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Institut du Bon Pasteur: „Traditionis custodes“ will traditionellen Ritus auslöschen

Mit dem neuen Motu proprio „Traditionis custodes“ gräbt Papst Franziskus das Kriegsbeil wieder aus, meint der Mitbegründer des Institut du Bon Pasteur, Pater Guillaume de Tanoüarn. Im Sinne des Papstes sei es nie opportun, die Messe im außerordentlichen Ritus zu feiern.
Kardinal Walter Brandmüller zelebriert in Rom eine Messe nach dem alten Ritus
Foto: Cristian Gennari | Kardinal Walter Brandmüller (mitte) zelebriert in Rom mit dem Rücken zur Gemeinde eine Messe nach dem alten Ritus am 15. Mai 2011.

In einem Gespräch mit dem französischen Magazin „L’Incorrect“ äußert sich Pater Guillaume de Tanoüarn, Mitbegründer der 2006 durch die päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“ ins Leben gerufenen altrituellen Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts „Institut du Bon Pasteur“ (Institut vom Guten Hirten) über Hintergründe des neuen Motu proprio „Traditionis custodes“.

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"Rein disziplinarisches" Motu proprio

In dem Interview bringt er seine Überraschung über dessen strengen Ausführungen zum Ausdruck. Im Grunde sei dieses „rein disziplinarische“ Motu proprio nicht doktrinärer Natur. Disziplinarisch deswegen, „weil es für Papst Franziskus darum geht, die Fruchtbarkeit der Ecclesia-Dei-Institute und die der - momentan die Kirche durchdringenden – Bewegung zu zerstören, und die zu einer Communio der Riten führt“. Man habe erkannt, so Pater de Tanoüarn weiter, „dass der alte Ritus das Sakrale, die Transzendenz und die Anbetung mit sich bringt, während der neue Ritus Partizipation und Nähe bewirkte. Seit 1988 und dem Motu proprio Ecclesia Dei von Johannes Paul II. ist sich die Kirche allmählich der Komplementarität der Riten bewusst geworden“.

Der Pater meint, dass viele junge Gemeindepriester „ein Zwischending aus beidem praktizieren und ihren Gläubigen ein Stück der Vertikalität des traditionellen Ritus nahebrachten“. Wir hätten uns bis jetzt in einer zur Ruhe gekommenen Lage befunden, die nichts mit den Konflikten der Siebziger-, Achtziger- ja sogar Neunziger Jahre zu tun hatte. Und „plötzlich beschließt Papst Franziskus, das Kriegsbeil wieder auszugraben. Sein Motu proprio ist eindeutig deshalb verfasst worden, um die Auslöschung des traditionellen Ritus umzusetzen. Das markanteste Beispiel dafür – außer der Tatsache, dass er jeglichen neuen Standort verweigert – ist, dass die nach diesem Motu proprio geweihten Priester die traditionelle Messe nur dann feiern können, wenn sie bei ihrem Bischof um die Erlaubnis bitten, der wiederum in Rom anfragt, ob dies opportun sei. Das heißt so viel, dass es im Sinne des Papstes nie opportun sein wird. Damit handelt es sich in Wirklichkeit um ein verschleiertes – allerdings nicht sehr gut verschleiertes - Verbot“.

"Extrem dunkle, extrem schwarze Zeitspanne"

Auf die Frage, ob er die Klagen des Papstes in Bezug auf die Traditionalisten verstehe, dass die traditionelle Liturgie benutzt würde, um das Zweite Vatikanische Konzil abzulehnen, antwortet Pater de Tanoüarn: „Ich lehne strikt jeglichen Vatikanum-II-Fetischismus ab. Ein Fetischismus, der nichts mit der theologischen Unfehlbarkeit des Konzils selbst zu tun hat. Es handelte sich um ein Pastoralkonzil, das in der Geschichte der Menschheit in einem Augenblick eines außergewöhnlichen Optimismus zustande kam“.

Doch heute, so erläutert der Pater, befänden wir uns in einer „extrem dunklen, extrem schwarzen Zeitspanne“. Die Kirche täte gut daran, sich der neuen gesellschaftlichen Konstellation anzupassen, mit der sie es zu tun habe, insbesondere mit der „Verarmung der sogenannten ‚reichen‘ Bevölkerungsgruppen und dem allgemeinen Verlust an Orientierung. Ganz zu schweigen von der Gewalt zwischen den Religionen, die sich aus den Ansprüchen des radikalen Islam ergibt“. Wir befänden uns heute in einer Situation, die sich grundlegend von den Siebziger Jahren unterscheide. Daher sei es „normal, dass die Katholiken etwas anderes suchen als das Zweite Vatikanum“, um sich der neuen Lage zu stellen. Doch dies bedeute keine Verurteilung des Zweiten Vatikanischen Konzils an sich, denn das Konzil sei der Ausdruck einer anderen Zeit, einer anderen Epoche. Und Pater de Tanoüarn fürchte, „dass der alte Papst, den wir haben, diese Betagtheit des Zweiten Vatikanum nicht wahrnehmen kann“.

Widerspricht Verhalten der Traditionalisten der "Communio"?

Der Papst schreibt in seinem Motu proprio, das Verhalten der Traditionalisten „widerspricht der Communio“, womit die Spaltung vorangetrieben werde. Pater de Tanoüarn meint jedoch dazu, dass der Papst es sei, „der der Communio widerspricht. Wir befinden uns in dem - von den Theologen in Betracht gezogenen - seltenen Fall, in dem der Papst selbst eine Communio zerstört, die sich gerade entwickelt und die offensichtlich Zeit, aber auch ein wirkliches Vertrauen der einen gegenüber den anderen braucht. Und genau dieses Vertrauen zerstört er. Dass ein Papst mit einer derartigen Leichtigkeit in zwei Seiten das auflösen kann, was sein Vorgänger geschaffen hat – dies stellt ein Problem für die von ihm geleitete Institution und für seine Zuverlässigkeit dar“.

In praktischer Hinsicht bedeute das Motu proprio nach Ansicht von Pater de Tanoüarn, dass neue Zusammenkünfte zur Feier der alten Messe zunächst Sache des Ortsbischofs seien. Außerdem hätten die Institute päpstlichen Rechts, „die geschaffen wurden, um die Blessuren des liturgischen Kampfes der Siebziger zu heilen, nicht mehr das Recht haben, sich irgendwo niederzulassen, neue Strukturen zu gründen und zu wachsen“. Letztendlich gehe es also darum, „diese Gemeinschaften aufzuheben“, indem die Seminare keine Priesteramtskandidaten mehr aufnehmen dürften. Was die derzeitige Hierarchie der Kirche nicht verstehe, so Pater de Tanoüarn, sei „diese Rekrutierung von Priestern im Schoß der Tradition – im Vergleich zu den Seminaristen ‚neuer Art‘“. Da der Papst diese Ausbreitung der altrituellen Gemeinschaften nicht versteht, so de Tanoüarn weiter, „setzt er mit diesem Motu proprio alles aufs Spiel, um sie zu zerschlagen – auf die Gefahr, die Kirche zu schädigen. Offenbar bevorzugt man eine Kirche, die endgültig priesterarm ist, in der man jedoch jegliche Form der Konkurrenz methodisch ausgeschaltet hat“.  DT/ks

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