann – und nur dann – wäre die Frage des Sorgerechts analog zum Eigentumsrecht zu betrachten. Noch wagt niemand, es offen auszusprechen, doch die einseitige Fixierung auf die „Rechte“ von Schwulen und Lesben führt in diese Richtung: Zuletzt plädierte das Europäische Parlament am Dienstag dafür, die EU-weite Anerkennung von Elternschaft zu erzwingen. Damit würde das Recht von EU-Mitgliedstaaten, gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Kindern zu verwehren, juristisch unterlaufen. Das Menschenbild, das hinter solchen Forderungen steht, ist erschreckend: Hier wird ein Rechtsanspruch auf Kinder postuliert, der losgelöst ist von echter Elternschaft und dem Interesse am Kindeswohl.
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