Seit 2008 gibt es in Frankreich eine neue Initiative zur Neuevangelisierung: Anuncio. Einmal jährlich treffen sich junge Christen, um das Evangelium unkonventionell unter die Menschen zu bringen. Anuncio ging aus den Weltjugendtagen hervor. Die Zahlen steigen kontinuierlich, für dieses Jahr rechnen die Veranstalter mit 600 bis 700 Teilnehmern. Auch bei der „Mission Metropolis“, einer Initiative zur Neuevangelisierung, die das Erzbistum Paris in Zusammenarbeit mit dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung am Palmsonntagswochenende gestaltet, ist Anuncio beteiligt. Darüber sprach Regina Einig mit dem Gründer der Initiative, Raphaël Cornu-Thénard. Er ist Architekt, verheiratet und Vater von drei Kindern.
Wie ist Anuncio entstanden? Und wofür steht die Initiative heute?
Auf den Gedanken, uns der Neuevangelisierung zu widmen, haben uns die vielen Menschen gebracht, die nicht mehr auf die Idee kommen, eine Kirche zu betreten. Wir suchen sie mitten im Leben auf: am Strand, in der U-Bahn, auf der Straße. Dafür suchen wir Jugendliche aller Altersgruppen und aus allen Schichten und veranstalten mit ihnen zwölf Tage lang ein Festival. Und manchmal hören wir von Priestern: Wenn ich in den Sommerferien mit einer Gruppe Jugendlicher zu euch komme, dann gehen sie nachher innerlich erneuert in das neue Schuljahr und haben inneres Feuer für ein ganzes Jahr. Also, es ist ein Dienst für die gesamte Kirche.
Und wie sieht dieser Dienst konkret aus?
Wir sind keine geistliche Gemeinschaft und haben keine eigene Spiritualität. Unser Ziel ist es, möglichst viele und möglichst unterschiedliche Jugendliche zu gewinnen: Von den Traditionalisten über Jugendliche aus den Pfarreien bis zu den Charismatikern wollen wir alle erreichen und für zwölf Tage zusammenbringen. Die ersten zwei Tage treffen wir uns in Südfrankreich, um gemeinsam zu beten und uns innerlich auf die Neuevangelisierung vorzubereiten. Von dort aus verteilen sie sich auf zwölf bis fünfzehn Städte in Frankreich. Dort bleiben sie sechs Tage lang und begegnen dort den Menschen. Am Ende der Woche feiern wir den Abschluss der Mission in Paris mit einer feierlichen Danksagung.
Ihrer Homepage kann der Besucher entnehmen, wie der Weltjugendtag in Madrid im vorigen Jahr gezündet hat. Wie hat sich Anuncio dort präsentiert?
Beim Weltjugendtag in Madrid haben wir es ähnlich gemacht. Zunächst haben wir mit etwa tausend Jugendlichen eine Woche lang in zwölf Diözesen missioniert. Dann haben sich alle Missionare auf der Plaza de Espana in Madrid, dem zentralen Platz der Hauptstadt getroffen. Dort hatten wir ein großes Missionszelt aufgebaut. Wir haben bewusst darauf verzichtet, den Abschluss in einem Gotteshaus zu feiern. Was wir wollten, war eine Art Areopag. Auf der Plaza de Espana fand dann ein Konzert statt. An dessen Rand gab es Angebote für Glaubensgespräche und zur Glaubensvertiefung.
Wie bereiten sich die Jugendlichen auf die Neuevangelisierung vor?
Bei der geistlichen Einstimmung versuchen wir, in kleinen Schritten vorzugehen. Wichtig ist zunächst, dass den Jugendlichen bewusst ist, worauf sie sich einlassen. Sie gehen nicht mit Freunden bummeln oder ausgehen. Die Mission findet bei jedem Wetter statt – in Paris kann das bedeuten, in den Sommerferien bei strömendem Regen unterwegs zu sein. In den Städten, für die sie eingeteilt werden, sind die Jugendlichen auf sich selbst gestellt. Das ist eine Form, sich Gott zu überlassen. Für viele ist das eine durchaus radikale Erfahrung, die ihnen alles an Bereitschaft für die Neuevangelisierung abverlangt: sich für zwölf Tage dem Willen Gottes zu überlassen.
Was setzen Sie an den Beginn der gemeinsamen Zeit?
Am Anreisetag beginnen wir abends mit der gemeinsamen eucharistischen Anbetung. Das hilft abzuschalten und die Erlebnisse der Schulferien hinter sich zu lassen. Am folgenden Tag stellen wir das zentrale Thema unserer Mission in den Mittelpunkt: die Liebe Gottes. Mit Blick auf die Neuevangelisierung vermitteln wir keine bestimmte Methode. Ziel unseres Workshops ist es, authentisch zu werden. Das Evangelium zu verkünden heißt, man selbst zu sein, authentisch zu sein. Den Jugendlichen soll bewusst werden, dass der Heilige Geist die frohe Botschaft durch sie verkündet. Ihn sollen sie um Hilfe bitten. Darum steht der zweite Abend thematisch im Zeichen des Heiligen Geistes. Am dritten Tag sendet der Bischof die Jugendlichen aus. Das eigentliche Ziel der Neuevangelisierung ist, den Menschen auf der Straße wie Freunden zu begegnen. Wir versuchen nicht, sie zum Besuch einer Kirche zu bewegen. Wir versuchen, ihr Ohr und ihr Herz für die Botschaft zu gewinnen.