Der Synodale Weg geht in seine letzte Etappe. Dabei nehmen die Teilnehmer einen methodischen Makel aus der vorletzten Versammlung mit in die letzte. Die geheime Abstimmung gehört dem Grunde nach fest zur römischen Synodalkultur. Das hat etwas mit dem geistlichen Charakter einer Synode zu tun. Entscheidungen sollen im Gebet und im Hören auf den Geist Gottes und ohne menschlichen Druck fallen.
Eine falsche Deutung
Als bei der vierten Synodalversammlung ein Text überraschend scheiterte, war die Empörung groß. Um sicher zu sein, dass so etwas nicht noch einmal passiert, interpretierte man Satzung und Geschäftsordnung so, dass im Zweifelsfall unbedingt namentlich abzustimmen war. Das baute den als nötig angesehenen Druck auf die Bischöfe auf. Das funktionierte gut, denn es gab in der Tat keine weitere Ablehnung mehr. Diese Interpretation von Satzung und Geschäftsordnung war und ist falsch, wie Kirchenrechtler festgestellt haben. Georg Bier bezeichnete diese Interpretation als eine „unhaltbare Einschätzung der Rechtslage“. Der Würzburger Kirchenrechtler Martin Rehak sprach von einer verfehlten Auslegung und Anwendung.
Auch die deutschen Bischöfe waren mehrheitlich der Ansicht, der geheimen Abstimmung sei aus gutem Grund der Vorrang zuzubilligen. Das Präsidium des Synodalen Weges hat dies nun in einem vierseitigen Schreiben an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz abgelehnt. Es bleibt dabei, dass auch bei der kommenden Versammlung der namentlichen Abstimmung der Vorrang gegeben wird.
Weiterhin Entscheidungen unter Druck
Absurderweise können Bischöfe verhindern, dass ihre Statements im Streaming übertragen werden. Wie sie abgestimmt haben, kann jeder sehen. So wird man auch heute nach den jeweiligen Abstimmungen nachlesen können, welcher Bischöfe wie abgestimmt hat. Niemand wird allen Ernstes eine geistliche Atmosphäre behaupten können, wenn sich nach jeder Abstimmung die jeweils interessierten Kreise auf die Ergebnisse stürzen. Wer will denn noch wirklich frei abstimmen, wenn später mit dem Finger auf die der Ablehnung von Texten schuldig gewordenen gezeigt wird? Die Ablehnung von Texten wird schließlich nicht als legitimer Akt, sondern als Scheitern bezeichnet. Synodalität geht anders. Da geht es eben nicht um Mehrheiten und um politischen Druck. Dass der Synodale Weg wirklich rein gar nichts mit Synodalität zu tun hat, wie sie Papst Franziskus versteht und wie sie in Rom praktiziert wird, ist längst bekannt. Hätte es einer weiteren Bestätigung gebraucht, dann hätte das Präsidium sie mit seiner Bevorzugung der namentlichen Abstimmung geliefert.
Lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost umfassende Berichte, Hintergründe und Meinungen zur fünften Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt.