Der erste Papst des amerikanischen Kontinents, geboren als Jorge Mario Bergoglio in Buenos Aires, hinterlässt ein bleibendes Erbe – besonders in Lateinamerika. Franziskus reiste insgesamt acht Mal in die Region und besuchte dabei zehn Länder – seine Heimat Argentinien allerdings nicht. Am Mittwochabend fand in der Kathedrale von Buenos Aires eine interreligiöse Gedenkfeier für den Papst statt. Franziskus hatte 15 Jahre lang das Amt des Erzbischofs des Hauptstadtbistums inne, bevor er 2013 zum Oberhaupt der katholischen Kirche gewählt wurde.
Vertreter verschiedener Religionen und politischer Institutionen nahmen an der Zeremonie teil. Für die katholische Kirche waren unter anderem der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz, Erzbischof Marcelo Colombo von Mendoza, sowie der Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Ignacio García Cuerva, anwesend. Auch der emeritierte Bischof Oscar Ojea war vertreten.
„Ich fühle mich wie ein Waisenkind"
Für die orthodoxen Kirchen nahm Kissag Mouradian von der Armenischen Kirche teil. Die evangelischen Kirchen wurden durch Pastorin Mariel Pons (Methodisten) vertreten, die Pfingstkirchen durch Pastor Norberto Saracco. Für die jüdische Gemeinde sprach Rabbiner Daniel Goldman, Friedensbotschafter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). In einem Interview hatte er seine persönliche Betroffenheit mit bewegenden Worten ausgedrückt: „Ich fühle mich wie ein Waisenkind. Denn Papst Franziskus nimmt einen wichtigen Platz in meinem Leben ein.“ Den Islam vertraten Sheij Salim Delgado Dassum und Omar Abboud. Sie ehrten Franziskus als „Sprecher des Friedens in einer Welt voller Kriege“.
Erzbischof García Cuerva erinnerte in seiner Ansprache daran, dass Franziskus die Kathedrale stets als „Haus für alle“ verstanden habe. Der interreligiöse Dialog sei für den Papst ein zentraler Weg zu Frieden und Gemeinwohl. Die beste Form des Gedenkens sei, so Cuerva, „gemeinsam weiter für die Armen einzutreten“.
Zuvor hatte schon der Lateinamerikanische Bischofsrat (CELAM) Franziskus‘ Pontifikat als ein Geschenk für die gesamte Kirche bezeichnet. Franziskus habe den missionarischen Elan neu entfacht, Gottes Barmherzigkeit immer wieder ins Zentrum gerückt und den Menschen an den Rändern der Gesellschaft eine Stimme gegeben. Seine Botschaften seien klar und eindringlich gewesen: eine Kirche, die hinausgeht und sich den Realitäten der Völker annähert.
Pontifikat geprägt von tiefer menschlicher Nähe
Aus vielen Ländern Lateinamerikas kamen Reaktionen voller Trauer – aber auch voller Dankbarkeit. Der Erzbischof von Mexiko, Kardinal Carlos Aguiar Retes, erinnerte in seiner Osterbotschaft an Franziskus’ Aufruf zu Umkehr, Hoffnung und Solidarität mit den Leidenden an den existenziellen Rändern der Gesellschaft.
Die chilenische Bischofskonferenz würdigte das Zeugnis von Liebe und Barmherzigkeit, das Franziskus hinterlassen hat. Die Bischöfe riefen dazu auf, seine Vision einer synodalen, prophetischen und hoffnungsvollen Kirche weiterzutragen. Auch die Bischofskonferenzen aus Uruguay und Kolumbien schlossen sich der weltweiten Trauer an. In Kolumbien erinnerte man sich besonders an die Nähe des Papstes zu den Menschen während seines Besuchs 2017 sowie an seine stete Mahnung zu Frieden und Versöhnung.
In Honduras und Nicaragua betonten die Bischöfe die tiefe menschliche Nähe, die das Pontifikat von Franziskus geprägt habe. Er habe den Menschen ein neues Gesicht der liebevollen Gegenwart Gottes in der Kirche und in der Welt vermittelt. Besonders hervorgehoben wurde seine Enzyklika „Laudato Si’“, in der er zum Schutz der Erde und zur Achtung vor der Schöpfung aufgerufen habe. Die Bischofskonferenz von Guatemala würdigte ebenfalls sein Wirken und dankte für sein Lehramt, das Hoffnung gespendet habe.
Franziskus, „Bruder in allen Stunden“
In Costa Rica und Panama riefen die Regierungen mehrtägige Trauerzeiten aus. Die dortigen Bischofskonferenzen dankten Franziskus und riefen die Gläubigen zum Gebet für den verstorbenen Papst auf. In Costa Rica hieß es, Franziskus habe der Kirche den Mut gegeben, das Evangelium „mit Freude zu leben und die Armen zu lieben“. Die Bischofskonferenz von El Salvador dankte Papst Franziskus für die Heiligsprechung von Bischof Óscar Arnulfo Romero am 14. Oktober 2018 sowie für die Seligsprechung der Märtyrer Pater Rutilio Grande, Pater Cosme Spessotto, Manuel Solorzano und Nelson Rutilio Lemus im Januar 2022.
Die Dominikanische Bischofskonferenz drückte ihre Trauer aus und forderte alle kirchlichen Gemeinschaften des Landes auf, „für die Seele des Heiligen Vaters zu beten und Gott für sein Leben im Dienst des Evangeliums, für seinen Dienst an der Kirche und dafür, dass er ein wahrer Zeuge Christi war, zu danken“. In Kuba würdigte die Katholische Bischofskonferenz Franziskus als „treuen Hirten, Mann tiefen Glaubens und unermüdlichen Diener des Evangeliums“ in geistlicher Verbundenheit mit der gesamten Weltkirche.
Auch katholische Ordensgemeinschaften drückten ihre Dankbarkeit aus. Die Lateinamerikanische Konföderation der Ordensleute (CLAR) bezeichnete Franziskus als „Bruder in allen Stunden“. Er habe den Blick stets auf Jesus gelenkt und die Ordensleute dazu ermutigt, sich von Weltlichkeit zu befreien und hinauszugehen, um den Armen zu begegnen. Diese Einladung, sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, bleibe eine der zentralen Botschaften seines Pontifikats.
Viele Priester aus Armenvierteln und Slums in Argentinien betonen, dass Franziskus’ Vermächtnis in einer „armen Kirche für die Armen“ fortlebe. Seine Nähe zu den Ausgegrenzten und Ausgestoßenen bleibe unvergessen – und sei Auftrag zugleich.
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