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Die Wahrheit in Liebe tun und Mission als Ausdruck der Wahrheit 

Abschluss des diesjährigen Sommerkurses mit Vorträgen von Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz und Sr. Theresie Mende. Am Ende will sich die Wahrheit ausbreiten. 
Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz spricht über die Wahrheit der Liebe.
Foto: Peter Winnemöller | Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz spricht über die Wahrheit der Liebe.

Ausgehend von dem Satz des Heiligen Augustinus „Liebe, und dann tu, was Du willst“ stellte die Philosophin Gerl-Falkovitz die Frage, ob das ein Freibrief sei. Liebe sei die höchste unanfechtbare Kraft, aber die menschliche Liebe sei nicht mehr unschuldig. Es gebe die Erbsünde als nicht zu leugnende Störung der Liebe. Als Beweis dafür zitierte sie einen kurzen Text von Hemingway, wie übel die Liebe sei. Trotz aller Einwände, was haben wir dagegen, wenn sich Menschen lieben? Oder: Die Kirche solle sich aus dem Schlafzimmer heraushalten als oft gehörtes Postulat. Die Liebe schillert, so die Philosophin. Das Begehren werde moralisch aufgewertet. 

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Die Lust am Begehren, es spiele mit dem Feuer einer Faszination. Sie zitiert dazu Rilke mit dem Begriff Liebe als Gotthaupt „Das kann nur Rilke“, so Gerl-Falkovitz. In der Tiefe der Liebe seien nicht nur Perlen sondern auch Schlamm und Unrat. Die Liebe brauche den anderen. Früher habe man von Wollust gesprochen. Wollust sei das Pseudos der Liebe, sie ziehe an, aber sie lügt auch. Im Anfang war das Wort, stellte die Philosophin fest. Das Wort vor aller Beziehung, wo alles in den Logos mündet. Nur aus der wahren Beziehung komme das tun. Auch die Liebe brauche Wahrheit, stellte die Philosophin fest. 

Keine Konstrukte 

Zeugen und Empfangen seien eben keine Konstrukte, so Gerl-Falkovitz. Sexualität gehöre zu den stärksten Motoren des Leiblichen. Zur Wahrheit der Liebe gehöre das andere Geschlecht. Das andere, so Gerl-Falkovitz könne gar nicht anders genug sein. Auch diese leibhaftige Andersheit sei eine Herausforderung. Die Liebe bezeichnete Gerl-Falkovitz als Lebensentscheidend. „Sie ist göttlich“, stellte sie fest. Anders als ich, das sei ein Abenteuer. Da gehöre Mut zu. Die Gabe des Geschlechtes bezeichnete Gerl-Falkovitz als eine Gegengabe für den Anderen. Es liege ein großer Zauber darin, dass man sich dem anderen nicht selbst entschlüsseln kann. Liebe sei eben das Einlassen auf das Fremde und auch selber das Fremde sein für den anderen. 

Eros oder Agape zeigten sich als Gegensatz. „Nicht du bist ich, nicht ich bin du.“ Genau an der Fremdheit des anderen werde die Liebe fruchtbar. Die ursprüngliche Fruchtbarkeit sein nicht machbar. Man kann wünschen, aber nicht machen: Kinder. „Was ist die Liebe?“ Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz wies dazu auf die mangelnde Unterscheidbarkeit in der Sprache hin und verwies auf Latein und Griechisch:  Eros – Agape – philia -  amor – caritas – amicitia, das übersetzte sie mit: Begehrende Liebe – hingebende Liebe – Freundschaft. Eros sei kein Dämon, aber er habe zwei Seiten. Agape komme in den Evangelien vor, Eros nicht. Agape sei Wesen Gottes, es sei zentral in den Tugenden. Liebe habe tief und ausdrücklich mit Wahrheit zu tun, sonst sei sie keine Liebe. 

Die Frau muss lieben, aber darin liegt die Gefahr der Verirrung. Gerl-Falkowitz zitiert dazu Edith Stein. Liebe sei keine Verschmelzung, das wäre Kannibalismus, es sei vielmehr ein spannungsvolles Einssein. Um das zu erklären griff die Philosophin auf die Kugelmenschen aus dem Symposion von Platon zurück. Die Kugelmenschen seien ganz aber ohne Spannung. Am Ende seien die Kugelmenschen nichts mehr, weil eben Leben aber auch Liebe Spannung bedeute und ohne Spannung sei nichts mehr. Eros und Agape zeigten sich nicht wirklich als Alternativen. Unter Bezug auf Josef Pieper kritisierte die Philosophin diese falsche Alternative. Damit zeigte sie das Problem der Kirche, die nur im Sinne der Selbstlosigkeit geben dürfe: Die Caritas

Eros und Agape

Die begehrende Liebe, der Eros, bedeute, dass dies der Ausgangspunkt der Agape. Die Überwindung stellt die Triebkräfte vollkommen hintenan. Das sei „das große Umsonst“. Pieper: Die gesamte Natur heißt, dass ich in eine Liebe hineingerissen werde, die brauchen und geben nicht mehr vollkommen zu unterscheiden sei. 
Sie zitierte dazu Thomas von Aquin: „Es gibt keine Liebe ohne Gegenliebe.“ Liebe, so Gerl-Falkovitz, sei ein Doppelgenuss. Die Liebe wolle wiedergeliebt werden. „Geben und Nehmen ist die Doppelgestalt der Liebe“, stellt Gerl-Falkovitz fest. 

Die Frage nach der Wahrheit? Angleichung der Vernunft an die Sache. Das so Gerl-Falkowitz sei die brauchbarste Definition. Dazu nimmt sie Unterscheidungen vor zwischen Tatsachenwahrheiten, widerspruchsfreie Vernunftwahrheiten, objektive Wahrheiten und subjektive Wahrheiten. „Wahrheit ist ein Verhältnis zwischen Intellekt und Sache“, so die Philosophin. Die Frage nach der Wirklichkeit beantwortet Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz mit dem Verweis auf das Gegebene. Es ist die Gegenstandswelt der körperlichen, seelischen und geistigen Gegenstände. Es fällt auch das Chaos wieder zurück in eine Ordnung. 

Was ist wirklich 

Die Wirklichkeit hat einen Logos-Charakter stellte die Philosophin unter Verweis auf die hohe Komplexität der gegenständlichen Welt dar. Die Wahrheit sei zwischen der Offenheit der Dinge und meiner Offenheit. Es gebe den Anspruch, dass es eine Person gebe, die die Wahrheit selber sei. Damit sei sie bei der Theologie angekommen, stellte Gerl-Falkovitz fest. In der Liebe, so die Philosophin gelte der Primat des Logos vor dem Ethos. Am Anfang sei nicht die Tat, sondern die Wahrheit. In der Reihenfolge, nicht im Rang, komme die Wahrheit vor der Liebe. Die Liebe sei bereit, das einzugestehen. 

„Liebt uns Gott?“, stellt Gerl-Falkovitz die entscheidende Frage. „Warum merken wir die Liebe so selten?“, legte sie nach. Die Liebe Gottes komme oft erst in der Bedrängnis in unser Bewusstsein. Erst bei den Schweinen in der größten Not bemerke der verlorene Sohn die Liebe des Vaters. Aber Gott wolle auch geliebt werden. Auch hier wieder der Doppelcharakter der Liebe aus Begehren und Hingeben. Die Liebe wirbt um uns. Die einzige Gottesfurcht die am Ende bleibe, sei die Furcht davor ihm wieder weh zu tun, schloss Hanna Barbara Gerl-Falkovitz.

Mission als Auftrag

Mission sei nicht beliebt eröffnete Sr. Theresia Mende ihren Vortrag über Mission als Antwort auf die Sehnsucht nach Wahrheit. Die Ordensfrau zitiert Edith Steins Todessehnsüchte. Deren Sehnsucht nach der Wahrheit sei ein einziges Gebet gewesen. Sie hätte lieber ihre Leben wegegeworfen als die Wahrheit nicht zu finden. Der Durchbruch sei erfolgt, als sie die Biografie der Heiligen Theresa von Avila gelesen hat. Das sei die Wahrheit, habe die Philosophin festgestellt. Die Wahrheit sei nicht etwas Abstraktes, es sei eine Person: Jesus Christus hatte Edith Stein festgestellt. 

Warum sucht der Mensch nach Wahrheit? Der Mensch, so Sr Theresia, habe den Hauch von Gott erhalten, der ihm eine lebendige Seele gegeben habe. Der Mensch trage etwas vom Atem Gottes in sich. Durch die Ursünde sei der Mensch von der unmittelbaren Verbindung mit Gott getrennt. Umkehr und Bekehrung sei der Weg zurück zu Gott. Die Anfechtung durch die Mächte des Bösen suchten die Menschen aber immer wieder heim. Die Menschheit, so die Ordensfrau, sei auf die schiefe Bahn geraten. Es bleibe dennoch die Sehnsucht des Menschen nach der Einheit mit Gott, nach dem persönlichen Heil. 

Sehnsucht und Antwort 

Auf die Sehnsucht antworte Gott dem Menschen mit der Sendung seines Sohnes, erklärt Sr. Theresia. Paulus erklärte, wir seien Gesandte an Christi statt, erläutert die Ordensfrau die Struktur der Sendung. Da ist die Mission schon angelegt. „Versöhnung der Menschen mit Gott ist Sendung, die Sendung des Sohnes Gottes“, so die Schwester. In der Zwischenzeit zwischen dem ersten Kommen und der Wiederkunft in Herrlichkeit sei eine Zeit der Sehnsucht nach der Wahrheit. Es brauche die Gesandten an Christi statt. Christus sende die Apostel aus, Menschenfischer zu sein. 

Die Erfüllung der Sehnsucht sei das Wiederkommen Christi und die Wiederherstellung der ursprünglichen Schöpfungsordnung. Die Schöpfung warte also auf die Rückkehr der Schöpfung in die Wahrheit, erklärte die Ordensfrau. Die Sendung gelt allen Völkern, sie werde also universal. Das sei das letzte Vermächtnis Jesu an seine Kirche. „Mission ist also von Gott selbst autorisierte Sendung“, stellte Sr. Theresia fest. 

Biblische Beispiele 

Sr. Theresia zeigte zwei biblische Beispiele für die Suche nach der Wahrheit. Aus dem Alten Testament der Syrer Naaman (2 Kön 5) und den äthiopischen Kämmerer aus der Apostelgeschichte. Naaman ist unheilbar krank, das Zeugnis – nichts anderes sei Mission, so die Schwester – einer jungen Dienerin macht den Feldherrn der Syrer neugierig auf den Gott des jüdischen Volkes. Am Ende öffnet die Heilung dem Feldherrn die Augen für Gott. Die Schwester gab aus der Geschichte folgend eine Definition von Mission: Auf die Sehnsucht antworte ein gläubiger Mensch mit einem Zeugnis von Gott. Das sei nicht gewalttätig und sei jedem von uns möglich. Das allerdings setze eine lebendige Christusbeziehung voraus. 

Das zweite Beispiel berichtet über den Kämmerer der äthiopischen Königin. Als Philippus die Schrift auslegt, antwortet der Kämmerer mit dem Glauben und der Bitte um die Taufe. Der Kämmerer zeigt große Sehnsucht, trotz hoher Stellung sehne er sich nach mehr, erklärt Sr. Theresia. Die erste Bewegung von unten, sich ausstrecken nach Gott, werde von Gott beantworten durch das Eingreifen Gottes. Philippus geht auf Weisung des Engels, das bedeute, so die Schwester, Mission sei ein Akt des Gehorsams. Sie verlange eine innere Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeiten. Im Beispiel sei es nötig, die Schrift auszulegen, was Philippus tut, was er könne, weil er Jesus gesehen habe. Die Begegnung mit Jesus Christus befähige die Schrift auszulegen, Zeugnis zu geben. Die Antwort auf den Glauben des Äthiopiers war dann die Taufe.

Mission und Missionare

Mission sei ausstrecken Gottes und des Menschen nacheinander, erklärt die Schwester. Der erste Missionar sei Jesus selbst. In der Zwischenzeit braucht Gott Missionare, berufen sind dazu Apostel und Jünger. Es gehe darum, die Augen zu öffnen durch Zeugnis und geisterfüllte Schriftauslegung. Der christliche Missionar wisse um die absolute Wahrheit Jesu Christi. Der Missionar wisse darum, dass der menschgewordene Sohn Gottes diese Wahrheit sei. Aus dieser Kraft könne er Zeugnis geben.

Abschied und Einladung

Zum Abschluss bedankte sich der Rektor der Akademie bei den Referenten und Teilnehmen und lud zum Sommerkurs im kommenden Jahr ein, der vom 13. bis 16. August 2025 wieder am selben Ort stattfinden wird. Ein längeres Schlusswort über die Sehnsucht des Menschen nach Wahrheit sprach noch Tadeusz Guz. Die Vorträge des diesjährigen Sommerkurses werden zeitnah als Videos auf unterschiedlichen Kanälen zu sehen sein. 

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