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Missionskongress in Brüssel: Start-up für das Evangelium

Das Evangelium verkünden. Der erste Missionskongress in Brüssel besticht durch das Engagement der Laien. Zeugnis für Christus.
Congrès Mission
Foto: Regina Einig | Der erste Missionskongress in Brüssel stellt sich dem biblischen Missionsauftrag, nicht unter sich zu bleiben.

Bruder Patrick Gilles OP wirkt alles andere als verklärt. Die Mähne wallt an den unrasierten Wangen des Dominikaners herab auf die Schultern, während er lebhaft das Evangelium auslegt. In der größten Kirche Belgiens auf dem Brüsseler Koekelberg ist es still. Jeder in der Herz-Jesu-Basilika spürt, dass hier ein Überzeugungstäter für das Evangelium wirbt, auch wenn ihm gelegentlich ein Kraftausdruck herausrutscht. Den päpstlichen Auftrag, an die Ränder zu gehen, lebt Bruder Patrick, vormals Gefängnisseelsorger, heute im Einsatz gegen Prostitution und Menschenhandel. Der erste Missionskongress in Brüssel ist alles andere als ein Forum für Milieukatholizismus, denn der biblische Missionsauftrag bedeutet, nicht unter sich bleiben zu wollen. Gut 1300 überwiegend jüngere Teilnehmer sind gekommen.

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Konzept aus Frankreich

Das Konzept stammt von der Gemeinschaft Anuncio aus Frankreich. Seit 2015 findet der "Congres mission" jährlich im Nachbarland statt. Sieht man davon ab, dass die Liturgie und Workshops in Brüssel zweisprachig   Französisch und Niederländisch   stattfinden, haben die belgischen Organisatoren das Konzept der Nachbarn weitgehend unverändert importiert. Das Interesse an dem katholischen Start-up für das Evangelium ist groß: Ein Teilnehmer aus dem Togo ist eigens angereist, um das Projekt später in seiner Heimatdiözese vorzustellen.

Zum Auftakt am Freitag steht Traditionelles und Modernes auf dem Programm. Schlagzeug und E-Gitarre erklingen zu neuen geistlichen Liedern im grell angestrahlten Kirchenschiff. Die Porträts der Kongress-Patrone   des heiligen Missionars Damian de Veuster und der heiligen Therese von Lisieux   über dem Altar erinnern an Europas Missionsgeschichte. Eine weiße Flagge mit einer Taube bildet die Sehnsucht nach Frieden ab. Von der monastischen Tradition inspiriert ist die geistliche Lesung über den Bericht im Markusevangelium über die Begegnung mit dem Auferstandenen.

Von der "lectio divina" leiten die Moderatoren zum Bibelteilen unter Sitznachbarn über. Seminaristen aus Namur und Tounai sprechen die Zögernden an. Es wird keine leichte Kost geboten: Auch das Untergangsszenario für jene, die nicht an Christus glauben, kommt zur Sprache. Aber es bleibt die tröstliche Erkenntnis, dass die erste Missionarin, Maria Magdalena, selbst eine Bekehrte war. Die Mission stellte noch nie Gottes Exklusivangebot an Reine und Unbescholtene dar.

Ununterbrochene Anbetung

In der Sakramentskapelle ist ununterbrochen eucharistische Anbetung. Viele junge Beter verweilen vor der Monstranz, manche wachen die Nacht hindurch.

Am Samstag zeigt sich Brüssel von seiner sonnigen Seite. Ein lauer Frühlingswind begleitet die Kongressteilnehmer zu den Workshops. Die Kernthemen der Evangelisierung stehen auf dem sorgfältig erarbeiteten Programm. Stichwort Familienpodium: Wie können wir den Glauben heute in der Familie weitergeben? Aurore, Mutter von fünf Kindern, beschreibt anschaulich, wie sie ihre Kinder mit "sanfter Beharrlichkeit" an das gemeinsame Beten gewöhnt habe. Das Familiengebet habe bei Tisch und im Auto begonnen, berichtet die junge Frau aus Benin mit schelmischem Lächeln, denn da habe keiner ausbüxen können. Während des Lockdown luden ihr Mann Jacques und sie die Kinder dazu ein, mit ihnen Psalm 121 abends zu beten. Die Verzweiflung mancher Gleichaltriger während der Pandemie hätten ihre Kinder zum Nachdenken gebracht. Der Psalm gehöre nun zum Gebetsschatz der Familie.

