Die Publizistin Anna Diouf hat die kontinentale Etappe der Weltsynode letzte Woche in Prag als Gast des Rates der europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) miterlebt. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt sie, das Ergebnis dieses Prozesses sei weit mehr als ein Abstimmungsergebnis oder ein Kompromiss. Es ging „vom Ich zum Du zum Wir“. Am meisten beeindruckt hat sie die „Vielfalt und Schönheit der katholischen Kirche“.
Zuhören als eine geistliche Übung
Anders als in Deutschland sei es vor allem ums Zuhören gegangen. Im Fokus standen drei Fragen, so Diouf: „Wo sind wir im Einklang miteinander? Wo treten Widersprüche auf? Welche Prioritäten soll die Weltsynode setzen.“ Dabei sollten die Teilnehmer primär zuhören und Gesagte unkommentiert stehen lassen. "Zwischendurch gingen wir in die Stille, um das Gehörte ins Gebet zu nehmen", berichtet Diouf.
Diese Methode mit Fokus auf das Hören sei auch für sie „eine geistliche Übung“ gewesen. Schließlich gehöre es „ein wenig“ zum Nationalcharakter der Deutschen, „gern andere zu belehren, zu sagen, wo es lang geht“. Aber das könne man reflektieren und ändern. Und schließlich habe sie den "Austausch in Kleingruppen als intensiver und fruchtbarer empfunden als eine Debatte". Zudem sei es spannend gewesen, „Synodalität nicht als politisch-parlamentarischen Prozess zu verstehen“, wie es die deutsche Delegation gewohnt sei.
Deutsche warben für Position des Synodalen Weges
So hätten sich besonders die Deutschen auch schwer getan mit dieser Art von Synodalität, sagt Diouf und berichtet, wie die Deutschen eine andere Delegation „direkt angegriffen“ oder immer wieder "durch Zurückhaltung von Applaus Zustimmung offen verweigert" hätten. Diouf bedauert auch, dass sie nur die Positionen des Synodalen Weges vorgestellt haben, während andere Länder-Delegierten in ihren Reports die Gesamtheit der Anliegen ihres Landes abgebildet hätten.
Ebenfalls aus Deutschland sei die Forderung nach der Ordination von Frauen ins Spiel gebracht worden, während andere allgemein nach Beteiligungsmöglichkeiten fragten. Diouf ist der Ansicht, „die Fixierung auf etwas, das lehrmäßig geklärt ist,“ hindere daran, „die Größe der Berufung der Frau zu entdecken“.
Christliche Anthropologie war weitgehend Konsens
Während ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp in diesem Kontext von einem sturen Beharren auf der dualen Anthropologie sprach, war die christliche Anthropologie unter den Länder-Delegierten laut Diouf „weitgehend Konsens“. Besonders interessant habe sie gefunden, dass die Sexualethik kaum problematisiert worden sei. So habe sich auch die Frage nach dem Umgang mit homosexuellen Menschen „vor allem auf das Verhältnis von Barmherzigkeit und Wahrheit“ gerichtet, „nicht auf eine andere Anthropologie“.
Das Thema Missbrauch sei laut Diouf im Kontext von Aufklärung, Ehrlichkeit und „Wunden, die heilen müssen“ behandelt worden. Eine „Engführung wie in Deutschland, wo manchmal der Eindruck erweckt wird, die Kirche an sich sei Ursache für Missbrauch“, habe es nicht gegeben.
Synodalität kann zum Segen werden
Was die Deutschen von Prag lernen könnten, sei vor allem die Kultur des Zuhörens und sachliches Debattieren. Prag habe gezeigt, so Diouf, dass Synodalität zum Segen werden könne, „wenn sie auf dem Fundament der Lehre steht und nicht instrumentalisiert wird“.
Das kontinentale Treffen in Prag war eines von sieben weltweit, in denen die katholische Kirche die Anliegen der Menschen zusammenträgt, um diese dann in einem Arbeitsdokument für die im Herbst startende Bischofssynode zu synthetisieren. DT/dsc
Lesen Sie das gesamte Interview mit Anna Diouf zum kontinentalen Treffen der Weltsynode in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".