Prag

„Die Kunst der Unterscheidung will gelernt sein“

Am zweiten Tag der Kontinentalen Phase der Weltsynode ging es vor allem um den Umgang mit Spannungen und Divergenzen im Hören auf den Geist Gottes.
Zweiter Tag  der Kontinentalen Phase der Weltsynode
Foto: Picasa | Aufeinander und auf Gottes Geist hören, Spannungen stehenlassen und aushalten, darum ging es am zweiten Tag in Prag.

Divergenzen und Spannungen waren Thema des zweiten Tages  der Kontinentalen Phase der Weltsynode in Prag: Spannungen zwischen Veränderung und Stagnation, Glaube und Vernunft, zwischen Synodalität und Hierarchie, zwischen Barmherzigkeit und Wahrheit, wobei die Frage nach dem "Wie" der Unterscheidung aufkam. Ziel des Tages war aber nicht, über Ansichten zu diskutieren, sondern weiterhin aufeinander und auf den Heiligen Geist zu hören und Meinungen stehen zu lassen.

...damit der Heilige Geist zum Zuge kommt

Dieses Hinhören ist der Erfurter Dogmatikerin Julia Knop negativ aufgestoßen. In einem Bericht auf "katholisch.de" vom Dienstag monierte sie, dass es keine Debatten gebe und „spontane Wortmeldungen nicht vorgesehen seien, sondern „alle halbe Stunde drei Minuten Meditation, damit der Heilige Geist zum Zuge kommt“. Statt eines Arbeitsprogramms gäbe es geistliche Gespräche, kritisierte sie.

Genau dieser geistliche Aspekt aber unterscheidet die Weltsynode vom deutschen Synodalen Weg. Die Leitung der kontinentalen Phase wurde nicht müde zu betonen, wie wichtig es sei, immer auf Gottes Geist zu hören und eigene Wünsche zurückzustellen. Dies erkannten auch diverse Delegierte. Viele stellten nüchtern fest, man befinde sich noch in der Lernphase. 

Die Notwendigkeit der Umkehr

Unklar war beispielsweise noch, durch welche Anregungen der Heiligen Geist tatsächlich spricht. Hier regte einer der Vertreter aus Litauen an, im Abschlussdokument „ausführlich zu beschreiben“, wie die geistliche Unterscheidung funktioniere. Die „Kunst der Unterscheidung“ sei „fast unbekannt“. 

Aus mehreren Ländern kam der Ruf nach Umkehr, nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung mit Missbrauch, die die Kirche verwundet habe, wie irische Delegierter es formulierten. Die irische Delegierte war der Ansicht, dass viel Missbrauch hätte „verhindert werden können, wenn die Kirche damals schon synodaler gewesen wäre“.  Der Weg der Kirche hin zu einer synodalen Kirche stößt überall auf positive Resonanz. In dem Zusammenhang mahnte ein Delegierter, wieder über „die Schönheit des Priesteramtes“ zu sprechen, „weil wir ohne Priester keine synodale Kirche haben werden“, sagte er überzeugt.

Wunsch nach Katechesen und Mission

Auch in der Ansicht, dass der Glaube schwinde und gute Katechesen und Evangelisierung nötig seien und besonders in die Jugend investiert und die Familie als Hauskirche neu entdeckt werden müsse, herrschte weitgehend Übereinstimmung. Die Frauenfrage beschäftigte viele, wobei nicht alle die Rolle der Frau mit dem Weiheamt assoziieren, sondern grundsätzlich nach neuen und weiteren Möglichkeiten der Beteiligung fragen suchen. 

Beim Aspekt der Inklusion gingen die Ansicht am weitesten auseinander. Während beispielsweise die Luxemburger für eine radikale Öffnung aller LGBTQ+-Themen einstehen, sorgten sich Polen und Litauer, dass Reformen auf Kosten der kirchlichen Lehre gehen könnten. 

Die Spannungen aushalten

Der Vertreter aus Litauen wies darauf hin, dass Gastfreundschaft wichtig sei, aber man Menschen auch freilassen müsse, „die gehen wollen“ und die Ausrichtung der Kirche nicht teilten. Kirche dürfen solche Menschen nicht „künstlich unter dem Zelt halten“, sagte er anlehnend an das Motto der Versammlung  „Mach den Raum deines Zeltes weit“.

Insgesamt wurde festgestellt, dass die Spannungen eine besondere Herausforderung für die Kirche darstellten. Die größte Spannung der Weltsynode war wohl folgende: die Angst von einigen  vor eine neuen Kirche und die Angst anderer, sie würden sich zu wenig ändern. Diese Spannungen und alle damit einhergehenden Gefühle galt es, zunächst einmal auszuhalten.  DT/dsc

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