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Requiem für Georg Ratzinger: Voderholzer würdigt Vermächtnis

Das Bistum Regensburg nimmt Abschied von seinem langjährigen Domkapellmeister. Der emeritierte Papst verfolgt die Totenmesse im Livestream.
Requiem für Georg Ratzinger
Foto: Armin Weigel (dpa)

Mit einem feierlichen Requiem haben das Bistum Regensburg und die Bevölkerung am Mittwoch Abschied vom langjährigen Domkapellmeister der Regensburger Domspatzen, Prälat Georg Ratzinger, genommen. Vor dem neben Kelch, Evangeliar und Stola in der Vierung des Domes aufgestellten Sarg hatten die Gläubigen zuvor den Rosenkranz gebetet. 

Aus Rom waren der Privatsekretär Benedikts XVI., Erzbischof Georg Gänswein, der vormalige Regensburger Bischof Gerhard Kardinal Müller sowie Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst vom Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung angereist, aus Berlin der Apostolische Nuntius Nikolà Eterovic. Wenige Tage vor Georg Ratzingers Tod hatten sich die Brüder während eines spontanen päpstliche Kurzbesuchs noch gesehen. Der 8. Juli ist ein wichtiges Datum im Leben von Georg und Joseph Ratzinger: Am 8.7. 1951 hatten sie in Traunstein in der Stadtpfarrkirche St. Oswald Primiz gefeiert, Georg zelebrierte die Jugendmesse um 7 Uhr, Joseph zwei Stunden später den Pfarrgottesdienst.

Voderholzer betont Doppelberufung zum Preister und Kirchenmusiker

An den Primizspruch Georg Ratzingers aus dem Johannesevangelium „Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen Gnade über Gnade“ knüpfte Bischof Voderholzer in seiner Predigt an und verwies auf die Fügungen Gottes im Leben des Verstorbenen: das fromme Elternhaus, in dem der Glaube weitergegeben wurde, die glückliche Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft, die Doppelberufung zum Priester und Kirchenmusiker. Gerade diese Doppelberufung, so Bischof Voderholzer, mache auf einen tiefen Zusammenhang aufmerksam: Kirchenmusik sei keine Zutat zur Liturgie, sondern selbst Gebet. Kirchenmusik führe weder in rauschhafte Trunkenheit noch in Sentimentalität, sondern in die nüchterne Trunkenheit, von der die mystische Tradition spreche. Mit Nachdruck unterstrich Bischof Voderholzer Kirchenmusik als Medium der Evangelisierung. Georg Ratzinger habe den Anspruch auf höchste künstlerische Qualität mit tiefer Menschlichkeit verbunden. Es gehöre zu seiner Größe, dass er in der Rückschau auch Fehler eingestanden und um Verzeihung gebeten habe. 

Der emeritierte Papst verfolge die Totenmesse für seinen Bruder im Livestream, so Bischof Voderholzer zu Beginn des Requiems. Dadurch sei er mit der feiernden Gemeinde im Regensburger Dom verbunden. Den spontanen Besuch Benedikts in Regensburg Mitte Juni kommentierte Voderholzer: "Dieses Zeichen der Menschlichkeit hat viele berührt. Umso mehr nehmen wir Anteil an Ihrer Trauer."

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Tief bewegt verliest Gänswein Benedikts Dankesworte

Tief bewegt verlas Erzbischof Gänswein die Dankesworte von Papst Benedikt an alle, die Georg Ratzinger auf der letzten Wegstrecke beigestanden hatten - insbesondere Bischof Voderholzer und die vielen Menschen aus aller Welt, die in den vergangenen Tagen ihre Anteilnahme bekundet hatten. Gerade jetzt bewahrheite sich für ihn, Benedikt, der Satz von Kardinal Newman: Cor ad cor loquitur - das Herz spricht zum Herzen.  Der Bruder habe nicht um seinen Besuch in Regensburg gebeten. Mit wenigen Worten erinnerte sich der emeritierte Papst, der die Feier vor dem Bildschirm verfolgte, an die Art und Weise, wie der Bruder seine Berufung als Priester und Kirchenmusiker gelebt habe. Er sei „Vater für viele junge Menschen“ geworden. Benedikt bescheinigte dem Bruder heitere Geselligkeit und Humor, zudem die Fähigkeit zum direkten Wort, der seine Überzeugungen offen ausgesprochen habe. Bei aller Nüchternheit sei die Frömmigkeit die eigentliche Mitte des Lebens von Georg Ratzinger gewesen - auch wenn er sie nicht gezeigt habe. Mit tränenerstickter Stimme endete Erzbischof Gänswein mit dem letzten Gruß Benedikts an den Bruder "Vergelt's Gott, lieber Georg!"

Das Ende des irdischen Weges Georg Ratzingers ließ noch einmal sein Lebenswerk aufleuchten. Ein Vokalensemble ehemaliger Spatzen sang die Messe in F-Dur für vierstimmigen Männerchor von Josef Gabriel Rheinberger, eines der Lieblingskomponisten. Dass er nicht in Vergessenheit geraten ist, bleibt ein Verdienst Georg Ratzingers.

Letztes Geleit für Georg Ratzinger

Zur letzten Anempfehlung erklang ein musikalischer Schlussakkord mit Felix Mendelssohn Bartholdys Kompositionen: „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ und „Hebe Deine Augen auf“. Vor allem die Psalm 91 aufgreifende Motette „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ steht für Georg Ratzingers Wirken als Domkapellmeister. Es war das letzte Stück, das er bei seinem Abschied von den Regensburger Domspatzen 1994 im Dom dirigierte. 

Mit einem Gruß an die Muttergottes endete das Requiem. Der Sarg von Georg Ratzinger wurde durch das Südportal auf den Domplatz getragen. Dort warteten bereits zahlreiche Menschen und eine Fahnenabordnung, um ihm das letzte Geleit zu geben. Und ganz dem volkstümlich-freundlichen Wesen des Verstorbenen entsprechend, fand Georg Ratzinger nicht im erlauchten Kreis seine letzte Ruhe im Stiftungsgrab der Regensburger Domspatzen auf dem Unteren katholischen Friedhof, sondern im Rahmen eines öffentlichen Begräbnisses. Fürstin Gloria zeigte sich anschließend beeindruckt von der Feier und der Predigt von Bischof Voderholzer. Dass die pandemiebedingten Einschränkungen eine volle Besetzung des Domes nicht zugelassen hatten, bedauerte sie im Gespräch mit Journalisten: "Der Domkapellmeister war in Regensburg sehr beliebt. Der Dom wäre sicher voll gewesen": 

"Tiefreligiöser Priester, glaubwürdiger Mensch und äußerst kompetenter Musiker"

Und Albert Schmid, langjähriger Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, ließ altbayerische Schmankerl des Verstorbenen lebendig werden. Im regelmäßigen Austausch über geisteswissenschaftliche Texte habe er den kritischen und hellwachen Geist Ratzingers kennen- und schätzen gelernt.  Eichstätts Bischof Gregor Maria Hanke OSB erklärte gegenüber dieser Zeitung, Georg Ratzinger sei für ihn ein "tiefreligiöser Priester, glaubwürdiger Mensch und äußerst kompetenter Musiker" gewesen. Das alles sei zusammengehalten worden von einem pfiffigen und humorvollen Charakter. "Ich erinnere mich an viele wundervolle Stunden mit ihm. In meinem Gebet wird er einen bleibenden Platz haben".

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