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Es dümpelt nicht mehr, es brodelt

Warum Paul VI. nach dem Konzil die Römische Bischofssynode errichtet hat. Schon 1971, drei Jahre nach „Humanae Vitae“, drohte dort ein Aufstand gegen den Papst. 
Eröffnungs-Gottesdienst zur Synode
Foto: Romano Siciliani (Romano Siciliani) | Papst Franziskus hat am 5. Oktober 2014 einen Gottesdienst im Petersdom in Rom zur Eröffnung der Weltbischofssynode zum Thema Ehe und Familie zelebriert. Foto: Cristian Gennari/Siciliani

Römische Bischofssynoden sorgen heutzutage für Furore. Sie sind in aller Munde. Mit ihr werden Hoffnungen und Befürchtungen verknüpft, mögliche Traditionsbrüche beklagt oder erhofft, Revolutionen erwartet. Was eine Bischofsynode aber eigentlich ausmacht, das vermittelt man in der Regel nicht.

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„Ach, sie dümpeln so vor sich hin“, pflegten in der Vergangenheit Kurienprälaten anzumerken, wenn man sie fragte, welche Bedeutung denn der Römischen Bischofssynode zukäme. Doch seit geraumer Zeit dümpelt es nicht mehr, es brodelt. Eine unaufgeregte Institution des Vatikans ist aus ihrem behaglichen Schlaf erwacht und hat durch innerkirchliche Forcierungen auch das Interesse der Öffentlichkeit erweckt. Mehr noch, die Versammlung von Kardinälen, Bischöfen und einer Handvoll Laien schwang und schwingt sich zu einem dramatisch verlaufenden Medien-Event empor.

Für eine Fülle an Wohltat und Segen 

Der Synodus Episcoporum, die Bischofssynode, war am 15. September 1965 vom heiligen Paul VI. mit dem Motu Proprio „Apostolica sollicitudo“ errichtet worden. In dem päpstlichen Handschreiben gab der Pontifex an: „Während der Feier des Zweiten Vatikanischen Ökumenischen Konzils hat sich die innere Überzeugung vertieft und gefestigt, wie bedeutsam und notwendig es ist, zum Wohl der Gesamtkirche mehr und mehr Hilfe und Dienst der Bischöfe mit einzusetzen. Ja gerade auch das Ökumenische Konzil wurde Uns zur Veranlassung, dass Wir den Vorsatz fassten, einen besonderen Rat der geistlichen Oberhirten für dauernd zu errichten, und zwar in der Absicht, dass auch nach dem Abschluss des Konzils dem christlichen Volk weiterhin jene Fülle an Wohltat und Segen zuströme, die zur Konzilszeit aus Unserer engen Verbindung mit den Bischöfen glücklich erfahren wurde.“

Damals war klar: Die Synode wird vom Papst einberufen, der auch das zu behandelnde Thema festlegt. Neben Bischöfen nehmen an ihr vom Papst ernannte Mitglieder der Römischen Kurie, der Ordensinstitute und Experten, Kleriker wie Laien, teil. Der Pontifex steht der Zusammenkunft persönlich vor oder bestimmt einen Vertreter, der sie in seinem Namen leitet. Tritt eine Sedisvakanz des Apostolischen Stuhls ein, gilt die Synode als suspendiert. Tagungsort ist seit 1971 die Synodenaula, die sich über dem Atrium der päpstlichen Audienzhalle im Südwesten der Vatikanstadt befindet.

Grundlinien einer Synode

Die Bischofssynode kann als ordentliche und außerordentliche Versammlung zusammentreten, aber auch als Sondersynode – je nachdem, ob die Themen das Wohl der Gesamtkirche behandeln, besondere Umstände einer Diskussion bedürfen oder Schwierigkeiten in bestimmten Regionen der Welt erörtert werden müssen. Zu den Fragen oder Problemen, über die gesprochen werden, kann die Synode nur Vorschläge machen. Sie kann nicht zu Entscheidungen kommen oder Dekrete erlassen,

Das Ausgangsdokument einer Synode bilden die Lineamenta (Grundlinien), die das Thema vorstellen und einige grundlegende Gesichtspunkte unterstreichen. Die unmittelbare Vorbereitung auf die Synodenarbeit wird durch das Instrumentum laboris (Arbeitstext) weiter vertieft. Die Stellungnahmen der Synodenväter, die Relationes ante et post disceptationem, werden in den Propositiones (Schlussvorlagen) zusammengefasst. Aus diesen entsteht die Adhortatio Apostolica postsynodalis, das nachsynodale Apostolische Schreiben, das die Leitlinien für die weitere Behandlung der bei der Synode erörteten Thematik aufstellen und erläutern möchte.

