Im ruhigen flämischen Tremelo beherbergt ein bescheidenes Haus das außergewöhnliche Erbe eines Mannes, der zu einem universellen Symbol für Mitgefühl und Aufopferung wurde. Am 24. Mai wurde das Geburtshaus des Heiligen Damian de Veuster nach umfassender Restaurierung wiedereröffnet und bietet Besuchern einen erneuerten Blick auf das frühe Leben eines der beliebtesten Missionare der katholischen Kirche.
Geboren als Jozef De Veuster im Jahr 1840, wuchs der künftige Heilige in diesem Haus auf, bevor er eine Reise antrat, die ihn von den flämischen Feldern zur abgelegenen hawaiianischen Insel Molokai führen sollte. Dort widmete er sein Leben der Pflege von Leprakranken, erkrankte schließlich selbst und starb 1889 im Alter von nur 49 Jahren. Sein Weg zur Heiligkeit war von wichtigen Meilensteinen geprägt: Seligsprechung durch Papst Johannes Paul II. im Jahr 1995 und Heiligsprechung durch Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009. Sein Gedenktag wird am 10. Mai gefeiert, und er dient als Schutzpatron der Leprakranken und seit den 1980er-Jahren auch der AIDS-Patienten.
Bonifatiuswerk setzt das Erbe Damians fort
Die Verehrung Pater Damians erstreckt sich bis nach Deutschland. In mehreren deutschen Städten gibt es Pater-Damian-Straßen, darunter in Köln, Düsseldorf und München. Die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe DAHW (Deutsches Aussätzigen-Hilfswerk) beruft sich seit ihrer Gründung 1957 auf das Vorbild Pater Damians. Mit Hauptsitz in Würzburg setzt die Organisation weltweit die Arbeit fort, die Damian begonnen hatte. Besonders bedeutsam ist die Verbindung zur deutschen katholischen Kirche: Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken unterstützt seit Jahrzehnten Projekte, die sich auf Pater Damians Erbe berufen. Deutsche Pilgergruppen besuchen regelmäßig sowohl sein Geburtshaus in Tremelo als auch seine Wirkungsstätte auf Molokai.
„Dieses Haus ist mehr als ein historisches Gebäude“, reflektierte Pater Juan Carlos Tinjaca von der Kongregation der Heiligsten Herzen Jesu und Mariä während der Wiedereröffnung. „Es ist ein lebendiges Symbol, ein Ort der Erinnerung und der Inspiration. Es ist der Ort, wo der Glaubens- und Lebensweg eines Mannes begann, der später über die Grenzen Belgiens, der Kirche und sogar der Religion hinaus zu einem universellen Zeichen der Mitmenschlichkeit wurde.“
Eucharistie und menschgewordene Liebe im Fokus
Pater Damian gehörte zur Kongregation der Heiligsten Herzen Jesu und Mariä, deren Spiritualität sich um die Eucharistie und die Menschwerdung von Gottes Liebe in Jesus Christus dreht. „Für Damian war dies seine Kraftquelle. Selbst auf Molokai, unter den schmerzlichsten Umständen, fand er täglich Zeit für die Anbetung. Vor dem Tabernakel fand er den Mut, das Mitgefühl und den Glauben, sich vollständig denen zu widmen, die niemand sonst zu berühren wagte“, so Pater Tinjaca.
1999 kam er nach Belgien, um an der KU Leuven zu studieren, wo er 2002 seinen Master in Biblischen Studien erhielt. In Leuven arbeitet der gebürtige Kolumbianer am Projekt ‚Damiaan Vandaag’. 2020 übernahm Tinjaca zudem die Verantwortung für die Seelsorge der internationalen Sankt-Quintinus-Glaubensgemeinschaft.
