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Synodale stimmen für „Prüfung des Pflichtzölibats“

Der Synodale Weg stimmt mit großer Mehrheit dafür, den Papst um eine Zölibats-Prüfung zu bitten. Zuvor hatte es intensive Diskussionen um schärfere Formulierungen gegeben.
Auch der zweite Handlungstext wurde zum Auftakt der Synodalversammlung mit großer Mehrheit angenommen
Foto: Maximilian von Lachner (Synodaler Weg / Maximilian von L) | Auch der zweite Handlungstext wurde zum Auftakt der Synodalversammlung mit großer Mehrheit angenommen.

Der Synodale Weg hat sich für eine „Prüfung des Pflichtzölibats“ ausgesprochen. Am Donnerstagabend stimmte eine Mehrheit der Synodalen in zweiter Lesung für den Handlungstext „Der Zölibat der Priester – Bestärkung und Öffnung“. Insgesamt 179 Synodale (94,7 Prozent) stimmten für das Papier, zehn dagegen; 16 Mitglieder enthielten sich. Von den Bischöfe stimmten 44 dafür (89,8 Prozent), fünf dagegen, weitere elf Bischöfe enthielten sich. Die zur Annahme des Textes benötigte Zweidrittelmehrheit der Bischöfe wurde somit erreicht. Die Abstimmung erfolgte namentlich, nachdem ein diesbezüglicher Geschäftsordnungsantrag von rund 60 Prozent der Mitglieder angenommen worden war.

In der vorhergehenden Aussprache warb die Mehrheit der Redner für die Annahme des Textes. So warb beispielsweise Tim-Oliver Kurzbach mit den Worten, er „kenne zu viele Männer als Priester, die schwer unter diesem Zölibat zu leiden haben, die Liebe und Sexualität nur versteckt leben, und jeden Tag unter Angst und Druck stehen, die ihre Partnerinnen und Partner damit schwer belasten“ für die Annahme des Textes.  

Marx: Charisma der Ehelosigkeit nicht feststellbar

Demgegenüber sagte der Kölner Weihbischof Schwaderlapp, die „Übernahme der Lebensform Christi“ zeige, „dass er mehr ist, als nur ein Funktionsträger“. Dies aufzugeben, halte er „für eine Verarmung“. Der Görlitzer Bischöfe Wolfgang Ipolt merkte an, man lebe in einer Zeit, in der Ehe ebenso wie Ehelosigkeit „unter Beschuss“ stünden. In diesem Kontext halte er es für schwierig, die Berufung zur Ehelosigkeit „wegzudiskutieren“. Zudem könne „das Misslingen einer Berufung nicht Maßstab sein“.

Reinhard Kardinal Marx sagte, man könne das „Charisma der Ehelosigkeit“ bei Priesteramtskandidaten nicht sicher feststellen, oft werde die Ehelosigkeit eher in Kauf genommen. Auch die letzte Rednerin, Nicole Podolinski, argumentierte, niemand könne in die Zukunft sehen. Zudem sei es „grausam“, sich für eine Lebensberufung oder einen Menschen entscheiden zu müssen.

Für intensive Diskussionen hatte außerdem ein Änderungsantrag des BDKJ-Vorsitzenden Gregor Podschun gesorgt. Dieser sah vor, das im Text enthaltene Votum „Die Synodalversammlung bittet daher den Heiligen Vater, im Synodalen Prozess der Weltsynode (2021-2023) die Verbindung der Erteilung der Weihen mit der Verpflichtung zur Ehelosigkeit neu zu prüfen“ abzuändern in „ Die Synodalversammlung bittet (…) zur Ehelosigkeit aufzuheben“. Podschun hatte argumentiert, die vorliegende Formulierung mit der Bitte um Prüfung sei „sehr sehr schwach“, wenn keine Änderung erfolge, beschließe man „eigentlich gar nichts“. Der Antrag wurde schließlich mit einer Mehrheit von rund zwei Dritteln abgelehnt.

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Fünf Voten zum Zölibat

Der abgestimmte Handlungstext beinhaltet insgesamt fünf „Voten“ zum Zölibat, in denen die Delegierten den Papst um Änderungen bitten, aber auch die Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken offiziell zum Handeln auffordern. Gefordert wird zunächst, den verpflichtenden Zölibat „neu zu prüfen“ – die Synodalen wollen erreichen, dass die Ehelosigkeit Priestern in Zukunft zur freien Entscheidung überlassen wird, und auch bereits geweihten Priestern eine Ehe zugestattet wird. Bis zur endgültigen Prüfung wird vom Papst erbeten, zügig „viri probati“, bewährte verheiratete Diakone, zum Priesteramt zuzulassen. Ferner fordert der Handlungstext, in Deutschland untersuchen zu lassen, wie es um dispensierte Priester bestellt ist, und Priester, die aufgrund einer Beziehung dispensiert wurden, in den (nicht-priesterlichen) pastoralen Dienst zu integrieren.

Begründet werden die Forderungen mit einer auf den Pflichtzölibat bezogenen „inneren Unruhe“ im Volk Gottes, die schon viele Jahrzehnte andauere. In der Tradition der Unterscheidung der Geister müsse diese ernst genommen werden. Der Text postuliert zudem, dass die Ehelosigkeit im Priesterberuf anders als bei der Berufung zum Ordensleben sekundär sei. Wörtlich heißt es: „Sehr einfach ausgedrückt wählen Priester einen Beruf, der dann mit einer Lebensform verbunden ist. Ordensleute dagegen wählen eine Lebensform, die dann gegebenenfalls mit einem Beruf verbunden ist“.  Der Anspruch des Zeugnischarakters der Ehelosigkeit könne daher bei Priestern „kaum eingelöst werden“. Auch habe die Missbrauchskrise gelehrt, dass der Zölibat dazu führen könne, überproportional viele Männer anzuziehen, die sich ihrer Sexualität unsicher seien – wie die MHG-Studie zeige, sei dieser „regressiv-unreife Typus“ als „dritte Gruppe von Beschuldigten“ anfällig, zum Missbrauchstäter zu werden.  DT/jra

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der "Tagespost" umfassende Berichte, Hintergründe und Kommentare zur fünften Vollversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt.

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