Auch Caroline, Mutter von drei schulpflichtigen Kindern, weiß aus Erfahrung, dass das "Theater um das gemeinsame Familiengebet" nur mit langem Atem durchzustehen ist. "Man darf nicht zu perfektionistisch sein". Aber Eltern dürften von Kindern auch etwas verlangen. Darum schickten Caroline und ihr Mann die Kinder trotz Widerspruch zu Einkehrtagen der eucharistischen Jugendbewegung (Mouvement eucharistique des jeunes) in den Wallfahrtsort Banneux mit der Begründung.

Rolle der Großeltern

"Wir glauben, dass das gut für Dich ist. Du sollst nur ein einziges Mal hingehen. Wenn es Dir nicht gefällt, brauchst Du nicht mehr hin." Vergebens sei das nicht. Selbst der Sprössling, der ein zweites Mal ablehnte, trage ein Kreuzchen aus Banneux am Hals. Engagiert diskutieren Eltern über die Frage, ob Kinder in einem möglichst katholischen Milieu unter praktizierenden Gleichaltrigen aufwachsen sollen. "Tue ich meinen Kindern etwas Gutes, wenn ich sie von der Welt abschirme?", fragt eine Mutter. Eine andere berichtet, sie habe dies eine Weile praktiziert, sei aber mit der Zeit davon abgekommen, "weil ich Kindern nur das Rüstzeug für ein christliches Leben mitgeben kann". Inzwischen besuche der Nachwuchs eine Schule mit hohem Muslimenanteil, weil sie "nicht unter einer Glasglocke aufwachsen sollen".

Viele Eltern wünschen sich mehr Entschiedenheit der kirchlichen Entscheidungsträger. Warum muss der Nachwuchs bis 23 Uhr für Nachrichten des Lehrers einer katholischen Schule erreichbar sein? Wo bleiben die klaren Ansagen an die vormals katholischen Pfadfinder Belgiens, die 2008 das "C" aus ihrem Namen und Gott aus ihrem Versprechen gestrichen haben? Einig ist man sich über die wichtige Rolle der Großeltern. Die Natur entdecken, pilgern, die Namenspatrone der Familie kennenlernen   all das kann die Generationen auf  der Entdeckungsreise des Glaubens zusammenschweißen.

Kreativität ist auch auf der Ständemeile Trumpf: Gabriel betreut als Webmaster die Internetplattform www.egliseinfo.be mit einer Übersicht über Eucharistiefeiern im frankophonen Teil Belgiens. Die Idee stammt von einem belgischen Unternehmer, berichtet der junge Mann der "Tagespost". Er bietet Pfarreien ein kostenfreies Konto für die Messzeiten an. Die Reaktionen seien ausnahmslos positiv. "Unsere Seite ist oft besser besucht als die Homepage der Pfarreien", erzählt Gabriel. "Wir wollen den Gemeinden helfen, denn die heilige Messe ist das Zentrum unseres Lebens."

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Laienapostolat

Laurent, ein junger Familienvater, der sich in der Lebensschutzbewegung engagiert, verkauft bunte Sweatshirts mit geistlicher Botschaft an seinem Stand "Himmelsfarben". Beim "Marsch für das Leben" hat er festgestellt, dass es unmöglich ist, mit allen Passanten ins Gespräch zu kommen. Nun sendet er durch seine Kleidung stille Signale aus   in Form von Psalmversen und biblischen Symbole wie Fisch und Taube.

Ganz dem Laienapostolat verpflichtet sind auch die "Stadtwächter" (Veilleurs de la Cit ). Drei ineinander verschränkte Herzen auf einem Holzkreuz erinnern an die Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe. Seit fünf Jahren besteht die Gemeinschaft und trifft sich zu regelmäßigen Einkehrwochenenden. In der Spiritualität der "Stadtwächter" haben die Texte der Kirchenväter einen besonderen Platz. Die monastische Prägung zeigt sich auch durch die Verbundenheit mit verschiedenen Klöstern.

Eine junge Frau berichtet, welchen Eindruck die Verwandlung mancher Mitstreiter bei ihr hinterlassen habe: "Es sind Leute zu uns gekommen, die völlig am Ende waren und durch die Gebetsgemeinschaft wieder im Leben Fuß gefasst haben." Wie viele junge Teilnehmer ist sie sich des Privilegs bewusst, missionieren zu dürfen in Zeiten, in denen andere um das nackte Leben kämpfen. Kardinal Jozef De Kezel, Erzbischof von Mechelen-Brüssel, spricht in seiner Predigt den "unfassbaren Krieg unter Christen" in Osteuropa an. "In unserer Gesellschaft neigen viele dazu, ihre Glaubensüberzeugung zu verbergen und nicht über Religion zu sprechen." Dass es anders geht, zeigen Handyaufnahmen, auf denen ukrainische Christen auf der Straße niederknien, während das Allerheiligste aus einer Kirche verlegt wird.

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