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Statistik für 2018: Massiver Anstieg an Kirchenaustritten

Die katholische Kirche verzeichnet die zweithöchste Austrittszahl seit der Wiedervereinigung – und auch aus der evangelischen Kirche traten 2018 weitaus mehr Mitglieder aus als im Vorjahr. Die Bischöfe wollen die Zahlen als Anlass nehmen, für die Gläubigen attraktiver zu werden.
Kirchen in Deutschland: Anstieg der Austrittszahlen
Foto: Arno Burgi (dpa-Zentralbild) | Die katholische Kirche trafen die Austritte deutlich härter als die evangelische: 216 078 Katholiken verließen 2018 ihre Kirche, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Bonn mitteilte.

Die beiden großen Kirchen in Deutschland verzeichnen massive Mitgliedereinbußen. Sowohl aus der katholischen wie auch aus der evangelische Kirche traten im vergangenen Jahr mehr Gläubige aus als in den Jahren zuvor.

216 078 Katholiken verlassen 2018 ihre Kirche

Die katholische Kirche trafen die Austritte deutlich härter als die evangelische: 216 078 Katholiken verließen 2018 ihre Kirche, wie die Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Bonn mitteilte. Das sind rund 29 Prozent mehr als im Vorjahr (167 504) und etwa 0,9 Prozent aller Katholiken im Land. In den vergangenen drei Jahren hatten die Austrittszahlen zwischen 160 000 und 180 000 gelegen.

Insgesamt gehören damit knapp über 23 Millionen Bundesbürger der katholischen Kirche an, während es 2017 noch 23,31 Millionen waren. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung sank von 28,2 Prozent im Jahr 2017 auf 27,7 Prozent.  Der Sekretär der Bischofskonferenzen, Pater Hans Langendörfer, sprach angesichts der zweithöchsten Austrittszahl seit der Wiedervereinigung von einer „besorgniserregenden“ Statistik. Gleichzeitig betonte er die Bereitschaft der Bistümer und Gemeinden zur Suche nach neuen Wegen und zum Gespräch: „Wir verstehen, wenn durch Entfremdungsprozesse oder einen großen Vertrauensverlust Misstrauen entstanden ist und Glaubwürdigkeit verspielt wurde.“

"Wir verstehen, wenn durch Entfremdungsprozesse
oder einen großen Vertrauensverlust Misstrauen
entstanden ist und Glaubwürdigkeit verspielt wurde"
Pater Hans Langendörfer, Sekretär der Bischofskonferenzen

Bei der evangelischen Kirche lag die Zahl der Austritte 2018 bei 220 000 – rund 11,6 Prozent mehr als im Vorjahr, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Freitag in Hannover mitteilte. Insgesamt gehören somit noch 21,14 Millionen Bürger einer der 20 Gliedkirchen der EKD an; das sind 25,4 Prozent der Bevölkerung. Dies entspricht einem Rückgang von rund 1,8 Prozent.

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Der Ratsvorsitzende der EKD, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, betonte: „Jeder Austritt schmerzt. Da Menschen heute, anders als früher, aus Freiheit entscheiden, ob sie der Kirche angehören wollen, gilt es für uns heute noch deutlicher zu machen, warum die christliche Botschaft eine so starke Lebensgrundlage ist.“

"Wir müssen noch mehr auf die Menschen
zugehen und ihnen zeigen, dass dieser Weg
in der Gemeinschaft des Glaubens Sinn macht"
Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke

Die stärksten regionalen Anstieg bei den Austrittszahlen aus der katholischen Kirche gab es 2018 im von einem Finanzskandal erschütterten Bistum Eichstätt: Hier erklärten 3 866 Katholiken ihren Austritt aus der Kirche, 49 Prozent mehr als im Vorjahr. „Jedem Kirchenaustritt geht eine Geschichte der Entfremdung voraus“, kommentierte der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke die Zahlen. „Wir müssen noch mehr auf die Menschen zugehen und ihnen zeigen, dass dieser Weg in der Gemeinschaft des Glaubens Sinn macht.“

Überproportional fiel der Zuwachs auch in den Bistümern Würzburg (44 Prozent), Augsburg (39 Prozent) und Passau (37 Prozent) aus. „Es geht ganz offensichtlich um die Glaubwürdigkeit der Kirche“, so der Würzburger Bischof Franz Jung. Kirchliches Tun stehe zusehends unter dem Zustimmungsvorbehalt des Einzelnen. Das sei die Herausforderung, mit der die Kirche heute umgehen müsse.

Oster: Kirche muss um ihre eigene Erneuerung ringen

Der Passauer Bischof Stefan Oster mahnte anlässlich der diesjährigen Statistik, dass die Kirche um ihre eigene Erneuerung ringen müsse. „Die Rückläufe sind leider deutlich höher als in den Jahren zuvor – und jeder Austritt schmerzt. Natürlich spielen die Missbrauchskrise und manche öffentlichen Debatten dabei eine wichtige Rolle“, so Bischof Oster.

DT/mlu/KNA

Die Hintergründe zu diesem Thema finden Sie in der Wochenausgabe der Tagespost.

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