"Synode ist kein Konzil, kein Parlament“

Papst Paul VI. sah in der Bischofssynode ein reines Beratungsgremium und keine Entscheidungsinstanz des Heiligen Stuhls. Immer wieder meldeten sich Stimmen, die von ihr mehr forderten. Ihnen musste der Papst beim sonntäglichen Angelusgebet vom 22. September 1974 in Erinnerung rufen: „Sie ist eine kirchliche Einrichtung, die Wir im Blick auf die Zeichen der Zeit, mehr aber noch mit dem Versuch, den göttlichen Plan und die Verfassung der Katholischen Kirche in ihrer ganzen Tiefe zu deuten, nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil beschlossen haben, mit dem Ziel, die Einheit und Zusammenarbeit der Bischöfe der ganzen Welt mit dem Apostolischen Stuhl durch gemeinsames Studium der Lage der Kirche und die einträchtige Lösung all jener Fragen bezüglich ihrer Sendung zu fördern. Sie ist kein Konzil, kein Parlament.“

In der jüngeren Vergangenheit, so im Jahre 2014, zeigte sich, dass auch eine als behäbig eingestufte vatikanische Institution massiv zur Kirchenpolitik genutzt und benutzt werden kann. Versuche, Einfluss auf den Verlauf einer Synode zu nehmen, sind aber kein Novum; sie gab es bereits früher – bisweilen auch durch kuriale Kreise. 1969 trat im Vatikan eine Bischofssynode zusammen, die ganz unter dem Eindruck der ein Jahr zuvor erlassenen Enzyklika „Humanae Vitae“ stand. So manche Bischofskonferenzen hatte sich in Opposition zu dem päpstlichen Rundschreiben gestellt, und in Rom befürchtete man eine Fortsetzung dieser Haltung vor den Augen und Ohren des Papstes. Dann aber tauchte schon bei den ersten Sitzungen der Versammlung das Gerücht auf, bald würde ein Konsistorium zur Erhebung neuer Kardinäle einberufen werden: „Si dice …  – man sagt …“. Augenblicklich verstummte jede offene und auf ihren Urheber zurückzuführende Kritik an „Humanae Vitae“.

Ziel ist, den Weinberg des Herrn besser zu pflegen 

Für die Bischofssynode von 2014 war eine freie Rede und eine offene Diskussion gefordert worden. An sich eine gute und vernünftige Einstellung. Doch innerkirchliche Ränkespiele, manipulatives Gebaren und ein Spiel mit den Medien, die der Versammlung Definition und Bedeutung gaben, die mit der Realität nicht übereinstimmten, ließen die Synode in keinem guten Licht erscheinen.

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Dabei hatte Papst Franziskus bei seiner Predigt zur Eröffnung der Sondersynode am 5. Oktober des Jahres gesagt: „Die Synoden sind nicht dazu da, schöne und originelle Ideen zu diskutieren oder zu sehen, wer intelligenter ist. Sie sind dazu da, den Weinberg des Herrn besser zu pflegen und zu hüten, an seinem Traum, seinem Plan der Liebe für sein Volk mitzuarbeiten.“

Bischofssynode hat „eine beratende Funktion“

Im Jahre 2006, am 29. September, war durch Papst Benedikt XVI. eine überarbeitete „Ordnung der Bischofssynode“ (Ordo Synodi Episcoporum) erfolgt. Mit Datum vom 15. September 2018 erließ Papst Franziskus die Apostolische Konstitution „Episcopalis communio“. In seiner Verfügung betont der Heilige Vater, dass die Bischofssynode normalerweise „eine beratende Funktion“ habe. Entscheidungsgewalt besäße sie keine, nur insoweit „sie ihr vom Papst verliehen würde“.

Jetzt hat im Vatikan die 16. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode begonnen. An ihr werden erstmals 80 vom Heiligen Vater ernannte stimmberechtigte Mitglieder, die nicht die Bischofsweihe besitzen – darunter eine beträchtliche Anzahl von Frauen –, teilnehmen.

Keine Opfergabe auf Altar des Zeitgeistes

Der Begriff „Synode“ setzt sich aus dem griechischen „syn“ („mit“) und „hodos“ („Weg“) zusammen. In der Kirche hat ein berechtigter „gemeinsamer  Weg“, in welcher Form auch immer, den kirchlichen, kirchenrechtlichen Vorgaben zu folgen, die auf der Tradition, dem Lehramt und der Heiligen Schrift fußen, und somit im Glauben unumstößlich verwurzelt sind.

Bischofssynoden, Synoden und synodales Gedankengut dürfen sich als echte Heilsmittel der Kirche nicht der Illegalität, wirren Ansichten wie Absichten und (Tot-)Schlagworten ergeben – und sich auf dem Altar des Zeitgeistes als Opfergabe wiederfinden, ja als „Goldenes Kalb“ der Neuzeit feiern lassen.

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