In der Osteroktav zeichnet sich nördlich der Alpen seit Jahren ein von Teilen der kirchlichen Hierarchie gefördertes Kontrastprogramm ab: Während progressive Bistümer und Verbände den im liturgischen Kalender nicht vorgesehenen "Tag der Diakonin" im April bewerben, um auf ihre Forderung nach der Zulassung von Frauen zum Weiheamt aufmerksam zu machen, bereitet die Weltkirche das Fest der göttlichen Barmherzigkeit vor.
Dass Bischof Georg Bätzing im Osterinterview mit einem deutschen Boulevardblatt seine Auffassung kundtat, die Diakoninnenweihe sei zeitnah umsetzbar, folgt der schrägen Logik einer nationalen Reformdebatte, die sich weder um theologische Grundlagen schert noch um das Denken und Fühlen der Gläubigen mit der Kirche. In der Universalkirche spielt der Diakoninnentag keine Rolle. Auch wenn es in Ordinariaten zum guten Ton gehört, kirchlich anerkannten Privatoffenbarungen hüstelnd zu begegnen die Weltkirche feiert den Sonntag nach Ostern gemäß dem liturgischen Kalender als Barmherzigkeitssonntag.
Von einem Heiligen geschenkt
Das von dem heiligen Johannes Paul II. eingesetzte Fest der göttlichen Barmherzigkeit am "Weißen Sonntag" hat sich als ein Erkennungsmerkmal authentischer Katholizität herauskristallisiert. Das Bild des barmherzigen Jesus, das auf die heilige Schwester Faustina zurückgeht, ist inzwischen zur Ikone des 21. Jahrhundert geworden. Es bildet ein Ferment zwischen Gläubigen verschiedener Kulturen und Muttersprachen und stellt zugleich eine Initialzündung für lebendige Formen der Volksfrömmigkeit dar, die auch in deutschen Pfarreien Anziehungskraft haben. Nach dem Vorbild des süddeutschen "Frauentragens" im Advent, bei dem eine Marienstatue von Haus zu Haus gebracht wird und dort einen Ehrenplatz erhält ehe die Reise weitergeht, begleiten manche Gemeinden auch ein Bild des barmherzigen Jesus auf seiner Pilgerreise durch die Häuser der Pfarreimitglieder.
Im Internet findet sich inzwischen eine schier unerschöpfliche Fülle institutioneller und privater Angebote, die das Bild des barmherzigen Jesus sowie eine Auswahl an Gebeten und die Geschichte der Verehrung der göttlichen Barmherzigkeit dokumentieren. Über das Päpstliche Hilfswerk "Kirche in Not" bis zu marianisch geprägten Gebetsgruppen sind viele Sprachen und Formate abrufbar.
Nach den Marienerscheinungen in Lourdes im Jahr 1858, die Katholiken weltweit dazu bewogen, Lourdesgrotten zu bauen und die mit dem Welttag der Kranken am 11. Februar einen Gedenkort im liturgischen Kalender erhielten, hat die Kirche erneut eine breite Plattform geschaffen, auf der Seelsorge, Liturgie und Volksfrömmigkeit verschmelzen.
Bild des barmherzigen Jesus
Der Kölner Weihbischof Dominik Schwaderlapp, der als Bischofsvikar für die Internationale Katholische Seelsorge im Erzbistum Köln mit gut 350 000 Katholiken in 43 muttersprachlichen Gemeinden in 27 Sprachen und 10 Riten verantwortlich ist, erklärt gegenüber dieser Zeitung: "In allen Kulturen, so unterschiedlich sie sind, findet sich das Bild des barmherzigen Jesus. Hier wird etwas Verbindendes in unserem katholischen Glauben deutlich. Der barmherzige Jesus ist die Mitte und seine Barmherzigkeit überstrahlt alle menschliche Schwäche und alle Unterschiede in den Nationen. Wir sind eben eine Kirche und eine Familie. Wir gehören zusammen. Im Gebet wird das besonders deutlich." Ein sichtbares Zeichen, so der Weihbischof, sei der barmherzige Jesus, "der nicht nur bei den polnischen Schwestern und Brüdern, sondern in aller Welt verehrt und geliebt wird".
Die Vorbereitung auf das Fest der göttlichen Barmherzigkeit mit der weltbekannten Novene hat gerade in den deutschsprachigen Ländern mit ihrem internationaler werdenden Katholizismus einen besonderen Wert. Das Fest bildet ein Korrektiv zu liturgischen Verirrungen und Vergesslichkeiten. In manchen Gemeinden fällt inzwischen die Pfingstnovene aus, weil der Sinn der neuntägigen Vorbereitung auf das Hochfest vielen nicht mehr bewusst ist. Das geistliche Training mit der Weltkirche wird in Zukunft noch unverzichtbarer werden.
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