Wenn ein katholischer Christ – vielleicht wegen einer Eheschließung – in Ägypten koptischer Christ werden will, wird er wiedergetauft. Manche orthodoxen Bischöfe in Griechenland sind da liberaler. Sollte aber ein Katholik auf dem Berg Athos seine Liebe zur Orthodoxie entdecken, bestehen die dortigen Mönche darauf, dass er nochmals ihre Taufe empfängt.
Wenn Papst Leo in seinem jüngsten Apostolischen Schreiben „In unitate fidei“ zum 1.700. Jahrestag des Konzils von Nizäa von der nach 60 Jahren intensiv geführter ökumenischer Dialoge gewachsenen Einsicht spricht, „dass wir auf der Grundlage der einen Taufe und des nizäno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses in den Brüdern und Schwestern der anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften unsere Brüder und Schwestern in Jesus Christus“ erkennen, so gibt es bei den orthodoxen „Hardlinern“ immer noch Nachholbedarf. Die „eine Taufe“ und das gemeinsame Credo zählen etwa für die Kopten nicht. Bis heute sind sie Wiedertäufer.
Benedikt XVI. hatte den Titel „Patriarch des Westens“ abgelegt
Spätestens mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat sich die lateinische Kirche die Anliegen der ökumenischen Bewegung, die vor über 100 Jahren außerhalb des katholischen Erdkreises entstanden ist, voll und ganz zu eigen gemacht. Ein eigenes vatikanisches Dikasterium treibt diesen Dialog voran. Wenn jetzt in Iznik, auf den Trümmern des einstigen Nizäa, Kirchenführer des Konzils und des Glaubensbekenntnisses gedenken, das alle Christen verbindet, stehen die Patriarchen der Pentarchie im Vordergrund, wie sie sich im sechsten Jahrhundert mit dem Konzil von Chalcedon 451 herausgebildet hatten: Konstantinopel, Antiochien, Jerusalem, Alexandrien – und Rom mit dem Papst als „Primus inter pares“.
Benedikt XVI. hatte den Titel „Patriarch des Westens“ abgelegt, um anzudeuten, dass der Papst dann doch noch etwas anderes ist. Franziskus nahm ihn wieder an, um zu zeigen, dass er den anderen Patriarchen ein „Bruder“ ist. Doch das ist nur ein Schmankerl, wenn man bedenkt, dass in Iznik (Nizäa) die zahlenmäßig größte Kirche des Ostens nicht vertreten ist. Das Patriarchat von Moskau gehört eben nicht zur klassischen Pentarchie, weil es – wie das Patriarchat von Bulgarien – nach Chalcedon entstanden ist.
So konnte Bartholomaios den Moskauer Rivalen fernhalten
Dem gastgebenden Patriarchen Bartholomaios von Konstantinopel mag der Rückgriff auf die alte Pentarchie gerade recht gewesen sein, um den Moskauer Rivalen vom Nizäa-Gedenken fernzuhalten. Aber auch sonst ist der Kirchenatlas des Ostens ein Flickenteppich: Allein drei Patriarchen von Antiochien residieren im zerbombten Damaskus: der Syrer, der Grieche und der – in Einheit mit Rom stehende – Melkite. Und es laufen ihnen die Gläubigen aus den Unruheregionen Syrien und Libanon weg. Viel gäbe es zu besprechen, wenn die alten Patriarchate wie im ersten christlichen Jahrtausend nochmals gemeinsam Konzil halten könnten. Aber die Begegnung jetzt in der Türkei wird nicht mehr sein als eine Erinnerung an jene alten Zeiten.
So wie in der Ökumene ist Rom auch beim interreligiösen Dialog zu einem Protagonisten geworden. Von Johannes Paul II. und den Gebetstreffen in Assisi über Benedikts XVI. Dialog mit der muslimischen Welt nach der Regensburger Vorlesung bis zum Geschwisterlichkeits-Dokument von Papst Franziskus mit dem Großscheich von Al-Azhar: Auch diese Dimension könnte Papst Leo in der Türkei und im Libanon vor allem vor Politikern und Diplomaten ansprechen. Doch bevor die Hassquelle des Nahostkonflikts nicht endgültig versiegelt ist, dürfte der Dialog zwischen Christen, Muslimen und Juden kaum Früchte tragen.
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