Der Kölner Psychiater und Bestseller-Autor Manfred Lütz hat sich kritisch zum Frauendiakonat geäußert. Zwar könne er verstehen, dass einige in der Kirche darin die Erfüllung ihrer Hoffnungen sähen, und andere sich das Frauendiakonat als Einstieg auf dem Weg zum Frauenpriestertum wünschten. „Aber für die Öffentlichkeit klingt es ziemlich absurd, dass nun in der katholischen Kirche die Gleichberechtigung der Frau dadurch verwirklicht werden soll, dass Frauen das niedrigste Weiheamt zugestanden bekommen und in der Heiligen Messe sagen dürfen: ,Geheimnis des Glaubens‘ und ,Gehet hin in Frieden‘“. Das erklärte Lütz im Gespräch mit dem Nachrichtenportal „Vatican News“.
Priester- und Bischofsamt von Machtfragen entlasten
Gleichzeitig betonte Lütz, dass die Frage nach der Stellung der Frau in der Kirche von zentraler Bedeutung für die Zukunft sei. Er vertrete schon lange die Auffassung, dass hier dringender Handlungsbedarf bestehe. Die Gesellschaft akzeptiere nicht mehr, dass Frauen in irgendeiner Institution nur niedere Tätigkeiten ausführen könnten.
Laien und besonders auch Frauen müssten mehr Macht in der Kirche bekommen, so der Theologe weiter. Als eine mögliche Option sieht er es, das Priester- und das Bischofsamt von Machtfragen zu entlasten. Dadurch würde man auch Frauen mehr handfeste Entscheidungskompetenz geben. Dies würde auch öffentlich als Fortschritt wahrgenommen, so Lütz. Die „erheblichen theologischen Probleme“, die sich bei der Frauenordination ergeben würden und das Potenzial hätten, die Kirche zu spalten, würden so vermieden.
"Ordinatio sacerdotalis" hochautoritativ formuliert
Lütz wies darauf hin, dass das Apostolische Schreiben „Ordinatio sacerdotalis“ von Johannes Paul II. so „hochautoritativ“ formuliert sei, dass ein Papst, der das Frauenpriestertum einführen würde, danach über keinerlei päpstliche Autorität mehr verfügen würde. Denn alle weiteren „hochautoritativen Entscheidungen“, die Päpste in Zukunft träfen, stünden dann unter Revisionsvorbehalt.
Im Gespräch mit „Vatican News“ äußerte sich Lütz auch kritisch zum „Synodalen Weg“, der am ersten Advent beginnen soll. „Ich muss gestehen, dass ich als Psychotherapeut in diesem Fall eher mal die Probleme sehe. Es gab schon einmal diesen Dialogprozess, und ich habe damals schon gesagt, dass das eigentlich ein totgeborenes Kind war, weil man Hoffnungen geweckt hat, die man nicht erfüllen konnte.“
Vor allem Klerikalfragen im Mittelpunkt
Ihn irritiere, dass vom allem Klerikalfragen im Mittelpunkt stünden, wie etwa die oft thematisierte Frauenordination, die Aufhebung des Zölibats oder die katholische Sexualmoral. Man laufe Gefahr, so Lütz, dass weder die sogenannten „konservativen“ noch die sogenannten „progressiven“ Positionen überhaupt noch verstanden werden, da der Glaube an Jesus Christus als Fundament unverständlich geworden sei.
DT/mlu
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