Madrid

So berichten spanische Medien über die Vorwürfe gegen Benedikt XVI.

Während linke Zeitungen die Vorwürfe gegen den emeritierten Papst hervorheben, nehmen ihn konservative Zeitungen in Schutz.
Spanische Zeitung „La Razón“ stellt  Amtszeit Benedikts in Frage
Foto: Marijan Murat (dpa) | Die eher konservative spanische Zeitung „La Razón“ schreibt: „Die Amtszeit von Benedikt XVI. als Erzbischof von München ist in Frage gestellt worden."

Bei der Berichterstattung über die Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens weisen spanischsprachige säkulare Medien insbesondere auf die Vorwürfe hin, die dem emeritierten Papst Benedikt XVI. gemacht werden. Die linksliberale spanische Zeitung „El País“ schreibt: „Ein unabhängiges Gutachten über den sexuellen Missbrauch im Erzbistum München, der am Donnerstag in der bayerischen Hauptstadt veröffentlicht wurde, wirft dem emeritierten Papst Benedikt XVI. vor, vier Priester gedeckt zu haben, die während seiner Zeit als Erzbischof zwischen 1977 und 1982 sexuellen Missbrauch begangen haben.“

Amtszeit Benedikts in Frage gestellt

Aufschlussreich sind die Berichte auf dem aus Argentinien stammenden Portal „infobae“: Zunächst übernahm es die Vorwürfe von der Nachrichtenagentur Reuters. Unter dem Titel „Benedikt XVI. im Münchner Missbrauchsgutachten kritisiert“  heißt es: „Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat es in seiner Zeit als Erzbischof von München versäumt, in vier Fällen von mutmaßlichem sexuellem Missbrauch in seiner Erzdiözese gegen Kleriker vorzugehen, wie ein Gutachten am Donnerstag ergab.“

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Ein Tag später wurde auch die Erklärung von Erzbischof Gänswein zwar wiedergegeben, aber unter der Überschrift „Ehemaliger Papst Benedikt XVI. gab zu, eine falsche Behauptung über eine Untersuchung von sexuellem Kindesmissbrauch aufgestellt zu haben“. Schließlich druckte es auch die Erklärung von Vatikansprecher Andrea Tornielli ab. In der Meldung heißt es: „Der Vatikan hat am Mittwoch den emeritierten Papst Benedikt XVI. verteidigt, dem in einem Bericht vorgeworfen wird, nichts unternommen zu haben, um den Missbrauch von Minderjährigen durch mehrere Priester in der Diözese, die er in den 70er und 80er Jahren in Deutschland leitete, zu verhindern, und an seinen Kampf gegen den kirchlichen Missbrauch erinnert.“

Die eher konservative spanische Zeitung „La Razón“ schreibt: „Die Amtszeit von Benedikt XVI. als Erzbischof von München ist in Frage gestellt worden. Das geht aus dem unabhängigen Gutachten hervor, das die Kirche in Auftrag gegeben hat. Joseph Ratzinger wird Untätigkeit in mindestens vier Fällen vorgeworfen. Das gestern vorgestellte Gutachten halten seine [Benedikts] Rechtfertigung für ‚nicht sehr glaubwürdig’ und betonen in ihrem Abschlusstext, dass er ‚kein erkennbares Interesse’ daran hatte, gegen diese Kleriker vorzugehen.“

Keine Beweise für Benedikts Schuld

Demgegenüber kommentiert José Francisco Serrano in der konservativen spanischen Zeitung „ABC“ die Ereignisse unter der Überschrift „Benedikt XVI. enthaupten“: „Einige widmen sich dem Umstürzen von Statuen. Andere nutzen jede Gelegenheit, um Ruhm zu zerstören. In ihrem von Kardinal Marx beauftragten Gutachten beschuldigten die Anwälte Westpfahl Spilker Wastl (WSW)  Benedikt XVI. des Fehlverhaltens in vier Fällen – von 497 – während seiner Amtszeit als Erzbischof von München und Freising (1977-1982).“ Die Anwälte hätten der Version des emeritierten Papstes keinen Glauben geschenkt, so Serrano. „Sie haben zugegeben, dass sie keine Beweise für das Gegenteil haben. Unabhängig von dem, was Benedikt XVI. in der Kirche zur Bekämpfung des Missbrauchs gesagt und getan hat, von den Fragen, die sich aus der Lektüre des Berichts – Methode, Interviews – ergeben, und von dem, was in den nächsten Tagen geschehen wird, wäre es lohnenswert, über diese revisionistische Dynamik nachzudenken, die in den meisten Fällen nicht auf der Unschuldsvermutung, sondern auf der Schuldvermutung zu beruhen scheint.“ Ohne den Kontext der Geschichte zu berücksichtigen, kläre die „Geschichtsrevision“ nicht die Vergangenheit auf, „sondern zerstört die Zukunft. Ist dies der beste Weg, um Gerechtigkeit zu üben? Ist dies der richtige Weg, um das Andenken an die Opfer zu bewahren?“

Ähnlich der Kommentar von Eulogio López im spanischen Portal „Hispanidad“ („Der Lynchmord an Benedikt XVI.“): „Es war eine doppelte Schande. Einerseits die Schmähung Benedikts XVI. durch deutsche Bischöfe, ihre Landsleute. Zum anderen die Niedertracht der spanischen Medien, insbesondere des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, mit der sie gemeldet wurde. Hier rächt sich jemand für die Haltung Benedikts XVI. gegenüber dem Missbrauch (er war nicht der Papst, der den Missbrauch in der Kirche aufgedeckt hat, das war Johannes Paul II., aber er war derjenige, der am weitesten ging, man denke an Marcial Maciel)“.

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