Die Theologin Johanna Rahner hat sich ernüchtert von der kontinentalen Etappe der Weltsynode in Prag gezeigt. Es sei ein Zustand „in limbo“ gewesen, ein Schwebezustand, schreibt Rahner in der aktuellen Ausgabe der Herder-Korrespondenz. Die Kriterien der Auswahl der Delegierten seien unklar, die synodale Methode habe keine Reaktionen ermöglicht und das Abschlussdokument lasse auf sich warten.
Rahner spricht sich für „mehr Theologie und mehr theologisch kompetente, intellektuelle Durchdringung“ von Themen wie der christlichen Anthropologie, Ekklesiologie und Amtstheologie aus, statt im affirmativ-frömmendeln Grundton "viel und emphatisch von Jesus Christus als Mitte und Weg“, von Christusnachfolge, Zeugnis „und einer missionarischen Kirche“ zu sprechen.
Rahner kritisiert Aneinanderreihung von Wortmeldungen
Die angewandte Methode des geistlichen Gespräches in Prag habe „zum Eindruck eines eher ermüdenden Aneinanderreihens von Wortmeldungen“ geführt. Weder habe man „eine strukturierende, theologische Hermeneutik und eine darauf zu entwickelnde normative Kriteriologie“ entwickelt noch „metholologische Überlegungen“ zum Umgang mit der Vielfalt der Wortmeldungen angestellt. Diese „Kompilation aus durchaus disparaten Wortmeldungen“ würde nun Eingang ins Abschlussdokument finden, kritisiert die Theologin.
Sie moniert, dass die Delegierten auf Wortmeldungen nicht hatten reagieren können. Man habe einfach vieles „stehengelassen". Das dort geübte kontemplative Nachdenken sei nicht auf „Diskursivität, intellektuelle Rechenschaftsabgabe und das argumentative Ringen…um das Relevante, Eigentliche oder gar das Richtige ausgelegt“ gewesen, bemängelt Rahner.
Rahner fordert Kirche der unterschiedlichen Geschwindigkeiten
Stattdessen habe man das Gemeinsame stärken wollen, indem man viel über Mission, Christusnachfolge und Jesus als Mitte gesprochen habe — ohne jedoch argumentativ zu klären, was dies alles im 21. Jahrhundert zu bedeuten habe und „wie man in einer säkularisierten, religiös pluralen und kulturell vielfältigen Welt „katholisch Kirche leben könnte“, nämlich „alle umfassend, offen, einladend, inklusiv“. Auch das Thema Missbrauch sei zu kurz gekommen.
Neben dem Ansatz einer intellektuellen Synodalität spricht sich die Theologin auch dafür aus, „einzelne Ortkirchen in verschiedenen Bereichen vorangehen zu lassen“, ohne sofort Etiketten wie „Sonderweg“ oder „Kirchenspaltung“ zu bemühen. DT/dsc
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