Liebevolle und umfassende Restaurierung
Die Restaurierung von Damians Geburtshaus, seit 1952 unter Denkmalschutz stehend, umfasste Dacherneuerung, Fassadenrestaurierung, Renovierung der Innen- und Außenschreinerei sowie besondere Aufmerksamkeit für die Bleiglasfenster und die Stube, in der Damian geboren wurde. Das Projekt kostete 653 804 Euro, wovon 236 254 Euro von der flämischen Regierung subventioniert wurden. Die neue Dauerausstellung nimmt Besucher mit auf eine interaktive Reise durch Damians Spuren. In der „guten Stube“ erwecken Epochenmöbel und Einrichtungsgegenstände mit Bezug zur Familie De Veuster Damians Jugend in Tremelo wieder zum Leben.
Der angrenzende Kapellenraum zeigt einzigartige Damian-Objekte, darunter ein Missionskreuz und Messgewand, die seine Arbeit als Priester-Missionar veranschaulichen. Ein authentisches hawaiianisches Götterbild steht im Mittelpunkt und verweist auf seine Begegnung mit der hawaiianischen Kultur. Damians originaler Sarg, in einer speziell angefertigten Glasvitrine gezeigt, lädt zur stillen Reflexion ein. Die Ausstellung, entworfen von Bureau Wondering aus Gent für 62 550 Euro, wurde vom Verein der Patres der Heiligsten Herzen finanziert.
„Dieses Museum verbindet unsere Gemeinde Tremelo mit der ganzen Welt und brachte mich sogar dazu, Molokai zu besuchen“, reflektierte Bert De Witte, Bürgermeister von Tremelo und CD&V-Mitglied, über die weltweite Auswirkung von Damians Erbe. Pater Tinjaca betonte, dass die Wiedereröffnung über die historische Bewahrung hinausgeht: „Wir wollen, dass sein Zeugnis weiterhin erklingt. Dass dieser Ort ein Haus der Begegnung wird, der Reflexion, der Berufung. Ein Ort, wo Jung und Alt spüren können: Hier lebte jemand, der glaubte, dass Liebe stärker ist als Angst, stärker als Krankheit, stärker als der Tod.“
Der „größte Belgier aller Zeiten“
Der Erfolg des Museums wird auch dem engagierten Werk des Museumsleiters und Historikers Ruben Boon zugeschrieben, dessen tiefe Verbundenheit mit Damians Erbe ihn dazu brachte, eine Biografie zu schreiben: „In Verbundenheit – Ein mehrstimmiger Blick auf Damian“ (2022). Dieses umfassende Werk ist zu einer Standardreferenz für die Damian-Forschung geworden. Auch in Deutschland beschäftigen sich Theologen und Historiker intensiv mit Pater Damians Erbe. Die Universität Münster und das Institut für Missionswissenschaft in St. Augustin haben mehrere Forschungsprojekte zu seinem Leben und Wirken durchgeführt.
Deutsche Übersetzungen seiner Briefe, herausgegeben vom Steyler Verlag, haben sein Vermächtnis einem breiteren deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht. Pater Damians Einfluss auf sein Heimatland wurde 2005 offiziell anerkannt, als er zum größten Belgier aller Zeiten gewählt wurde. Das Besondere daran: Flamen und Wallonen waren sich einig – Damian gewann in beiden belgischen Sprachgruppen gleichermaßen. Verschiedene Damian-Zentren und Damian-Ministerien setzen seine Arbeit weltweit mit der Betreuung von Marginalisierten fort, insbesondere HIV- und AIDS-Patienten.
Das Damian-Museum empfängt Einzelbesucher von Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr, ohne Anmeldung, Führungen auf Deutsch sind nach Voranmeldung möglich. Das Museum ist aus Deutschland über die A3/E40 gut erreichbar. Diese Zugänglichkeit sorgt dafür, dass Damians Erbe des Dienstes und Mitgefühls verfügbar bleibt, um neue Generationen zu inspirieren.
Der Autor ist Journalist und Experte für die Beneluxländer.
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